Wolfratshausen:Loisach-Surfer

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Musikalisch sind sie alle, die aus der Waldramer Familie Brustmann stammen - mal traditionell, mal modern. (Foto: Hartmut Pöstges)

Festivalstimmung mit den Brustmännern

Von Christa Gebhardt, Wolfratshausen

Der Witz mit der Unüberschaubarkeit der Familie Brustmann zieht immer: Der "Alte", Josef Brustmann, fragt stellvertretend für die elf Brustmänner inklusive Friends auf der Bühne ins Publikum: "Wer heißt nicht Brustmann?" Das sind dann doch die mehreren aus Brustmanns Heimat Wolfratshausen, "wo's einen immer wieder reinlassen". Ein schöner beschaulicher Ort mit zwei gemächlichen Flüssen, wo Josef und Brüder, Cousins, Neffen und Freunde aufgewachsen sind. Sie frönen bis heute der Langsamkeit, mit der die Stadt sie geprägt hat: "In Wolfratshausen passiert der Weltuntergang mindesten 20 Jahre später", sagt der Musiker und Kabarettist Josef Brustmann. Diese Zeit nutzen sie für ihre vielseitigen musischen Begabungen, das gilt auch für Matze Brustmann, den Songwriter, Singer, Sportler, Lebenskünstler mit seiner Band Balloon Pilot, der - sagt er - sein ganzes Leben auf dem Fluss aufgebaut hat.

Die Jungs von Balloon Pilot bekommen auch viel Raum an diesem Abend unter dem Titel "Brustmann hoch 3" mit ihren reduzierten melancholischen Arrangements, dargeboten mit dunkel-sanften Stimmen und in harmonisch gesetzten Klangfolgen. Als nur noch feine kleine Gitarrenmelodien und Matzes schöne Stimme übrig bleiben, blickt Josef Brustmann gerührt und applaudiert dem Nachwuchs.

Gegen die gegenwärtige rasende totale Reizüberflutung, satirisch betitelt mit "Botox to go", übernimmt Josef Brustmann virtuos die Stimmung mit "Across the Universe" von den Beatles auf der Zither, eines der letzten Lieder von John Lennon, das er nach einem Retreat bei dem indischen Guru Maharishi Mahesh Yogi in dessen Meditationsakademie geschrieben hat.

In Bayern ist die gelassene Langsamkeit seit jeher Brauch, so die Botschaft der Brustmänner Beni, Tobi, Sebastian und Friends mit ihrer herzerfrischenden Tanzlmusi. "Drom auf der Wand" geht der Jodler. Man lebt im Moment und besingt ein fesches Dearndl. An diesem Abend ist es Marion Klement, Kulturbeauftragte der Stadt Wolfratshausen, die mehrmals einen echten Boarischen, einen Dreher und einen Landler von der Tanzlmusi geschenkt bekommt zum Dank für das "Herzblut", mit dem sie (zusammen mit Festivalleiter Günter Wagner) die Kultur am Fluss organisiert hat. Heute ist der "Steirische" das Lieblingslied der Waldramer Sänger, aber das wechselt jeden Tag. Ihre wunderbar stimmigen A-capella-Stücke kann man immer wieder genießen: "'s Lem is wia a Traum".

Klar, dass bei so viel Einssein mit sich und dem Universum noch ein Kracher her muss. Den leiten die Waldramer Sänger ein mit dem Fendrich-Song "Weust a Herz hast wia a Bergwerk". Und leidenschaftlich gipfelt das Finale in Josefs furiosem Zitherstück "Highway to hell". Echt schräg - das Publikum jubelt. Letzte gemeinsame Zugabe, "Surfer Girl", ein Song der Beach Boys, aber auf den Fluss gemünzt, der den unverkennbar musikalisch talentierten Brustmännern ihre Gabe beschert hat, sich voll und ganz der Musik hinzugeben. Loisach-Surfen also. Wir kommen ganz bestimmt alle immer wieder.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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