Wandern im Isartal:Natur entdecken auf dem Pionierweg

Eindrücke von einer verwunschenen, märchenhaften Welt: Am Isarufer in Baierbrunn gibt es eine Menge zu sehen: Gänsesäger, Seidelbast und Christrosen, auch der Biber hat hier seine Spuren an den Baumstämmen hinterlassen. In der Steilwand nahe dem Kletterwand wohnt der Uhu

Von Konstantin Kaip, Baierbrunn

Der Spaziergang im Landschaftsschutzgebiet am Isarufer führt in die Wildnis. Schließlich soll am Hochufer eine Art "Urwald" entstehen: Das Totholz, das dort liegen bleibt, wird zu Lebensraum für seltene Pflanzen- und Tierarten. Stefan Zenz von der Baierbrunner Ortsgruppe des Bund Naturschutz (BN) hat einen kleinen Rundweg in seiner Gemeinde geplant. Start- und Endpunkt ist der Parkplatz beim Waldgasthof Buchenhain. Der ist leicht mit dem Auto und mit der S-Bahn zu erreichen und bietet vor oder nach dem Ausflug in die Wildnis auch noch eine Einkehrmöglichkeit. Zenz ist nicht alleine gekommen, er hat seinen Sohn Mika mitgebracht und seinen Schwiegervater Gunter Hellmann. Der ist ebenfalls im BN aktiv und kennt sich bestens aus mit der Landschaft, den Tieren und den Pflanzen dort. Der pensionierte Mediziner hat außerdem seine beiden Hündinnen Jola und Sara dabei, womit bewiesen war, dass der Spaziergang für Familien und Hundebesitzer geeignet ist. Festes Schuhwerk ist jedoch zu empfehlen: Denn nach den ersten Metern am Radweg an der B 11 entlang und einem kurzen Stück auf der asphaltierten Hermann-Roth-Straße Richtung Baierbrunn biegen wir in den Pionierweg ein, der das Hochufer hinunterführt. Sein Name, vermutet Hellmann, stamme aus der Zeit des Nationalsozialismus, als Pioniere den Weg angelegt hätten. Heute wird er nicht nur von Spaziergängern, sondern auch von Mountainbikern genutzt, wie man an der von den Reifen gegrabenen Rinne in der Wegmitte erkennt.

Der Konflikt zwischen Wanderern und Mountainbikern schwelt am Isarufer seit Langem. Eine Begegnung von Spaziergängern auf der Suche nach Entschleunigung und Extremsportlern auf der Jagd nach Action lässt sich auf dem teilweise nur etwa 30 Zentimeter schmalen Pionierweg kaum vermeiden. Kollisionen müsse man jedoch nicht befürchten, sagt Hellmann: Die Biker hätten gute Bremsen. Nur beschweren sollte man sich nicht, rät er, sonst werde schnell und heftig zurückgepöbelt.

Baierbrunn, Buchenhain, Osterspaziergang, Spaziergang mit Stefan Zenz

Spaziergang mit Stefan Zenz (rechts), seinem Sohn und dem Schwiegervater Gunter Hellmann.

(Foto: Angelika Bardehle)

An diesem Tag ist kein Radler unterwegs, und so können wir die Eigenheit der Landschaft auf uns wirken lassen. Links ergießt sich der mit einem hellgrünen Moosteppich überzogene Auwald ins Tal, rechts ragt steil der Hang auf mit seinen typischen Nagelfluhwänden, in denen die Witterung bizarre Höhlenformationen hinterlassen hat. Es ist eine verwunschene, märchenhafte Welt, die derzeit auch noch von zahlreichen zusätzlichen Farbtupfern durchsetzt ist: Am Wegrand blühen Leberblümchen und Christrosen. Auf dem Weg ins Tal hinunter muss man immer wieder über einen Baumstamm steigen oder sich unter einer Buche wegducken. Die kleinen Hindernisse seien "super für Kinder", findet Stefan Zetz. "Dann wird das Spazierengehen nicht so langweilig."

Am Ende des Pionierweges biegen wir nach links, auf die befestigte breite Forststraße, die am Isarufer entlangführt. Der Fluss macht hier eine Kurve, Inseln aus Kies und angeschwemmtem Treibholz bieten ideale Brutplätze für Vögel. "Der Fluss ist hier noch so, wie er ursprünglich war", sagt Hellmann und weist auf zwei Gänsesäger, die am gegenüberliegenden Ufer im Wasser schwimmen. Am Wegrand blüht der Seidelbast mit seinem intensiven Duft, und nach ein paar Schritten kommen wir zum Kiesstrand am Georgenstein. Der Felsen im Fluss, auf dem ein vorm Ertrinken geretteter Flößer einst aus Dankbarkeit eine bemaltes Relief des Heiligen Georg errichten ließ, sei der Rest eines Gletschers, erklärt Hellmann. Und Zetz wiederholt den Witz, "den jeder Flößer macht, der hier vorbeikommt": Dass Georg der einzige Heilige sei, der stets mit seiner Frau abgebildet werde. Gemeint ist der Drache.

SZ Grafik

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Ein Stück flussabwärts am alten Wehr trennt sich der schnurgerade Isarkanal vom kurvigen Flusslauf. Hellmann führt uns den Weg am Kanal entlang bis zum abgesperrten Tor am Gelände des Wasserkraftwerks. Dann folgen wir ihm ein Stück ins Unterholz, wo er uns umgeknickte Baumstämme zeigt, die wie angespitzte Bleistifte aussehen: das Werk des Bibers, der seine Burg im Kanal hat. Auf dem Rückweg erzählt der 74-Jährige von dem Uhu, der in der Steilwand nahe dem Klettergarten wohnt. Dann gehen wir weiter auf der Forststraße und biegen nach links auf die alte Römerstraße, die gemächlich den Hang hinaufführt und einst von Augsburg bis nach Salzburg reichte. Oben geht es am Hochufer entlang ein Stück zurück und dann zwischen zwei Hochspannungsmasten hindurch zum Ausgangspunkt. Eine knappe Stunde haben wir die Wildnis genossen. Wie schön sie ist und wie nah wissen selbst in Baierbrunn nicht alle, sagt Stefan Zetz. "Sie kennen den Tegernsee, aber nicht unser Isarufer."

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