Wolfratshausen:Flößereigeschichte in alten Bildern

Wolfratshausen: Mit großem Interesse widmeten sich die Besucher bei der Ausstellungseröffnung den Bildertafeln zum Thema Flößerei.

Mit großem Interesse widmeten sich die Besucher bei der Ausstellungseröffnung den Bildertafeln zum Thema Flößerei.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Ausstellung zeigt Fotos von Erika Groth-Schmachtenberger

Von Barbara Brießmann, Wolfratshausen

"Wissen. Können. Weitergeben." Die drei Schlagworte sind zugleich die Kriterien für die deutsche Unesco-Kommission dafür, wer in das Verzeichnis für immaterielles Kulturerbe aufgenommen wird. 27 Posten führt die Liste auf, die erst vor einem Monat offiziell wurde. Noch weit vor dem Reetdachdecker-Handwerk oder den Passionsspielen Oberammergau rangiert die Flößerei in Deutschland - auf Platz eins. Anlass genug für Flößerstraße e. V. und LAW (Lebendige Altstadt Wolfratshausen) zu einer Foto-Ausstellung, die am Donnerstag in der Sparkasse an der Sauerlacher Straße eröffnet wurde (zu sehen zu den Öffnungszeiten, bis 13. Mai).

"Die Flößerei war die Vorstufe zur S7", meinte Walter Obinger, Chef der Sparkassen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, zur Begrüßung. Beeindruckend in Bildern festgehalten hat das Handwerk der Flößerei die Fotografin Erika Groth-Schmachtenberger. Sie lebte von 1906 bis 1992, hatte als eine der ganz wenigen Frauen damals die Lichtbildnerei in München erlernt. Von da an hielt die wohl erste Fotoreporterin Bayerns Brauchtum und Alltag in ihren Aufnahmen fest.

Sie sind, wie zurzeit in Wolfratshausen, nicht nur schön anzusehen, sondern auch für Volkskundler und Kulturhistoriker von großem Interesse. Allein die Universitätsbibliothek Augsburg hat in einer eigenen Sammlung 8675 Schwarz-Weiß-Fotografien von Groth-Schmachtenberger katalogisiert. Einige dieser Bilder aus den Jahren 1923 bis 1984 sind jetzt in Wolfratshausen ausgestellt. Sie zeigen das Handwerk der Flößer, die Isar, die Loisach, die Landschaft rund um den Beruf, der bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts gewerblich ausgeführt wurde. Die Techniken sind auch auf den Bildern festgehalten. Doch auch die touristische Flößerei, ein Markenzeichen von Wolfratshausen, findet der Ausstellungsbesucher in den Fotos, die mit den Original-Beschriftungskärtchen der Fotokünstlerin versehen sind.

Zur Vernissage am Donnerstag war auch der emeritierte Professor Karl Filser von der Universität Augsburg gekommen. Der Historiker hatte die Bewerbung der Flößerei für das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes geschrieben. Er selbst war der Meinung, dass das Sujet nur in der Kategorie Handwerk und alte Techniken eine Chance hätte. Allerdings "verbietet die Unesco kommerzielle Interessen", berichtete Filser über sein Kopfzerbrechen beim Verfassen des Gutachtens. Schließlich sei die Flößerei inzwischen hauptsächlich ein Tourismuszweig und habe in dieser Form nichts mehr mit ihrem Ursprung zu tun. Angesichts der Mitbewerber - der Rheinische Karneval war darunter und wurde auch aufgenommen - ließ er sich nicht beirren wegen des Kommerzfaktors. Der Professor argumentierte anders: Wenn man "immateriell" auf Vergangenheit und Kultur beziehe, so sei das "Erinnerungskultur". Dazu komme der Bezug zum heimatlichen Nahbereich.

Das wusste die Kommission zu schätzen. "Ohne es zu ahnen", schmunzelte Filser am Donnerstag in Wolfratshausen, "habe ich mit meiner Beschreibung der Flößerei genau die Kriterien der Unesco für ein immaterielles Kulturerbe erfüllt: Wissen. Können. Weitergeben."

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