Wolfratshausen:"Hier ist der Stadtpolitik Großartiges gelungen"

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Pfarrer Gruber und Ines Lobenstein zeigen sich nach einem Jahr äußerst zufrieden mit dem neuen Haus für Wohnungslose.

Annina Jandel

Von den anfänglichen Schwierigkeiten, die der Umzug des Obdachlosenheims von der Isar- in die Münchner Straße vor einem Jahr mit sich brachte, ist heute nichts mehr zu spüren. Caritas-Obdachlosenbetreuerin Ines Lobenstein bezeichnet die Bilanz des Jahres als durchweg positiv. Keine Spur mehr von Kritik. Auch wenn sie die Sorgen der Anwohner durchaus nachvollziehen konnte.

Sie sei heute richtig stolz auf das Haus mitsamt seinen Bewohnern, sagt Lobenstein. Gerade die Anfangszeit, als der Neubau noch nicht bezugsfertig war und die Räume des Altbaus geteilt werden mussten, sei gut gemeistert worden. "Trotzdem waren alle froh, als im Mai 2011, nach einjähriger Bauzeit, der Neubau fertig war und jeder Bewohner ein eigenes Appartement mit Nasszelle zur Verfügung gestellt bekam."

Insgesamt neun Personen konnten im vergangenen Jahr über kurz oder lang untergebracht werden. Vier von ihnen konnten mit tatkräftiger Hilfe bei der Wohnungs- und Arbeitssuche schon wieder ausziehen. "Die meisten Personen, die hier aufgenommen werden, haben durch Zwangsräumung ihr altes Heim verloren", berichtet Lobenstein. Es sei wichtig, dass für Notfälle immer ein Platz vorhanden sei.

Eine der langjährigen Bewohnerinnen ist Edelgard Schupanez. Die 55-Jährige nimmt schon seit 1987 die Hilfe der Obdachlosenunterkunft in Anspruch. Es habe sich einiges verändert in dieser Zeit. Anfangs habe sie in dem alten Haus sogar noch einen richtigen Mietvertrag gehabt. In der neuen Unterkunft übernehme sie so etwas wie die Hausmeisterfunktion, erzählt sie sichtlich stolz. Hier fühle sie sich richtig wohl. Sogar der Wunsch nach einem Fernseher konnte ihr erfüllt werden.

Ines Lobenstein sagt, bei einem Rückblick auf das vergangene Jahr merke sie, wie nah Freud und Leid beieinander lägen. Im September erst freute sich ein türkisches Paar, das die Familienunterkunft des Neubaus bewohnte, über die Geburt eines gesunden Buben. Alle Bewohner der Unterkunft hätten sich mit ihnen gefreut. Nur knapp zwei Monate später, am 3. Dezember, schlug die Freude jedoch in Trauer um, als Charly, der älteste Bewohner des Heims, starb.

Nicht zuletzt auf Grund dieser Ereignisse sei der Zusammenhalt der Bewohner stärker geworden, berichtet die Leiterin. "An Emotion ist in diesem Jahr eben viel passiert." Sie mache auch die Erfahrung, dass es im neuen Haus viel friedlicher zugehe. Hier sei mehr Platz, so könne auch jeder mal für sich sein und es gebe nicht so viele Streitigkeiten.

Stolz berichtet Lobenstein, die Bewohner seien zu einer richtigen Gemeinschaft gewachsen. Aufgaben wie Schneeräumen würden "einfach gemacht", seien "Selbstläufer". "Ihr wollt, dass es hier schön ist, also müsst ihr alle mit anpacken", habe sie den Bewohnern von Anfang an gesagt.

Dass ihre Initiative anerkannt werde, bestätigt auch der evangelische Pfarrer und Leiter der Diakonie Oberland Florian Gruber. "Ines Lobenstein hat unglaublich viel geleistet." Er freue sich vor allem darüber, dass die Stadt an Geld nicht gespart habe und so der Um- und Neubau ermöglicht wurde. "Hier ist der Stadtpolitik etwas Großartiges gelungen", lobt er.

© SZ vom 23.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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