Wolfratshausen:Absage an Reform des Tatbestandes Mord

Wolfratshausen: Justizminister Winfried Bausback (CSU) sieht den Rechtsstaat grundsätzlich "gut aufgestellt".

Justizminister Winfried Bausback (CSU) sieht den Rechtsstaat grundsätzlich "gut aufgestellt".

(Foto: Hartmut Pöstges)

Justizminister Winfried Bausback referiert auf Einladung der Kreis-CSU auch zu Terrorismus und Opferschutz

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Wie soll ein moderner Rechtsstaat den Herausforderungen des international agierenden Terrorismus adäquat begegnen? Um dieser zur Zeit alles überlagernden Frage nachzugehen, hatte die Wolfratshauser CSU Bayerns Justizminister Winfried Bausback in die Flößereigaststätte gebeten. Ungeachtet der grausamen Aktualität des Themas fanden freilich nur wenige Gäste den Weg dorthin. Grund war, wie der CSU-Kreisvorsitzende Martin Bachhuber vermutete, die Erwartung des Fußball-Länderspiels Deutschland-Niederlande, das dann aber aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt wurde.

Grundsätzlich verfüge man über gute Möglichkeiten der Verfolgung, insbesondere beim Delikt Mord sei man "gut aufgestellt", versicherte der Minister, der allerdings dafür plädiert, an "Stellschrauben" zu drehen, so etwa bei der Vorratsdatenspeicherung. Ein Fehler ist es aus Sicht Bausbacks unter anderem, dass die jüngste Gesetzesversion eine Überwachung der E-Mail-Kommunikation nicht zulasse - dies sollte aus seiner Sicht zumindest auf einen entsprechenden richterlichen Beschluss ermöglicht werden, "ein so wichtiges Ermittlungsinstrument" dürfe man nicht aus der Hand geben. "Ohne Scheuklappen" muss nach Meinung des Ministers und Rechtsprofessors generell über die Bewertung des Straftatbestandes Mord diskutiert werden - dass just am selben Tag die Vereinigung Weißer Ring 25-jähriges Bestehen feierte, sei ein passender Anlass, auch über die Belange von Verbrechensopfern zu sprechen. Denn menschliches Leben sei "ein unersetzliches Rechtsgut, das besonders geschützt werden muss". Bayern werde deshalb bei einer Justizreform "keine Regelung mittragen, die zu einer Relativierung der lebenslangen Haftstrafe führen würde", denn dies sei "Ausdruck unseres Rechtsverständnisses, gerade vor dem Hintergrund von Paris". Der Ansatz von Bundesjustizminister Heiko Maas, den Tatbestand Mord inhaltlich neu zu definieren, sei "auch aus Sicht der meisten Staatsanwälte ein Irrweg". Dem "Höchstwert Leben" müsse im Mordfall "eine lebenslange Sanktion gegenübergestellt werden", sagte Bausback.

Einig war sich der Minister mit den Gästen in der "Flößerei", dass es zwar eine Pflicht des Staates sei, Menschen in Not aufzunehmen, dass man es bei einer Zahl von mehr als einer Million Migranten nicht vermeiden könne, den Zuzug zu reduzieren und dass man von den Asylbewerbern verlangen müsse, "dass sie unser freiheitliches Wertesystem akzeptieren". Hier sieht Bausback eine "aktive Mitwirkungspflicht" bei den Flüchtlingen. Auch gelte es außerdem, Hilfsgelder direkt in den Flüchtlingszentren der Krisenländer zu investieren, statt "zuzusehen, wie Tausende auf den Fluchtrouten ums Leben kommen".

Den Rechtsstaat bei den Asylbewerbern "selbstbewusst zu transportieren" forderte eine Diskussionsteilnehmerin, selbst Richterin, deshalb müsse konsequent Rechtskundeunterricht angeboten werden. In Deutschland stehe der Täterschutz vor dem Opferschutz, beklagte ein anderer Diskussionsgast, der kritisierte, dass in Zeitungen die Namen der Täter nur abgekürzt genannt und im Fernsehen Gesichter verpixelt würden. Dem hielt Bausback entgegen, man habe beim Opferschutz viel erreicht, beispielsweise durch die verbesserten Rechte von Nebenklägern und durch die sensiblere Vernehmung minderjähriger Opfer. Der beste Opferschutz aber sei das Verhindern neuer Straftaten. Auch Verbrechern dürfe man nicht die Menschenwürde vorenthalten, "indem man sie an den Pranger stellt".

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