Nachbericht:Gaudi, Garde, Glockenläuten

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Wie in Lenggries, Wolfratshausen, Bichl und Penzberg der Faschingssonntag gefeiert wird

Das Prinzpaar der Narhalla wirkt etwas übernächtigt, aber das ist auch kein Wunder: Seine Tollität Christian II und Ihre Lieblichkeit Andrea II kommen fast direkt von ihrem eigenen Hausball im Hotel Bayerischer Hof in München. Das offizielle Prinzenpaar der Landeshauptstadt München hat nur drei Stunden geschlafen und wartet nun vor dem Wolfratshauser Rathaus auf seinen Auftritt. Oben auf der Bühne erklärt Peter Steinberger, dass der Bund Deutscher Karneval ein Filmteam nach Wolfratshausen geschickt hat. Das filmt die Urzeln, die der "Bayern-Hans" Hans Ketelhut nebst Musik vom Band aus Geretsried mitgebracht hat. Die in schwarze Flickengewänder gekleideten Urzeln machen sich ein bisschen über die Einkaufsstadt Wolfratshausen lustig, dann eröffnet Bürgermeister Klaus Heilinglechner die Veranstaltung offiziell, und dann dürfen auch die Narhalla-Leute auf die Bühne. "Ich bin begeistert, in Wolfratshausen zu sein", ruft der Prinz. "Das erste Mal war ich als Kind hier, mit meiner Oma." Heilinglechner bekommt einen Orden, es folgt die Vorführung der Narhalla-Garde. Später kommt noch die Narhalla Oberschleißheim. Einige hundert Wolfratshauser feiern mit. Der Fasching hat schon so seine Höhepunkte.

In Lenggries geht es nur alle fünf Jahre so richtig rund, dann aber umso intensiver. 58 große und kleine Wägen sowie Fußtruppen ziehen durchs Dorf, die verkleideten Zuschauer, tausende sind es, stehen dicht gedrängt, viele Vereine verkaufen Krapfen und Bier. Die Mitwirkenden haben bis Sonntagvormittag geheim gehalten, welche Themen sie gestalten. Die Spannung im Dorf ist deshalb groß, als es um 13.13 Uhr los geht. Zu sehen sind: Lufthansa-Piloten, die aus dem Cockpit winken, der Lenggrieser Altwirt, der mit dem Mountainbike ins Flow Valley radelt und damit die Jäger ärgert, Angela Merkel beim G-7-Gipfel, Kühe, denen angeblich die Glocken zu schwer werden - die Lenggrieser werden von lokalen wie internationalen Themen bewegt. Und vor allem vom Fasching. Nach dem Zug feiern sie in den Wirtschaften weiter.

Kleiner als Lenggries, dafür aber jedes Jahr und mit ebenso viel Begeisterung und Kreativität feiern die Bichler. Sie nehmen die Kritik an den Fuchspelzen bei der Leonhardi-Fahrt ebenso aufs Korn wie die Verzögerungen bei der Einrichtung des Benediktbeurer Heimatmuseums. Und dass die Bäume vor der Penzberger Stadthalle Denkmäler sind, das wissen die Bichler sowieso.

50 Millionen von einem Scheich... das könnte Bürgermeisterin Elke Zehetner tatsächlich gefallen, wären so doch die Geldsorgen der Stadt Penzberg auf einen Schlag hinfällig. Aber leider handelt es sich nur um eine der Eilmeldungen, die beim Gaudiwurm durch die Innenstadt die Runde machten. Wer es bis dahin nicht wusste: Der nächste G-8-Gipfel findet dieses Jahr im Hotel Olympia statt ("Bitte Hintereingang benutzen"). Dafür werben Barack Obama alias Altbürgermeister Hans Mummert, Angie Merkel (Evi Mummert) und Wladimir Putin höchstpersönlich, die es sich unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen nicht nehmen lassen, ihre Stretchlimousine für ein Bad in der Menge zu verlassen. Ein Höhepunkt: der Wagen der Jungritter, die einen Bürgerentscheid androhen. Thema: der Brunnen für den Stadtplatz. Vom Schoko- bis zum Wünschebrunnen gibt es viele Vorschläge. Die Jungritter brillieren mit einer höchst eigenwilligen Neuinterpretation des Esel-Brunnens, der auf dem Stadtplatz aufgestellt werden soll. Hunderte Faschingsbegeisterte verfolgen das bunte Treiben, an dem gut 200 Narren mitwirken.

© SZ vom 08.02.2016 / ihr, gri, veca - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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