Wolfratshausen:"Oma Haases" nächster Streich

Waltraud Haase will Flüchtlingen das Leben erleichtern - sie plant eine App, die ihnen bei der Orientierung in der fremden Umgebung helfen soll

Von Klaus Schieder

Bad Tölz Auf dem Smartphone sollen Flüchtlinge alle Informationen finden, die sie brauchen, um sich in ihrem neuen Umfeld zurecht zu finden. Dazu gehören zum Beispiel der Weg zum Arzt, der nächste Supermarkt oder der Standort des Sozialamtes, aber auch Auskünfte zum Asylverfahren. All dies will Waltraud Haase auf einer neuen Asyl-App anbieten. Mit ihr würden Asylsuchende durch die Stadt geführt und bekämen die für sie wichtigsten Angaben, sagt die Gründerin des "Tölzer Modells", eines kostenlosen Online-Deutschkurses, der inzwischen bundesweit nachgefragt ist. Die neue App soll voraussichtlich bis Ende des Jahres zur Verfügung stehen.

Haase, die von Flüchtlingen liebevoll "Oma Haase" gerufen wird und mit Thomas von Rüden den Verein "Asyl plus" gegründet hat, arbeitet dabei mit Studenten der Universität Regensburg zusammen. Sie hätten die "geniale Idee" gehabt, die App mit einer Steuerung über Geokoordinaten aufzubauen, sagt Haase. Das bedeutet, dass ein Flüchtling in einem Landkreis immer jene Informationen bekommt, die er in dem Ort, wo er sich aufhält, gerade braucht. Bis Ende des Monats wollen die Studenten das "Front End" erstellen, also eine Art Gerüst für die App. Das Inventar, sprich: die Daten, sollen bis Ende des Jahres eingebaut sein. Haase möchte sich aber nicht auf einen genauen Termin festlegen. Die Studenten hätten schließlich noch anderes zu tun, sagt sie.

Im Landkreis soll es die App zunächst für Wolfratshausen und Bad Tölz geben, andere Kommunen folgen später. Aber Geretsried biete für Asylbewerber in der Zwischenzeit ja eine gute Broschüre an, ebenso Wolfratshausen, meint Haase. Zur Orientierung helfe auch der Familienkompass des Landkreises.

Sobald die App auf Englisch und Deutsch fertiggestellt ist, muss sie noch in andere Sprachen übersetzt werden, beispielsweise in Arabisch, Farsi (persisch), Urdu (pakistanisch) und Triginya (eritreisch). Dafür habe sie genügend Leute an der Hand, teils Mitarbeiter des Vereins wie den syrischen EDV-Experten Al Mufti, teils Flüchtlinge, sagt Haase. "Aber das ist schon eine Knochenarbeit."

In Bad Tölz unterhält der Verein "Asyl plus" zwei Computerzentren im Jugendcafé und an der Ludwigspromenade. Dort können Flüchtlinge am PC die deutsche Sprache lernen, für die Internet-Plattform hat Haase diverse Kursabgebote gebündelt, vom Goethe-Institut bis zu Deutschen Welle. Allerdings benötigt die Diplom-Mathematikerin dafür noch Kräfte, die den Asylsuchenden dieses Programm erläutern, sie beaufsichtigen und ihre Fragen beantworten. Aus den ehrenamtlichen Helferkreisen habe sich für diese Aufgabe bislang niemand gefunden, teilt sie mit und hofft, dass die Stadt dazu etwas Geld in die Hand nimmt. "Es wäre mal schön, wenn sie eine kräftige Unterstützung für 'Asyl plus' geben würde", sagt sie.

Eine Finanzspritze stellt Bürgermeister Josef Janker (CSU) nicht in Aussicht. Allerdings sei der kommunale Sozialplaner der Stadt, Armin Ebersberger, gerade damit beschäftigt, freiwillige Kräfte für die beiden Computerzentren zu finden. "Das muss alles auf ehrenamtlicher Basis geschehen, denn die Stadt wird künftig noch andere Leistungen übernehmen müssen." Für die neue Asyl App hat der Rotary-Club Bad Tölz eine Spende von 5000 Euro zugesagt. Ob dies ausreicht, ist unklar. Als Haase und ein Student das Projekt vor den Sommerferien im Rathaus vorstellten, konnten sie noch nicht vorrechnen, wie hoch die Kosten ausfallen. "Wenn es nicht reicht, wird der Rest von der Stadt finanziert", sagt Janker. Für Haase verhält es sich mit der App beinahe so wie mit dem Tölzer Modell: "Es darf nichts kosten, es gibt dafür keine Leute, und es muss von alleine laufen."

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