Wolfratshausen:Piraten knüpfen an freiem W-Lan-Netz

Lesezeit: 2 min

Den Plänen der Stadt Wolfratshausen, die Bereitstellung eines draht- und kostenlosen Internetzugangs im Markt einem kommerziellen Anbieter zu überlassen, will die technikaffine Partei eine Alternative entgegensetzen.

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Geht es nach der Stadt und ihrem privaten Vertragspartner, dann soll demnächst ein draht- und kostenloser öffentlicher Internetzugang via W-Lan Flaneure und Einkaufsbummler in den Wolfratshauser Markt locken. Die Piratenpartei will da einen Schritt weitergehen: Sie schlägt ein freies W-Lan-Netz für alle vor, das aus einzelnen privaten Sendern bestehen und sich nach und nach auf das ganze Stadtgebiet und darüber hinaus erstrecken soll. In Gauting knüpfen die dortigen Piraten mit ersten Erfolgen an einem solchen Netz, in Wolfratshausen herrscht einstweilen vorsichtige Zurückhaltung.

Alexander Kohler ist stellvertretender Bezirksvorsitzender der Piraten und in Wolfratshausen aufgewachsen. Er habe die W-Lan-Debatte in seiner Heimatstadt zuletzt ein wenig irritiert verfolgt, denn im Grunde werde sie in Wolfratshausen zu negativ geführt, sagt er. Dem wollten die Piraten nun etwas Konstruktiveres entgegensetzen, indem sie die Ideen der "Initiative Freifunk" propagierten. Diese Initiative beschreibt Kohler als ausdrücklich überparteilich - auch wenn sie etwa in München zum größten Teil aus Mitgliedern der Piraten bestehe, die nun einmal technikfreundlicher seien als viele andere.

Kohler kündigt für den 27. März einen öffentlichen Informationsabend über das Freifunk-Konzept in der Flößerei an und bedauert zugleich, damint nicht ein bisschen eher drangewesen zu sein. Denn aus seiner Sicht hätte sich Wolfratshausen "das ganze Geplänkel" um die beschlossene privatwirtschaftliche W-Lan-Lösung für den Markt sparen können. Dem - bereits unterschriebenen - Vertrag zufolge soll ein Innsbrucker Dienstleister die nötigen Sender für einmalig bis zu 8000 Euro von der Stadt installieren Antennen und danach für jedermann einen kostenlosen mobilen W-Lan-Zugang zu Verfügung stellen. Das Unternehmen bietet den Dienst auch anderenorts an und finanziert ihn über Werbung, die auf den Geräten der Nutzer eingeblendet wird. Die Werbung lässt sich zielgenau auf den Standort der Nutzer zuschneiden, was gerade für lokale Ladenbetreiber interessant sein könnte, um so die Bummler ins eigene Geschäft zu locken.

Der Wolfratshauser Werbekreis als Vereinigung der Einzelhändler begrüßt diese Pläne ausdrücklich und hat sie in der städtischen Lenkungsgruppe für das Innenstadtmanagement mitgestaltet. Auch der Pirat Kohler hat der Werbekreis-Vorsitzenden Ingrid Geiger und dem Zweiten Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) sein Konzept vorgestellt. Ganz klar sei ihr das alles aber nicht geworden, sagt Geiger, die sich deshalb noch sehr zurückhaltend zeigt. Vor allem habe sie da noch einige rechtliche Fragen zur Haftung, wenn jemand den Freifunk-Zugang für illegale Downloads oder zum Verbreiten verbotener Inhalte nutze.

Solche Fragen sieht Kohler allerdings geklärt - und wenn nicht juristisch, so doch praktisch. Denn die üblichen Abmahn-Anwälte bissen sich an der Verschlüsselungstechnik der Freifunker ganz sicher die Zähne aus, versichert der Netz-Aktivist. Das W-Lan-Netz der Freifunker wird von Privatleuten geknüpft, die ihren eigene Netzzugang mit Hilfe eines zusätzlichen, knapp 20 Euro teuren W-Lan-Routers und einer speziellen Software mit der Öffentlichkeit teilen, ohne ihren eigenen Datenverkehr mit dem öffentlichen zu vermischen. Nutzerdaten würden bei dem System gar nicht erst erhoben, könnten also auch nicht weitergegeben werden. In Gauting, wo ein Pirat im Gemeinderat sitzt und das Projekt vorantreibt, gibt es schon ein gutes Dutzend solcher Zugänge. In Wolfratshausen sei man noch nicht so weit, aber in nahen in Geretsried gebe es immerhin schon einige Zugänge, sagt Kohler. Dort und in Tölz wollen man bald ähnliche Informationsabende veranstalten.

Für Mobilfunk-Kritiker wie den Wolfratshauser Grünen Hans Schmidt sind solche Pläne genau wie die W-Lan-Pläne der Stadt und ihres Kooperationspartners eher eine Drohung. So werde die allgegenwärtige Strahlung nur noch weiter vermehrt, und echten Datenschutz geben es ohnehin längst nicht mehr, auch nicht bei den Freifunkern oder den Piraten.

Informationsabend über ein freies W-Lan-Funknetz für Wolfratshausen, Freitag, 27. März, 20 Uhr, Gaststätte Flößerei.

© SZ vom 10.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: