Wolfratshausen:Lokalgeschichte kommt an

Die Wanderausstellung "Die Kinder vom Lager Föhrenwald" ist am Sonntag mit großer Resonanz in Waldram - am Ort des Geschehens - eröffnet worden.

Felicitas Amler

Wolfratshausen: Bei der Eröffnung der Aussstellung herrschte im Waldramer Pfarrheim St. Josef der Arbeiter großer Andrang. Das Interesse an der Geschichte des Orts ist offenkundig groß.

Bei der Eröffnung der Aussstellung herrschte im Waldramer Pfarrheim St. Josef der Arbeiter großer Andrang. Das Interesse an der Geschichte des Orts ist offenkundig groß.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Einen besseren Botschafter kann sich der Verein Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald kaum wünschen: Der 82-jährige Benjamin Braun betritt die Bühne im Waldramer Pfarrheim St. Josef der Arbeiter spontan und wendet sich an den vollen Saal: "Ich bitte Sie innig: Unterstützen Sie dieses Projekt! Wir sind hier die letzten Mohikaner, die von der ganzen Welt gerne kommen möchten und sich dieses Denkmal anschauen." Mit dem Denkmal meint Braun das historische Badehaus in Waldram, jenem Ort, an dem sich deutsche Geschichte bündelt: von einer Nazi-Siedlung für Rüstungsarbeiter über ein Lager für jüdische Displaced Persons (DP) bis zur neuen Wohnstatt Heimatvertriebener. Benjamin Braun und seine sechs Jahre jüngere Frau Ana, beide Überlebende der Nazizeit, haben einander an diesem Ort kennengelernt, und hier, im DP-Lager Föhrenwald, haben sie 1955 geheiratet.

Wolfratshausen: Wer genau hinschaut, erkennt die Situation wieder: Links liegt der heutige Kolpingplatz, zu Zeiten des DP-Lagers der Independence Place.

Wer genau hinschaut, erkennt die Situation wieder: Links liegt der heutige Kolpingplatz, zu Zeiten des DP-Lagers der Independence Place.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Gemeinsam mit anderen Zeitzeugen waren die Brauns am Sonntag Gäste der Eröffnung der Wanderausstellung "Die Kinder vom Lager Föhrenwald" in Waldram. Die Foto-Dokumentation des Badehaus-Vereins ist nun, als zweite Station einer Reise, am Ort des Geschehens angekommen. Zuerst wurde sie im Kloster Benediktbeuern gezeigt. Dass sie dort in acht Wochen 800 Besucher hatte, wurde als Erfolg registriert. Fast ein Viertel dieser großen Zahl hatte man in Waldram freilich bereits am Tag der Eröffnung erreicht. Die Menschen saßen dicht an dicht und nahmen alle Beiträge gespannt auf: von Reden bis zu einem Film der Historikerin und Badehaus-Vereinsvorsitzenden Sybille Krafft.

Wolfratshausen: Zeitzeuge Benjamin Braun appelliert an die Zuhörer: "Ich bitte Sie innig: Unterstützen Sie dieses Projekt!"

Zeitzeuge Benjamin Braun appelliert an die Zuhörer: "Ich bitte Sie innig: Unterstützen Sie dieses Projekt!"

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das offizielle Wolfratshausen war durch einige Stadträte vertreten, und obwohl unter ihnen die Dritte Bürgermeisterin Christine Noisser (SPD) war, sprach im Namen des entschuldigten Bürgermeisters Helmut Forster der Kulturreferent. Ludwig Gollwitzer (BVW) begrüßte die jüdischen Zeitzeugen: "Herzlich willkommen im Schtetl Föhrenwald!" Er wünschte sich, die Ausstellung möge bei vielen Wolfratshausern, nicht nur bei Waldramern, Erinnerungen wecken. Auch der Hausherr, Pfarrer Elmar Hess, unterstützte die Arbeit des Badehaus-Vereins ausdrücklich: "Wir fühlen uns mit dem Projekt sehr verbunden."

Am Rande der Veranstaltung äußerte sich ein Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats München über das Badehaus, das im Besitz der katholischen Kirche ist. Diese halte unverändert an der Zusage vom vergangenen Jahr fest, sagte der stellvertretende Finanzdirektor Winfried Hierl: Sobald die Stadt Wolfratshausen den Bebauungsplan fertig hat, welcher der Kirche neues Baurecht in Waldram sichern soll, werde diese das Haus dem Badehaus-Verein übereignen.

Wolfratshausen: Sie eröffneten die Ausstellung musikalisch: Ines Köthnig an der Geige, Eva Greif mit Gitarre und Gesang und die singenden Kinder, Charlotte, Leo und Sibba.

Sie eröffneten die Ausstellung musikalisch: Ines Köthnig an der Geige, Eva Greif mit Gitarre und Gesang und die singenden Kinder, Charlotte, Leo und Sibba.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Ausstellungseröffnung endete mit einer für viele Zuschauer ergreifenden Szene: Benjamin Braun sang ein jüdisches Liebeslied in vier Sprachen, auf Jiddisch, Polnisch, Russisch und schließlich auf Deutsch mit einer Geste hin zu seiner Frau: "Wo ist die Straße, wo ist mein Glück? Da ist die Straße, da ist mein Glück. Und da ist mein Mädchen, was hab' ich lieb."

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