Kultur:"Bei uns heißt der Styx Loisach"

Krimilesung zugunsten des Hospiz- und Palliativvereins: Autor Georg Unterholzner ermuntert die Zuhörer, den Wolfratshauser Fluss "mehr in das Leben zu integrieren"

Von Johann Fährmann, Wolfratshausen

Auf einer Bühne auf zwei festgebundenen Flößen an der Weidacher Lände steht ein schwarz gekleideter Mann mit Hut vor etwa 120 Menschen und krakeelt derbe bairische Stammtischstreitereien, in dunklem Tonfall erzählt er vom Mord im Oberland. Es ist der Ascholdinger Autor Georg Unterholzner, der seine Kurzgeschichte "Der verschwundene Flößer" und Passagen aus seinem Wolfratshausen-Krimi "Der Schnitter" vorträgt. Zwei Scheinwerfer beleuchten ihn und seine Textblätter, die er wie eine Grabrede in einer schwarzen Mappe vor sich hält.

Makaber, aber passend wirkten die Mordgeschichten unter dem Titel "Flößer, Leichen, Wolfratshausen" angesichts der Widmung des Abends. Denn die je 20 Euro, welche die Gäste für ihre Eintrittskarten bezahlt hatten, sowie die zusätzlich gesammelten Spenden gehen ohne Abzüge an den Bayerischen Hospiz- und Palliativverband (BHPV). Dessen Geschäftsführer Erich Rösch spannte den Bogen zwischen Benefiz und Veranstaltungsort. In der griechischen Mythologie gibt es den Fluss Styx, auf dem die Verstorbenen in das Totenreich hinüberfahren. "Bei uns heißt der Styx Loisach. Stellen Sie sich vor, wir würden heute Abend ablegen. Wäre dann für Sie alles geregelt?" Auch der Zweite Bürgermeister der Stadt, Fritz Schnaller, warb um Aufmerksamkeit für den Verband: "Die leisten wertvolle Arbeit, aber das Thema kommt immer zu kurz."

Kultur: Schaurig-schön? Georg Unterholzner (Mitte) liest, und die Landratsamt-Band spielt dazu (links der Münsinger Bürgermeister Michael Grasl an der Tuba).

Schaurig-schön? Georg Unterholzner (Mitte) liest, und die Landratsamt-Band spielt dazu (links der Münsinger Bürgermeister Michael Grasl an der Tuba).

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Hinter Unterholzner hatte sich die Landratsamt-Band aufgestellt. Die Gelegenheitsformation um Landrat Josef Niedermaier intonierte einen Trauermarsch, als Unterholzner mit finsterer Miene das Floß betrat. Später spielte sie unter anderem die Titelmelodie des James-Bond-Filmes "Goldfinger" und stieg in das Lied vom "boarisch Hiasl" ein, als Unterholzner es eine seiner Figuren anstimmen ließ. Bei Regen wäre die Veranstaltung in die Loisachhalle verlegt worden. So aber hörte man in Unterholzners Kunstpausen, wie sich das Wasser plätschernd am Floß brach, sah das Licht der Straßenlaterne auf der Weidacher Brücke in den sanften, dunklen Wellen widerschimmern und fröstelte in der klaren Augustnacht auf der Loisach. Einzig die vorbeirauschenden S-Bahnen unterbrachen die Idylle regelmäßig.

Die Flöße waren tagsüber noch mit Touristen nach München getrieben, erst am späten Nachmittag hatte Josef Seitner sie mit sieben Helfern als Bühne hergerichtet. "Der Abend war für uns alle ein Highlight", sagte der Flößer freudestrahlend, als ihm viele Gäste zum Abschied gratulierten und sich bedankten. Seitner stellte Material, Arbeitszeit und Freibier ebenso kostenlos wie die Metzgerei Knöbl, die Kräuterpädagoginnen, der Getränkemarkt Orterer und die Gaststätte Flößerei Essen und Getränke für das Buffet, an dem sich die Gäste bedienten. ELS-Systems und Bavaria Werkschutz sorgten für Ton, Licht und Sicherheit der Veranstaltung, Marion Klement von der Stadtverwaltung übernahm Organisation und Vorverkauf der ausverkauften Veranstaltung.

Kultur: Die Loisach hat sich wieder einmal als köstliche Kulisse für Kultur erwiesen. Da muss nur das Wetter mitspielen.

Die Loisach hat sich wieder einmal als köstliche Kulisse für Kultur erwiesen. Da muss nur das Wetter mitspielen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Zum Abschluss legte der 53-jährige Tierarzt Unterholzner die Rolle des Geschichtenerzählers ab und sprach als Initiator des Abends: "Die Loisach ist ein Fluss, so wunderbar, wie kaum eine Stadt einen ähnlichen hat. Wir sollten sie wieder mehr in das Leben integrieren. Wir sollten auch Wolfratshausen mehr als unsere Stadt wahrnehmen." Eine Lesung auf dem Fluss hatte es in der Flößerstadt bisher nicht gegeben. "Es ist unsere erste Veranstaltung auf einem Floß überhaupt", sagte Klement. Dass es wieder einmal Kultur auf dem Floß gibt, "kann gut sein, wenn es sich ergibt. So wie heute, aus freien Stücken und wenn es passt", sagte Seitner.

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