Wolfratshausen:Klarinettissimo

Wolfratshausen: Die vier Klarinettisten des "Ensembles Clarezza" sind schon ein fester Bestandteil des Wolfratshauser Kulturkalenders zwischen den Jahren.

Die vier Klarinettisten des "Ensembles Clarezza" sind schon ein fester Bestandteil des Wolfratshauser Kulturkalenders zwischen den Jahren.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das "Ensemble Clarezza" bringt diesmal Opern-Bearbeitungen mit nach Wolfratshausen

Von Reinhard Szyszka, Wolfratshausen

Ein Geheimtipp sind sie schon lange nicht mehr, vielmehr ein fester Bestandteil des Wolfratshauser Kulturkalenders zwischen den Jahren. Die vier Klarinettisten aus Bamberg, die sich Ensemble Clarezza nennen, traten auch heuer in der evangelischen Kirche auf. Der kleine Kirchenraum war wieder bis auf den letzten Platz gefüllt.

Hatten die "Clarezzaner" in früheren Jahren ihr Programm aus vielen kleinen Häppchen zusammengestellt, so konzentrierten sie sich diesmal auf vier größere mehrsätzige Werke. Den Anfang machte ein Potpourri aus Mozarts Oper "Die Entführung aus dem Serail". Derartige Opern-Arrangements für Blasinstrumente waren auch zu Mozarts Zeiten unter der Bezeichnung "Harmoniemusik" gang und gäbe, und Mozart, der die Klarinette liebte, wäre mit der Fassung für vier Klarinetten gewiss einverstanden gewesen. Gleich in der Ouvertüre zeigte das Ensemble Clarezza seine Tugenden: traumwandlerisch sicheres Zusammenspiel, fein abgestufte Dynamik und Phrasierung, bei Bedarf auch Virtuosität, die jedoch niemals demonstrativ zur Schau gestellt wurde, sondern immer im Dienste der Musik stand.

Nach der Ouvertüre gab es vier Gesangsnummern aus dieser Oper zu hören. Die Arie des Osmin "O, wie will ich triumphieren" irritierte zunächst, weil sie ja im Original für Bass komponiert ist, in der Klarinettenfassung aber in den höchsten Tönen quäkte. Doch gerade hier hatte der Arrangeur, Fritz Lotz, einen raffinierten Kunstgriff eingebaut. In der Oper wird die Passage "Erst geköpft, dann gehangen" im Finale wieder aufgegriffen. Daher konnten die Klarinetten an dieser Stelle völlig zwanglos aus der Arie ins Finale wechseln, und das Potpourri ging so wie die Oper selbst zu Ende.

Dann folgte ein Originalwerk für vier Klarinetten, das "Grand Quartet" des englischen Komponisten James Waterson, der ein Zeitgenosse von Johannes Brahms war. Bei Satzbezeichnungen wie "Allegro marziale pomposo e con fuoco" denkt man zunächst an ironische Übertreibung, aber nein: Waterson meint das wirklich ernst. Die Musik des Engländers ist solide gearbeitet und weist hübsche Themen auf, vermag aber nicht wirklich zu fesseln. Man versteht, warum dieser Komponist selbst in der englischen Wikipedia keinen Eintrag hat. Eine interessante Begegnung, mehr aber auch nicht,

Nach der Konzertpause ging es weiter mit der Bearbeitung einer Bearbeitung. Pablo de Sarasate, der spanische Violinvirtuose, hat Themen aus George Bizets Oper "Carmen" zu einer "Carmen-Fantasie" zusammengestellt, und der französische Klarinettist Nicolas Baldeyrou hat diese Fantasie für vier Klarinetten gesetzt. Dieses Werk war eine echte Herausforderung für das Ensemble Clarezza, denn natürlich hat sich Sarasate nicht damit begnügt, die Opernmelodien für sein Instrument umzuschreiben, sondern virtuose Erweiterungen und Umspielungen hinzugefügt, fast in Lisztscher Manier. Die "Clarezzaner" kämpften ein wenig mit den Noten und dem Umblättern, was sich in der langen Kunstpause zwischen den ersten beiden Sätzen bemerkbar machte, wo doch ein Attacca-Übergang erforderlich gewesen wäre. Insgesamt aber bewältigten sie die technischen Schwierigkeiten mit Bravour. Hinterher erfuhr man: Es war sogar die deutsche Erstaufführung der Klarinettenfassung gewesen.

Den Abschluss bildete eine Auswahl aus den "Czernowitzer Skizzen" des 1963 geborenen Alexander Kukelka. Czernowitz, die einstige Hauptstadt der Bukowina, war vor dem Zweiten Weltkrieg ein Schmelztiegel unterschiedlicher Völker und Kulturen gewesen, und so sind die "Skizzen" geprägt von Trauer um eine untergegangene Welt. Bei diesem Werk zeigten die Künstler, dass sie auch die verhaltenen, lyrischen, anrührenden Töne beherrschen. Ausgerechnet das allertraurigste Stück bildete den Abschluss des offiziellen Programms. Natürlich erklatschte sich das begeisterte Publikum eine Zugabe, und eine weitere "Czernowitzer Skizze", diesmal eher optimistisch, sorgte für einen freundlichen Ausklang des Konzerts.

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