Wolfratshausen:Gehobenes Anglerlatein

Festival D`Amato 2016

Sebastian Horn beim Sitztanz: Nur einmal verlässt er an diesem Abend seinen Stuhl - aber immerhin.

(Foto: Hartmut Pöstges)

"Bananafishbones" haben ihr Publikum bei Amato schnell am Haken

Von Petra Schneider, Wolfratshausen

Vielleicht würde Angeln helfen. Oder doch ein Tütchen Weedy Bong? So wie es aussieht, haben ihn die Bananafishbones jedenfalls erreicht, jenen beneidenswerten Zustand von Tiefenentspanntheit. So leicht erschüttern kann sie nichts - nicht die Bühne mit leichtem Gefälle, nicht das vorübergehend bockende Mikrofon von Peter Horn, nicht die Mücken und Ameisen. "Wir sind hier schließlich im Dschungel von Wolfratshausen", sagt Frontman Sebastian Horn fatalistisch. Klimatisch könnte das passen: Subtropisch ist es im ausverkauften Zelt beim D'Amato-Festival am Donnerstagabend, Sebastian Horn ist barfuß gekommen.

Auch das Publikum ist entspannt, bei den ersten Songs wird noch geratscht und getuschelt: "Road to Nowhere" von den Talking Heads zum Mitklatschen, das geschmeidige "Smart" samt Glockenspiel von Drummer Florian Rein, viel ruhiger Country. Wenn man die Augen schließt und Sebastian Horns vollmundiger Stimme zuhört, könnte man glatt meinen, Johnny Cash habe sich ins D'Amato-Festzelt geschmuggelt.

Bei den Konzerten der Tölzer Kultband gibt es Konstanten. Hits wie "Come to Sin", das die Fishbones am Donnerstag schon vor der Pause spielen, und "Easy Day" als Zugabe. Der Bürostuhl von Gitarrist Peter Horn und der bisweilen ekstatische Sitztanz seines Bruders Sebastian. Und dann gibt es in jedem Konzert Überraschungen. Musikalische sowieso, denn dass die Bananafishbones eine klasse Liveband sind, deren musikalischer Appetit vor fast gar nichts Halt macht, ist bekannt: Country und Rock gehen genauso wie Disco und New Wave, Reggae und Funk ebenso wie vertonte Geschichten.

Am Donnerstag gibt es noch zwei Überraschungen: Erstens, Peter Horn hat seinen Bürostuhl neu beziehen lassen. Und zweitens: Sebastian Horn verlässt tatsächlich seinen Stuhl - freilich nur zu Demonstrationszwecken. Um zu zeigen, wie das damals war, 1984 in der Dorfdisco, "wo der Flori und ich die einzigen waren, die nicht getanzt haben". Höchstens ein paar ungelenke Tanzschritt-Versuche, die Horn vormacht. Sei's drum - Mädchen waren sowieso keine da, dafür ein Song, "der unser Leben verändert hat": "Shout" von den Tears for Fears.

Spätestens mit den fetzigen Disco-Nummern nach der Pause haben die Fishbones ihr Publikum am Haken: Da wird gezappelt und gewedelt, geklatscht und gesungen, bei den Coversongs ebenso wie den Eigenkompositionen. Beim funkigen "Honestly" etwa, dem kraftvollen "Jimmy Corrigan" oder dem vertonten Kiffertraum "Weedy Bong": Wo sich die Zeit dehnt und die Musik mit ihr, wo die Welt plötzlich voller Farben ist und Arme und Beine mango django tanzen. Da braucht's freilich einen Reggae; Bob Marley lässt grüßen mit "I shot the Sheriff" oder "Stir it up", was die Fishbones ebenso geschmeidig drauf haben wie das Country-Medley mit Johnny Cash und Pink Floyd.

Pink Floyd? Ja, bei den Fishbones geht auch "Wish you were here" als Countrynummer. Übrigens ebenso wie Joan Jetts "I love Rock'n'Roll". Als der Monsun über das Zelt hereinbricht, starten die Fishbones ihr "Regenüberbrückungsprogramm".

So einfach gehen wäre sowieso nicht möglich. Denn das Publikum ist außer Rand und Band, längst von den Bierbänken aufgestanden und fordert lautstark Zugaben. Die gibt es natürlich und eine Geschichte dazu: Neulich am Sylvensteinspeicher, Sebastian Horn ganz allein beim Angeln. Ein mittelalter Mann und der See. Stundenlanger Kampf mit einem Riesenfisch, vermutlich ein Butt, und ein Wunsch.

Gehobenes Anglerlatein nach einem wie immer grandiosen Fishbones-Konzert. Und abgefahrene Anmoderation für einen frischen Fisch-Song: "Queen of Trouts."

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