Wackersberg:Boarischer Blues

Wackersberg: Als Meister an der Gitarre erwies sich Ferdl Eichner, der sein neues Soloprogramm vorstellte.

Als Meister an der Gitarre erwies sich Ferdl Eichner, der sein neues Soloprogramm vorstellte.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ferdl Eichner reißt das Publikum im Kramerwirt in Arzbach mit

Von Petra Schneider, Wackersberg

Der Starkregen am Freitagabend hat die Isar in einen reißenden Strom verwandelt. Und auch im Kramerwirt unweit des Flusses, wähnt man sich fast wie im Mississippi-Delta, wenn der Ferdl Eichner den Blues spielt. Sein erstes Instrument ist die Bluesharp, die der Lenggrieser ganz bodenständig "Mundharmonika" nennt, Gitarre und Ukulele sind später dazugekommen. Weil sein Duo-Partner John Kirkbride, mit dem er drei Alben gemacht hat, krankheitsbedingt absagen musste, spielt er aus seinem brandneuen Soloprogramm "Hoamad Flow". Seine Songs singt er auf bairisch - über die Freiheit und das Skifahren, über profane Dinge wie die "Wurscht" und über das Glück, das auch ohne Geld zu haben ist.

Neulich habe er im Internet den "World Happiness Index" gefunden, wonach Deutschland auf einer Liste von 160 Ländern immerhin auf Platz 15 gelandet sei. Allerdings noch hinter Costa Rica, "das längst ned so wohlhabend ist wie wir." Sein Fazit: Man müsse sein Leben "Blos lebn", wie es in dem gleichnamigen Song heißt, zu dem er ein Youtube-Video gemacht hat. Auch seine Adaptionen übersetzt er ins Bairische: Zum Beispiel den Fleetwood Mac Song "Oh well", der bei ihm zu "Ja mei" wird und statt mit drei nur mit einer Gitarre gespielt wird.

Oft greift er auf Stücke von Blues-Legenden wie Robert Johnson aus den 1930er Jahren zurück. Auch seine bevorzugte Gitarre ist eine Entwicklung aus dieser Zeit, in der es noch keine Verstärker gab: eine silberne Resonator-Gitarre, die lauter klingt als eine akustische. Geschmeidig lässt er die Finger über die Saiten schnurren und setzt beim Stück "Der Berg ruft" die Loop-machine ein, um einen fortlaufenden Rhythmus zu erzeugen. Ein düsteres, musikalisches Bild in D-moll über den Schorsch, der unter einer donnernden Lawine begraben wird.

Das Gitarrespielen hat sich der 50-Jährige selbst beigebracht wie zuvor das Mundharmonikaspielen. Darin ist er ein Meister, was sich etwa zeigt, wenn er mit dem Instrument lautmalerisch einen Zug imitiert: Das tutet und quietscht, schrubbt und quäkt, wird leiser und hält schließlich an: "Endstation Arzbach", sagt Eichner. Beim Stück "Neulich um kurz nach acht" spielt er zwei Harps gleichzeitig und hält den Ton so lange, dass man schon beim Zusehen Atemnot bekommt. Das Publikum stampft, klatscht und ist kaum mehr zu bremsen, als Eichner im Handstand weiterspielt. Dass man dafür nicht nur sein Instrument, sondern auch seinen Körper beherrschen muss, versteht sich.

Eichner, der in Teilzeit als Zahntechniker in Bad Tölz arbeitet, ist ein passionierter Surfer und Skifahrer. 15 Jahre lang hat er die Nachwuchsmannschaft im Buckelpistenfahren trainiert. Nur ganz kurz "ausschnaufa" müsse er, sagt er nach der Handstandnummer lapidar. Schließlich holt er sich doch noch Verstärkung: Seine Freundin, die Sängerin Carlene Sullivan aus Boston, singt bei zwei Songs, diesmal auf Englisch - hingebungsvoll und mit aufregender Stimme. Seit 30 Jahren kennt der Ferdl den Zither-Manä, der ebenfalls im Kramerwirt ebenfalls als Gast mit dabei ist und am Freitag nicht Zither, sondern Mundharmonika spielt. Haare und Bart des 69-Jährigen sind inzwischen weiß, unverändert geblieben sind das Temperament und der Groove.

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