Wolfratshausen:Nötigung beim Überholen

Angeklagter aus Mangel an Beweisen freigesprochen

Von Barbara Briessmann, Wolfratshausen

"Wir können es Ihnen nicht nachweisen", sagte Amtsrichter Helmut Berger nach der mündlichen Verhandlung am Mittwoch in Wolfratshausen. Angeklagt war ein 28-Jähriger wegen Nötigung und Beleidigung. Er soll durch ein waghalsiges Überholmanöver mit dem Auto eine Familie aus Kochel am See in Bedrängnis gebracht und sie dann noch durch Gesten beleidigt haben. Die Familie hatte den Halter des Fahrzeugs gleich nach der gefährlichen Situation angezeigt.

Es war am 10. April dieses Jahres, als das Ehepaar mit zwei Kindern (damals elf und vier Jahre alt) gegen 15.30 Uhr auf der Staatsstraße 2062 von Schlehdorf nach Kochel fuhr. Der Mann saß am Steuer. Etwa fünf Autos seien in Kolonne auf dem geraden Stück hintereinander unterwegs gewesen. "Wir waren an vorletzter Stelle", erinnerte sich der 43-jährige Lagerist im Zeugenstand. Alle Fahrzeuge hätten eine Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern gehabt. Plötzlich sei ein schwarzer Wagen mit sehr viel höherem Tempo herangerast und unmittelbar vor ihnen eingeschert. "Wir sind furchtbar erschrocken". Er habe auf rund 60 Stundenkilometer herunterbremsen müssen. "Das habe ich gerade noch so im Griff gehabt", sagt der Familienvater. Und er habe Angst gehabt, dass der nachfolgende Autofahrer nicht schnell genug reagiere und auffahre.

Was der Lagerist an der Situation am meisten erzürnte, war, dass der Angeklagte danach zu einer "Stotterbremsung" überging, also zwei bis drei Mal die Geschwindigkeit schlagartig reduzierte. Deshalb habe er sofort nach dem Ereignis Anzeige erstattet. Das Autokennzeichen hatten sich seine Frau und er gemerkt.

Dummerweise konnten sich die Eheleute im Zeugenstand nicht an das Aussehen des aggressiven Autofahrers erinnern. "Es ging alles so schnell", sagten sie. Er habe eine Baseball-Kappe und eine Sonnenbrille getragen, sei nicht sehr groß und Mitte 20 gewesen. Vor den Aussagen hatte der Vorsitzende Richter Berger den Angeklagten, der als Reinigungskraft arbeitet, im Gerichtssaal ins Publikum gesetzt. Doch das Ehepaar erkannte ihn nicht.

Die Staatsanwältin hielt dem nicht sehr großen und schlanken Angeklagten zugute, dass er noch nie straffällig geworden ist. Sie forderte eine von Geldstrafe von 30 Tagessätzen von jeweils 40 Euro. Der Verteidiger argumentierte, es sei nicht sicher, dass der 28-Jährige und nicht jemand anders am Steuer gesessen habe. Aus Mangel an Beweisen wurde der Angeklagte freigesprochen.

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