Wolfratshausen:Deutliches Zeichen für "Born in WOR"

Ärzte, Hebammen und Mütter fürchten um den Bestand der Geburtshilfe in der Wolfratshauser Kreisklinik, wenn hohe Zuschüsse nach Bad Tölz fließen.

Von Konstantin Kaip

Die vom Kreistag in Aussicht gestellte Subventionierung der Geburtshilfe in Bad Tölz könnte den Fortbestand der Geburtshilfeabteilung der Kreisklinik Wolfratshausen gefährden. Das befürchten die Belegärzte und Hebammen. Sie wollen deshalb ein Zeichen für den Fortbestand ihrer Abteilung setzen. Die Kreisräte dürften nicht "unter hohem politischen und emotionalen Druck" eine Entscheidung fällen, "die eine Situation fixiert und Fakten schafft, die nicht mehr verändert werden können - und wir in Wolfratshausen das Nachsehen haben", erklärte der Belegarzt für Geburtshilfe an der Kreisklinik, Dr. Manfred Stumpfe, am Montag.

Stumpfe hatte zu einer Pressekonferenz in die Klinik geladen, gemeinsam mit den Hebammen und zahlreichen Müttern, die in dort in jüngster Zeit Kinder zur Welt gebracht haben. Zuvor waren in den sozialen Medien Gerüchte aufgekommen, die Wolfratshauser Geburtshilfe stehe wegen eines Kreistagsbeschlusses vor dem Aus. "Es sind noch keine Entscheidungen gefallen", stellte Stumpfe jedoch klar. Er sei seit Januar im Gespräch mit Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). "Wir wollen weiter in einem sachlichen und konstruktiven Dialog die Interessen der Geburtshilfe in Wolfratshausen vertreten."

Wolfratshausen: "Hand in Hand für Born in WOR" ist das Motto: In der Wolfratshauser Kreisklinik setzen sich Hebammen, Belegarzt Dr. Manfred Stumpfe und frisch entbundene Mütter für den Erhalt ihrer Station ein.

"Hand in Hand für Born in WOR" ist das Motto: In der Wolfratshauser Kreisklinik setzen sich Hebammen, Belegarzt Dr. Manfred Stumpfe und frisch entbundene Mütter für den Erhalt ihrer Station ein.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Kreisausschuss hat den Landrat beauftragt, Verhandlungen über eine finanzielle Beteiligung des Landkreises für die Tölzer Geburtshilfe zu führen. Die steht vor dem Aus, weil es dem privaten Betreiber Asklepios nicht gelang, weitere Ärzte zu finden oder eine Hauptabteilung einzurichten. Die beiden Belegärzte konnten die hohe Arbeitsbelastung mit zirka 550 Geburten im Jahr nicht mehr stemmen, Nachfolger fanden sich nicht. Das liegt vor allem an den hohen Kosten für die Haftpflichtversicherung. "Horrende Summen" von bis zu 50 000 Euro im Jahr müsse ein Arzt in der Geburtshilfe zahlen, sagte Stumpfe. In Wolfratshausen seien er und seine Kollegin Ileana-Maria Niculescu zwar durch Altverträge von derlei Ausgaben verschont. Nachfolger zu finden werde aber schwierig. Über das gleiche Problem klagen auch die Hebammen.

Um die Geburtshilfe in Tölz zu retten, soll dort eine Hauptabteilung eingerichtet werden - mit Zuschuss aus dem Kreishaushalt. Im Kreisausschuss war von mehreren Hunderttausend Euro im Jahr die Rede. Möglich ist das jedoch nur in Kooperation mit einer anderen Klinik, etwa Agatharied oder Garmisch-Partenkirchen. Er halte die in den Raum gestellten Summen für "überzogen und nicht nachvollziehbar", sagte Stumpfe. Deshalb sei er froh, dass der Kreistag einen externen Experten für eine Analyse hinzuziehen wolle. Wichtig sei, dass man sich genug Zeit für eine nachhaltige Konzeptentwicklung nehme. Es dürften "keine vorschnellen Fakten" mit langjährigen Verpflichtungen geschaffen werden, warnte der Arzt. Denn wenn die private Tölzer Geburtshilfeabteilung "in einem nicht unerheblichen Rahmen finanziell gestützt wird, kann es sein, dass es keine finanziellen Mittel mehr für Wolfratshausen geben wird und die Geburtshilfe dort in absehbarere Zeit eingestellt werden könnte".

