Wolfratshausen:Ein Leben mit Drogen

Gericht verurteilt 50-Jährigen wegen Marihuana-Besitz

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Ohne je erwischt zu werden, konsumierte ein 50-jähriger Mann aus dem Landkreis mehr als 20 Jahre lang Marihuana - gegen die Tinnitusgeräusche in seinem Ohr. Doch am 30. November 2015 stoppte die Polizei sein Auto bei einer Routinekontrolle im Stadtgebiet. Der Mann hat einen verbotenen Schlagring dabei, zudem fanden die Beamten rund 200 Gramm Marihuana im Wagen. Bei der Wohnungsdurchsuchung am nächsten Tag fanden die Beamten noch ein paar Gramm eines Kokain- und Amphetamin-Gemischs, einen Geldbeutel mit mehr als tausend Euro Bargeld und Plastikbeutel. Da die Ermittler den 50-Jährigen verdächtigten, ein Drogenhändler zu sein, stecken man ihn für zweieinhalb Monate in Untersuchungshaft. Am Montag verurteilte das Amtsgericht Wolfratshausen den Mann zu einer Bewährungsstrafe.

Die Untersuchungshaft war für den Angeklagten ein Schock. "Für mich ist da eine Welt zusammengebrochen", sagte er. Von heute auf morgen sei er eingesperrt gewesen, seine Arbeit habe er verloren. Vor Gericht räumte er fast alle Vorwürfe ein. Nur Handel mit Marihuana habe er nie getrieben, sondern die Droge selbst konsumiert. Seit den Neunzigerjahren leide er an Tinnitus und unter massiven Schlafproblemen.

Wie der Angeklagte schilderte, hatte er vor der Polizeikontrolle einen Freund besucht und zwei bis drei Halbe Bier getrunken. Von diesem habe er den Schlagring - vier untereinander verbundene Sechskantmuttern, durch die man vier Finger stecken kann - mitgenommen. Er selbst bezeichnete den Schlagring als chinesisches Fingerspiel. Damit habe er nie jemanden verletzen wollen, sagte der 50-Jährige. Schließlich habe er in der Nähe der McDonald's-Filiale im Wolfratshauser Gewerbegebiet zufällig seinen Drogenlieferanten getroffen, der ihm das Marihuana ins Auto geworfen habe. Die 200 Gramm sollten für ein Jahr reichen.

Starker Alkoholgeruch war den Beamten bei der Polizeikontrolle aus dem Auto entgegengeschlagen. Zuerst seien ihnen die zusammengeschobenen Sechskantmuttern an einem Finger des Mannes aufgefallen, sagte einer der Polizisten vor Gericht. Der Mann habe 0,6 Promille Alkohol im Blut gehabt. Erst bei der späteren Durchsuchung des Autos hätten sie in einem Rucksack auf dem Beifahrersitz auch zwei Plastiktüten mit Marihuana entdeckt. Bei der Durchsuchung der Wohnung fanden die Ermittler Druckverschlussplastikbeutel und mehr als tausend Euro in bar in einem hinter einer Box versteckten Geldbeutel, was sie als drogenhändlerspezifische Stückelung ansahen. Weitere typische Utensilien wie eine Feinwaage wurden nicht gefunden.

Fraglich blieb für die Staatsanwältin, ob der Angeklagte wirklich nicht mit dem Marihuana zum Weiterverkauf gehandelt habe. Schließlich seien die Druckverschlusstüten in der Wohnung gefunden worden. Das Bargeld sei versteckt gewesen, sagte sie. Zudem machte sie die große Menge an gefundenem Marihuana stutzig. Sie sprach sich für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten aus. Dagegen erklärte der Verteidiger, dass sein Mandant nie Marihuana weiterverkauft habe. Beim Bargeld in seiner Wohnung handle es sich um den in Scheinen ausgezahlten Lohn aus seiner Tätigkeit als Taxifahrer. Zudem habe der Angeklagte Möbel zum Abbauen angeboten gekommen. Die dabei anfallenden Schrauben habe er in den Druckverschlussbeuteln verstauen wollen.

Richter Helmut Berger verurteilte den Mann zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten wegen vorsätzlichen unerlaubtem Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln und einer illegalen Waffe. Zudem muss der Mann 2000 Euro an den Verein Bürger für Bürger zahlen. Richter Berger fand aber keine ausreichenden Anhaltspunkte, den Angeklagten wegen Handels mit Betäubungsmitteln zu verurteilen. Als Verkäufer von Drogen sei der Mann nicht bekannt. Eine Waage zum Abwiegen sei nicht gefunden worden. Es sei möglich, dass das Bargeld in der Wohnung aus der Tätigkeit als Taxifahrer stamme.

Doch zugleich ermahnte der Richter den Angeklagten. Denn handle eine Person unerlaubt mit Betäubungsmitteln und habe eine unerlaubte Waffe dabei, werde er laut Gesetz mit mindestens fünf Jahren Haft bestraft, hob Berger hervor. "Sie sehen, in welchen Bereichen man sich bewegt."

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