Wohnen im Speckgürtel:"Ein hochbrisantes Thema"

Lesezeit: 2 min

Diskutierten über den angespannten Wohnungsmarkt in Bad Tölz: Camilla Plöckl (links), Andreas Lotte (Mitte) und Willi Streicher (rechts). (Foto: Manfred Neubauer)

Die Tölzer SPD erörtert Möglichkeiten, der Preis- und Kostenexplosion auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen. Angesicht der Dramatik müssten Landkreise gemeinsame Konzepte für sozialgerechtere Bodennutzung finden

Von Wolfgang Schäl, Bad Tölz

Immer mehr Luxuswohnungen und Preissprünge, die kein Normalbürger mehr aufbringen kann: Die Entwicklung der Mieten sei "ein hochbrisantes Thema" auch für Bad Tölz, dem man sich verstärkt widmen müsse, betonte die SPD-Ortsvorsitzende und Stadträtin Camilla Plöckl bei einem Informationsabend im Kolberbräu. Eingeladen hatte der Ortsverein deshalb den SPD-Landtagsabgeordneten Andreas Lotte, der in seiner Fraktion Sprecher für Wohnungs- und Städtebaupolitik ist und als vormaliger Münchner Stadtrat die Probleme auch aus kommunalpolitischer Sicht bewertet. Das Thema werde beim Landesparteitag am Wochenende in Hirschaid eine große Rolle spielen, versicherte er, ein ganzes Antragspaket stehe dort auf der Tagesordnung. Auch wenn sich in Bad Tölz mittlerweile eine Arbeitsgruppe des Stadtrats mit sozialgerechter Wohnraumnutzung beschäftigt, ist der Informationsbedarf bei der komplexen Materie doch erheblich, wie sich in der Versammlung zeigte. So gab es Fragen unter anderem zur Mietpreisbremse, die seit Juni in Kraft ist. Diese Deckelung der Mieterhöhung auf zehn Prozent gelte nur bei Neuvermietung, nicht aber für Neubauten, erläuterte Lotte auf eine entsprechende Anfrage. Als weiteres Instrument zur Preisdämpfung nannte er die Kappungsgrenze, die gewährleiste, dass die Miete innerhalb von drei Jahren maximal um 20 Prozent erhöht werden darf. In manchen Regionen dürften Landesregierungen diese Grenze auf 15 Prozent limitieren.

Die Mietpreisbremse gelte in Bayern bislang noch nicht, sie solle aber noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Eines der betroffenen Gebiete wäre dann München, in ganz Bayern kämen Lotte zufolge 144 Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt in Betracht, darunter Bad Tölz. Das letzte Wort bei der Einführung der Mietpreisbremse habe die Regierung, die sich aber kaum über den Wunsch einer Stadt hinwegsetzen werde. Auf eine entsprechende Anfrage des Freistaats habe die Tölzer Stadtverwaltung offenbar signalisiert, dass sie dies nicht wünsche, was in der Versammlung mit Verwunderung zur Kenntnis genommen wurde. Er könne sich nicht erinnern, dass der Stadtrat jemals einen dahin gehenden Beschluss gefasst habe, sagte SPD-Fraktionssprecher Willi Streicher. Und Plöckl betonte, "dass wir als SPD diese Begrenzung natürlich wollen".

Ein großes Problem ist nach Lottes Worten, dass immer mehr Sozialwohnungen aus der Sozialbindung fallen und dass es auch zu wenig Unterkünfte gibt für Personen mit niedrigen bis mittleren Einkommen gibt, die aber für Sozialwohnungen zu viel verdienen. Hier gebe es großen Rückstau. Einigkeit herrschte, dass für den Bau von Wohnungen, den diese soziale Gruppe bezahlen könnte, zu wenig Bauflächen zur Verfügung stehen. Deshalb gelte es, verstärkt das Instrument der "sozialgerechten Bodennutzung" einzusetzen. Dies bedeute, dass Grundstückseigentümer und Bauträger, die durch die Ausweisung von Bauland einen enormen Wertzuwachs ihres Besitzes verbuchen, zu Auflagen verpflichtet werden. Sie müssen sich dann beispielsweise an Infrastrukturkosten beteiligen, die durch neue Wohnsiedlungen entstehen, oder durch die Art der Wohnungen gewährleisten, dass eine gemischte Bevölkerungsstruktur entstehen kann und Luxusgettos vermieden werden. Freilich müsse man in der Bauwirtschaft um Verständnis werben.

Angesichts der dramatischen Veränderungen setzen sich nach Lottes Worten mittlerweile die Landkreise der Region zusammen, um für diese sozialgerechte Bodennutzung ein gemeinsames Konzept zu finden. In Fürstenfeldbruck und Erding sei man damit schon sehr erfolgreich.

© SZ vom 29.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: