Weder schnelles Internet noch gute Hotels:Firmen kritisieren Bad Tölz

Marktstraße Bad Tölz Regen

Die Marktstraße in Bad Tölz: Manche Unternehmen in der Stadt identifizieren sich kaum mit ihrem Standort.

(Foto: Manfred Neubauer)

Der Citymanager hat acht führende Betriebe besucht - mit ernüchterndem Ergebnis. Der Stadtrat widerspricht.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

In Bad Tölz sitzen eine Reihe kleiner und mittlerer Unternehmen, die in der Stadt kaum bekannt, in ihrer Branche aber mitunter sogar Marktführer sind. Acht solcher Firmen besuchten Citymanager Falko Wiesenhütter und Peter Wiedemann, Wirtschaftsbeauftrager des Stadtrats, in den vergangenen 15 Monaten und lösten mit ihrem Erscheinen in den Chefetagen erst einmal Verwunderung aus. Da habe "zum Teil Ratlosigkeit" bei den Gesprächspartnern geherrscht, berichtete Wiesenhütter am Dienstagabend im Stadtrat. Das kommt nicht von ungefähr: Die Unternehmen identifizieren sich kaum mit Bad Tölz. Eine ernüchternde Erfahrung für den Citymanager und seinen Begleiter.

Für ihre Tour hatten sie Betriebe ausgewählt, die nicht in der Innenstadt angesiedelt sind und auch nicht zum Einzelhandel gehören. Sie haben ihre Niederlassung im Gewerbegebiet Farchet oder auf der Flinthöhe. Die meisten von ihnen hätten sich Bad Tölz als Standort nicht bewusst ausgesucht, so Wiesenhütter. Einige kamen, weil gerade ein Gewerbeareal frei war, andere übernahmen einfach eine ansässige Firma. Für die Stadtpolitik erwärmen sich die aufgesuchten Unternehmer selten, die Kontakte zum Rathaus, zu Lokalpolitikern oder zu anderen Betrieben sind spärlich. Für Wiesenhütter birgt dies eine große Gefahr: "Zum Problem könnte diese Unabhängigkeit für die Stadt immer dann werden, wenn die Suche nach neuen Flächen ansteht." Aber gerade daran fehlt es in Bad Tölz.

Was die Chefs an der Stadt stört

Lebensqualität, Freizeitmöglichkeiten, Kultur- und Bildungsangebot: All dies vermerken die Firmenchefs positiv an ihrem Standort. Die Mängelliste fällt allerdings um einiges länger aus. Wer seinen Betrieb ausbauen oder mit ihm umziehen möchte, findet keine Grundstücke oder Gewerbeflächen. Für Mitarbeiter gibt es zu wenig Wohnungen, nicht zuletzt im mittleren und gehobenen Preissegment. Hinzu kommen Probleme mit dem noch immer zu langsamen Internet, auch wenn die Stadt bereits den Breitbandausbau forciert.

Ein Dorn im Auge sind den Unternehmen auch die langen Genehmigungsverfahren im Landratsamt, vor allem dann, wenn es um Bauvorhaben geht. Und noch etwas vermissen sie: Wenn sie die Chefs oder Delegationen von Geschäftspartnerfirmen zu Gast haben, können sie ihnen ihrer Ansicht nach kein hochklassiges Hotel empfehlen. Es gäbe "keine adäquate Unterkunft auf Geschäftsführerebene", berichtete der Citymanager.

Der Stadtrat will keine neuen Gewerbeflächen

Die Stadträte zeigte sich über den Report nicht sonderlich alarmiert, sondern gingen eher in Verteidigungsstellung. Bürgermeister Josef Janker (CSU) führte als Gegenbeispiel an, dass sich der Klebebänder-Produzent Biolink, der auf die Flinthöhe umziehen will, dezidiert für Tölz entschieden habe. Ludwig Janker (CSU) fehlt der Glaube, dass die Stadt so schlecht aufgestellt sei, wie es die Kritik vermuten lasse. Die Firmen, die meist vor zehn Jahren kamen, hätten gewusst, wie hoch die Gewerbesteuer und wie viele Flächen vorhanden seien.

Noch deutlicher wurde Anton Mayer (CSU). Er sprach sich vehement gegen die Ausweisung neuer Gewerbeareale aus, schon gar nicht für "halbscharige Firmen". Irgendwann müsse mal Schluss sein, "wenn man nicht mehr hat, dann hat man nicht mehr", sagte er. Franz Mayer-Schwendner (Grüne) vermisste Porträts der besuchten Unternehmen, bekam darauf aber keine näheren Auskünfte. Zudem wollte er wissen, wie viele von ihnen sich derzeit wirklich nach Gewerbeflächen umsehen. "Es gibt drei, die Interesse haben, die anderen schauen in die fernere Zukunft", erwiderte Wiesenhütter.

Der schwache Bezug der Firmen zu Bad Tölz trieb hingegen Ingo Mehner (CSU) um. "Die Bindung eines Unternehmers an die Stadt ist das Wichtigste, dann geht er nicht so leicht weg", sagte er. Dies sei zwar wegen fehlender Grundstücke noch nicht passiert, antwortete Bürgermeister Janker: "Aber man muss darauf achten, dass man den Anschluss nicht verliert." Wiesenhütter und Wiedemann wollen ihre Betriebsbesuche fortsetzen. Ziel sei es dabei, die Unternehmen "besser ins Stadtleben und in die Stadtpolitik einzubauen, damit die Identifikation mit dem Standort besser ist", sagte der Citymanager.

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