Windkraft:Mit Gutachten gegen Windräder

Dietramszeller Bürgerinitiative argumentiert mit geschützten Vögeln und der Bedeutung der Landschaft für die Naherholung gegen die Stromerzeugung in der Gemeinde

Von Petra Schneider

Leonhardifahrt 2012 Dietramszell Leonhardikapelle

Leonhardifahrt 2012 Dietramszell Leonhardikapelle Leonhardifahrt 2012 Dietramszell Leonhardikapelle, Lehards, St. Leonhard, 17.07.2012, Foto: Manfred Neubauer

(Foto: Manfred Neubauer)

Um Windkraftanlagen im Gemeindegebiet zu verhindern, scheut die Bürgerinitiative "Windradfreies Dietramszell" keine Kosten und Mühen: Am Montag wurden dem Geschäftsführer des Planungsverbands Oberland mit Sitz in Garmisch-Partenkirchen, Guido Kamp, zwei Gutachten übergeben, die die Bürgerinitiative in Auftrag gegeben und finanziert hat. Sie sollen belegen, dass Windkraftanlagen aus Gründen des Landschafts- und Artenschutzes in der Gemeinde nicht genehmigt werden dürften.

Bereits im Rahmen des laufenden Anhörungsverfahrens hat die Bürgerinitiative im April Rechtseinspruch eingelegt. Sie wirft dem Planungsverband Oberland gravierende verfahrensrechtliche und planerische Fehler vor. Die Diskussion um Windkraftanlagen in Dietramszell sei inzwischen auch in der Staatskanzlei angekommen, wie Markus Pflitsch, Vorsitzender der Bürgerinitiative, sagte. Der CSU-Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber habe auf sein Drängen ein Gespräch mit Ministerpräsident Horst Seehofer geführt. Zudem hat Pflitsch einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten unterzeichnet, der von der Bundesvereinigung von Windkraftgegnern "Vernunftkraft" verfasst wurde. Darin loben die Vertreter von zehn Bürgerinitiativen Seehofer für seinen Vorstoß, die Abstände von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung von derzeit 800 auf etwa 2000 Meter zu erhöhen.

In Dietramszell hält der Planungsverband Oberland vier Standorte für Windkraftanlagen für möglich. Im Auftrag der Bürgerinitiative haben sich zwei renommierte Gutachter ein Bild der Lage gemacht. Ihr Fazit: "Das Gemeindegebiet von Dietramszell ist aus landschaftsökologischer Sicht und aus Gründen des Vogel- und Artenschutzes gänzlich ungeeignet für Windkraftanlagen." Mit den Gutachten lägen fundierte Einschätzungen von Experten vor, sagte Pflitsch. "Damit hebeln wir den Planungsverband aus." Dass die Einspruchsfrist gegen den Regionalplan bereits am 30. April ausgelaufen ist, verhindere nicht, dass auch Gutachten, die später eingereicht werden, geprüft werden müssten. "Neue Erkenntnisse müssen berücksichtigt werden, solange kein endgültiger Beschluss des Planungsverbands gefasst worden ist", sagte Pflitsch. Neu in den Gutachten sei, dass sich im gesamten Gemeindegebiet Horste des geschützten Rotmilans befänden. Die Hanglagen der für die Windkraftnutzung bevorzugten Geländeerhebungen nutzten Greifvögel für den Segelflug, was zwangsläufig zu Kollisionen führe. "Windkraftanlagen töten mehr als 80 Prozent der für den Fortbestand der Population so wichtigen fortpflanzungsfähigen Rotmilan-Altvögel", heißt es im Gutachten.

Der Dietramszeller Wald weise zudem ein Schwarzstorch-Vorkommen auf, das bei insgesamt nur 105 Brutpaaren in Bayern eine wichtige Rolle spiele. Rotmilan- und Schwarzstorch-Beobachtungen, die Bürger im Gemeindegebiet gemacht haben, sind dem Gutachten angehängt. Die landschaftsökologische Stellungnahme verweist auf die Vielfalt der Dietramszeller Landschaft, die vom Planungsverband nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. So beherberge etwa der Dietramszeller Wald das bedeutsamste Vorkommen von Tannen zwischen Isar und Salzburg. Die geringe Entfernung zu München mache die Gegend zu einer unersetzlichen Naherholungslandschaft. Windkraftanlagen im Bereich Leonhardikirche, von Jasberg, Baiernrain sowie im Zeller Wald hätten eine weitgehende Entwertung dieser Landschaft zur Folge. Weil durch den Bau von Windkraftanlagen im windschwächsten Bundesland Bayern nur ein sehr geringer Anteil von Atomstrom ersetzt werden könne, dafür aber einmalige Naturlandschaften preisgegeben werden müssten, schlägt Gutachter Burkhard Quinger Standorte im Bereich Hohenbrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Sauerlach, Holzkirchen, Aying, Valley und Ebersberger Forst vor. Dort sei die Landschaft monotoner und für die Naherholung viel weniger geeignet.

Dass Bürger wegen "planerischen Unvermögens der Behörden" selbst aktiv werden müssten, sei ein Unding, sagte Pflitsch. Sollten die Einwände der Bürgerinitiative nicht angemessen berücksichtigt werden, behalte man sich eine Klage vor. Die öffentliche Meinung in Bezug auf die Windkraft drehe sich aber gerade: "Wir sind da sehr zuversichtlich."

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