Wolfratshausen: Belegarzt Dr. Manfred Stumpfe will einen "sachlichen Dialog".

Belegarzt Dr. Manfred Stumpfe will einen "sachlichen Dialog".

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Zeitplan sei "sehr, sehr eng", sagt jedoch die Sprecherin des Landratsamts, Marlis Peischer. Schließlich müsse bis Ende März eine Lösung gefunden werden. Derzeit führe Asklepios Verhandlungen mit den Kliniken Agatharied und Garmisch, mit Ergebnissen sei noch im Februar zu rechnen. Gleichzeitig wurden mit einem überörtlichen Experten und mit dem Gesundheitsministerium Gespräche aufgenommen. Schon am 6. März könne der Kreisausschuss womöglich in Vorberatung über die Höhe der Zuschüsse gehen, sagt Peischer. Dass die Hauptabteilung schon zum 1. April in Betrieb gehe, sei wegen der schwierigen Personalsuche aber nicht realistisch.

Die Geburtshilfe in der Kreisklinik sei nicht akut gefährdet, sagt Peischer. Dort gebe es ein "funktionierendes Belegarztsystem", das nicht zur Debatte stehe. Nachfolger zu finden, werde jedoch schwierig, wie Tölz zeige. Ähnlich drückt es auch der Geschäftsführer der Kreisklinik Hubertus Hollmann aus. Derzeit biete die Geburtshilfe gute Qualität. Schwierig werde es aber, eine neue Generation von Ärzten zu finden - zumal die Wirtschaftlichkeit in Wolfratshausen mit rund 250 Geburten pro Jahr "noch schwieriger" sei. "Das macht uns Sorge." Allerdings sei der Zeitdruck nicht so groß wie in Tölz, wo man eine schnelle Lösung brauche. Wie die aussehen soll, sei eine "politische Entscheidung", sagt Hollmann. Ob sie den jährlichen Defizitausgleich für die Wolfratshauser Geburtshilfe "im sechsstelligen Bereich" gefährdet, darüber will er nicht spekulieren.

Lichterkette

In ihrem Einsatz für den Erhalt der Wolfratshauser Geburtshilfe erhalten die Hebammen und Ärzte viel Unterstützung. "Wir bekommen immer wieder Anfragen von Bürgern, wie sie helfen können", sagt Hebamme Cornelia Lüllmann. Um ein deutliches Zeichen setzen, gibt es in den kommenden Tagen mehrere Aktionen: Bei einem Tag der offenen Tür am Sonntag, 19. Februar, stellen sie ihre Arbeit in der Geburtshilfe vor (11 bis 16 Uhr). Der monatliche Informationsabend für werdende Eltern findet dann am Dienstag, 21. Februar, statt (Beginn: 19 Uhr). Zum stillen Protest sollen sich eine Stunde vorher möglichst viele Bürger bei einer Lichterkette vor der Kreisklinik versammeln. aip

Ein neuer Impuls kommt nun vom Ärztlichen Kreisverband: Dessen Vorstand hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit dem Thema befasst und fordert, eine "Rekommunalisierung der Tölzer Stadtklinik" in Erwägung zu ziehen - verbunden mit einer "Kooperation zwischen beiden Kliniken im Landkreis". Eine "fachlich hochwertige Geburtshilfe" gehöre schließlich "zur Daseinsvorsorge und damit zur Grund- und Regelversorgung", lautet die Begründung. Laut Peischer stellt sich die Frage jedoch nicht - wegen laufender Verträge mit Asklepios. Wie wichtig die Geburtshilfe in Wolfratshausen ist, machten am Montag mehrere Mütter klar, die mit ihren Babys gekommen waren, um die Belegschaft zu unterstützen. Sie fühle sich in der Kreisklinik gut aufgehoben, sagte etwa Christine Elb aus dem Geretsrieder Ortsteil Buchberg, die ihren Sohn Lorenz erst zwei Tage zuvor in der Wolfratshauser Klinik entbunden hatte. Die Eins-zu-eins Betreuung mit Vor- und Nachsorge bekomme man "nur in einem kleinen Haus."

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