Wahlkampf in Bad Tölz:"Kulturfremde Leute"

Lesezeit: 2 min

AfD-Kandidaten: Constantin von Anhalt (l.) und Nicolaus Fest. (Foto: Manfred Neubauer)

Bei der AfD verteufelt Nicolaus Fest den Islam. Sechzig Zuhörer teilen seine Meinung, Deutschland drohe der Untergang

Von Felicitas Amler, Bad Tölz

Tausende hätten das hören müssen, raunt einer beim Hinausgehen seinem Begleiter zu. Eine ältere Dame, gepflegte, modebewusste Erscheinung, mokiert sich, die Leute wollten doch gar nichts wissen. Kürzlich habe jemand, als sie das Thema Sicherheit angesprochen habe, zu ihr gesagt: Ist deine Enkelin etwa schon mal vergewaltigt worden? Im Saal des Tölzer "Starnbräu" ist es an diesem Montagabend nicht nur um innere Sicherheit gegangen, sondern um Größeres: die Rettung Deutschlands vor dem Untergang in eine muslimisch dominierte Unrechtsgesellschaft, in der Frauen ebenso unterdrückt würden wie die Presse; in der es weder Wohlstand noch Frieden gäbe. Nicolaus Fest, Jurist und ehemaliger stellvertretender Chefredakteur von "Bild am Sonntag", hat das düstere Szenario entworfen, dessen Grundthese in Bad Tölz niemand widersprochen hat. Fest ist Berliner Bundestagskandidat der AfD. Seine Partei, so sein Schlusswort, werde mit einem guten zweistelligen Ergebnis in den Bundestag einziehen - und Merkel keine weiteren vier Jahre durchhalten.

Es schwirren berühmte Namen herum, wenn dieser Kandidat spricht. Klassische und konservative Soziologen wie Max Weber, Arnold Gehlen und Helmut Schelsky; die "Zeit" wird zitiert und die "FAZ"; Karl Poppers Theorie der offenen Gesellschaft wird bemüht. Die Botschaft aber, auf die sich zwei Stunden Rede verdichten, ist simpel: "Der Islam ist unser Feind." Und sollte jemand einwenden - was freilich an diesem Abend in Bad Tölz nicht zu befürchten steht -, es gebe doch auch freundliche, friedliche Muslime, dann erwidert Fest: "Waffenstillstand ist keine Friedlichkeit." Feinde? Waffen? Ja, da ist der ehemalige "Bild"-Mann ganz plakativ: "Wir sind im Krieg." Wir, das ist Deutschland. Also das Deutschland all jener, die nicht an Allah glauben. Jene aber, die das tun ("Zwei Millionen sind 2015/16 hier einmarschiert"), seien "kulturfremde Leute - hierher gehören sie nicht".

Da könne Bassam Tibi schreiben, was er wolle: Die Scharia aus dem Islam herauszunehmen, das sei so unmöglich wie "die Bergpredigt aus dem Christentum rauszuoperieren", sagt Fest. Und bevor er das Publikum darum bittet, nach seiner Rede "nicht zehn Minuten Beifall zu spenden", jongliert er noch ein wenig mit statistischen Zahlen zum Zusammenhang zwischen "Leistungsfähigkeit und kultureller Prägung" herum. Es sei nämlich so, dass Muslime - die schon in der Schule "meistens Underperformer" seien - es mit ihrem Anteil von 20 Prozent an der Weltbevölkerung bisher nur auf zwei Nobelpreise gebracht hätten. Dagegen hätten Juden, die aktuell nur 0,2 Prozent der Menschheit ausmachten, schon "x x x Nobelpreise" errungen.

So eine eindeutige Sprache schätzt auch der lokale AfD-Bundestagskandidat Constantin von Anhalt. Er hat eingangs an die Zuhörer appelliert, ihre Meinung doch bitte deutlich zu äußern: "Wenn wir uns ständig verstecken, setzen wir die Zukunft unseres Landes aufs Spiel." Diese Angst treibt offenkundig einige im Saal um; von einem Tisch kommen gleich drei Äußerungen annähernd desselben Wortlauts, wonach die Regierung, explizit die Bundeskanzlerin "Deutschland vernichten" wolle.

Tausende waren es nicht, die das gehört haben. Aber auf sechzig Anwesende ist man hier stolz - umso mehr, als AfD-Schatzmeister Heinz Simon mit hämisch-froher Kunde aus dem "Kolberbräu" kommt: Dort sitze der CSU-Bundestagskandidat Alexander Radwan mit nur 25 Leuten.

© SZ vom 30.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: