Wolfratshausen:Nichte wirft Onkel Missbrauch vor

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Verhandlung am Amtsgericht Wolfratshausen wird fortgesetzt

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die Großfamilie pflegte enge Beziehungen. Regelmäßig trafen sich die Eltern mit ihren Kindern, deren Ehepartnern und Enkelkindern in ihrer Wohnung im Landkreis zum Frühstücken. Eine inzwischen zwölfjährige Enkelin übernachtete auch bei ihrer Tante und dem angeheirateten Onkel. Das Verhältnis war freundschaftlich, bis das Mädchen den 33-jährigen Onkel anzeigte - wegen sexuellen Missbrauchs. Er soll sie in seiner Wohnung und der Wohnung seiner Schwiegereltern zwischen 2012 und 2014 an intimen Stellen berührt und ihr sogar Pornofilme gezeigt haben.

Der junge Mann stritt vor dem Jugendschöffengericht Wolfratshausen am Dienstag alle Vorwürfe ab. Und auch der Vater des Mädchens konnte sich nicht vorstellen, dass der Mann so etwas getan haben solle. Unter anderem soll der Angeklagte seine Nichte am Gesäß oder im Intimbereich berührt haben. Als sie einmal bei ihm und seiner Frau auf der Couch übernachtete, soll er nachts den Fernseher eingeschaltet haben. Laut Anklage waren erotische Filme zu sehen. Ein weiteres Video soll er ihr auf seinem Smartphone gezeigt haben.

Der angeklagte Elektrohelfer sagte, dass er so etwas nie getan habe. Zu den Frühstücken an den Wochenende sei immer die ganze Familie zusammen gewesen. Selbst die Schlafzimmertür sei dort immer offen gestanden. Vom Frühstückstisch aus habe jeder dort hineinsehen können. Es wäre unmöglich gewesen, derartige Vorfälle in der Wohnung nicht zu bemerken. Bei ihm und seiner Frau habe das Mädchen nur gemeinsam mit ihrem Vater übernachtet. Wenn er nachts aufgestanden wäre, hätte seine Frau das bemerkt. Außer seiner eigenen Tochter würde er niemals einem anderem weiblichen Wesen einen Gutenachtkuss geben.

Die ermittelnde Kriminalbeamtin sagte aus, dass sich das Mädchen bei der Vernehmung komisch verhalten habe. Sie habe fröhlich und lachend von den Vorfällen erzählt - so, als ob sie das nur im Fernsehen gesehen, aber nicht selbst erlebt habe. Nur als es um ihre eigene Familie gegangen sei, habe sie traurig reagiert.

Der 44-jähriger Vater des Mädchens sagte, dass alle Kinder seinen Schwager geliebt hätten. Für ihn blieben Fragezeichen ob der Vorwürfe: "Ich glaube das nicht." Womöglich habe seine Tochter gelogen. Sie könnte neidisch auf die Familie ihres Onkels gewesen sein. Der Vater fuhr fort, dass er und seiner Frau oft gestritten hätten, seine Tochter viele unschöne Tage erlebt habe. Inzwischen lebten sie getrennt. Anfangs habe er vermutet, dass seine Frau die Sache erfunden und die Tochter als Opfer benutzt habe. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

© SZ vom 18.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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