Wolfratshausen:Das Kreuz mit dem Planungsrecht

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Landrat thematisiert Suche nach Asyl-Unterkünften

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

Die Zahlen, die Landrat Josef Niedermaier kürzlich als Gast der Bürgervereinigung Wolfratshausen in Sachen Asyl nannte, klangen dramatisch. Bis zum Ende 2016 rechnet Niedermaier damit, weitere 2000 bis 3000 Unterkünfte für Asylbewerber im Landkreis finden zu müssen: "Denn es ist realistisch, dass wir nächstes Jahr noch einmal mit weiteren 1,2 Millionen Flüchtlingen in der Bundesrepublik rechnen müssen", sagte er.

Den weiter massiv steigenden Bedarf an Unterkünften für Asylbewerber müsse man in Relation sehen zu dem, was der Landkreis bisher erreicht habe: "Wir haben mit viel Wehgeschrei und viel Anstrengung in dreieinhalb Jahren 900 Unterkunftsplätze geschafft", sagte er. Denn bislang gäbe es keine von der Regierung von Oberbayern betriebene Gemeinschaftsunterkunft, man müsse bislang immer dezentrale Wohnräume finden. Angesichts der neuen Prognosen und Zahlen heiße das für ihn allerdings, "was wir bisher erreicht haben, ist zwar gut, aber in dem Tempo und mit der Kooperation geht es nicht mehr so weiter", sagte Niedermaier.

Noch im Januar dieses Jahres sei den Landräten prognostiziert worden, es würden etwa 220 000 Asylbewerber in die Bundesrepublik kommen, maximal 350 000. Doch diese Zahl war bereits im Mai 2015 erfüllt. Inzwischen liegen die offiziellen Zahlen, denen die Planungen zugrunde liegen, bei 800 000 Asylbewerbern heuer, "aber inoffiziell spricht man von längt 1,2 Millionen und 2016 noch einmal so viele", sagte Niedermaier.

Mit der bisherigen Methode, Wohnungen in den Landkreis-Kommunen zu suchen und anzumieten, könnten diese Zahlen jedoch nicht mehr bedient werden. "Wir sind deshalb dabei, verschiedene Strategien zu fahren und verschiedene Plätze zu suchen für größere Unterkünfte - ich nenne es bewusst nicht Lager - und diese in verschiedenen Bauweisen herzustellen", sagte er. Noch stehe hier das Planungsrecht im Weg, "aber ich gehe dazu über, das Planungsrecht mit Ausnahmen zu versehen, anders geht's nicht mehr".

Doch parallel setze er vor allem Hoffnungen in die Politik, neue Regelungen zu finden. "Denn dass es so weiterläuft wie jetzt, dass jeder sagt, ich probiere es eben mal mit Asyl in Deutschland, das funktioniert nicht." Derzeit sei das Asylverfahren "komplett verstopft", was aus Niedermaiers Sicht aber ein "hausgemachtes Problem" sei: "Asylrecht ist ein wahnsinnig wichtiges Grundrecht, aber derzeit belegen 90 Prozent von Menschen das Verfahren, bei denen klar ist, dass sie nach geltenden rechtlichen Regelungen kein Asyl bekommen werden." Er wolle diese allerdings nicht als Asylmissbraucher bezeichnen, "denn sie alle haben eine Intention, warum sie ihre Heimat verlassen". Für solche Einwanderer müssten Bedingungen geschaffen werden. "Andere Einwanderungsländer setzten solche Regelungen längst, dieses Selbstbewusstsein müssten wir auch äußern", forderte Niedermaier. Denn wenn es "so chaotisch weiterläuft, ist die Bevölkerung nicht länger bereit, die Dinge zu akzeptieren", war er sich sicher. Zur aktuellen Asylproblematik gehöre eine Perspektive, "und die geht uns in der Kommunalpolitik und den staatlich Handelnden noch komplett ab".

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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