Vor Gericht:Streit wegen eines Pizzablechs

Ein Asylbewerber beschuldigt eine Sicherheitskraft, ihn geschlagen zu haben. Der Mann streitet das ab

Von Benjamin Engel, Geretsried

Ein 22-jähriger Asylbewerber soll die Attacke eines 45-jährigen Sicherheitsdienstmitarbeiters erfunden haben. Demnach hat ihn der rund doppelt so alte Mann Ende Dezember 2016 in der Geretsrieder Gemeinschaftsunterkunft geschlagen - mit der Faust in Gesicht und Bauch. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft und der Sicherheitskraft stimmt dies jedoch nicht. Deswegen muss sich der Asylbewerber wegen falscher Verdächtigung vor dem Wolfratshauser Amtsgericht verantworten.

Doch bei der ersten Verhandlung am Montag blieb vieles offen - bis darauf, dass sich ein Streit an einem Pizzablech entzündet hatte. Weil weitere Sicherheitskräfte nicht erschienen, die als Zeugen aussagen sollten, wird die Verhandlung erst im Dezember fortgesetzt.

Warum er vor Gericht steht, versteht der Angeklagte nicht. "Obwohl ich der Geschädigte war, wird versucht, dass ich als Schuldiger dastehe", beklagt er sich. "Ich habe die Wahrheit gesagt." Aus seiner Sicht haben ihn die Sicherheitsleute zudem grundlos weiter attackiert. "Ich wurde wie ein Terrorist behandelt", erklärt er. Nach den Schlägen des 45-Jährigen hätten ihn dessen Kollegen an einer Wand fixiert und festgehalten.

Der junge Mann - er kochte mit zwei Freunden - hatte die Sicherheitskraft in dessen Aufenthaltsraum um das Pizzablech gebeten. Doch weil es ihm ungeeignet erschien, gab er es zurück. "Die Sicherheitskraft wollte, dass ich es abspüle", berichtete er. Das tat er und drehte sich um. "Ich habe dann erst einen Schlag in den Nacken bekommen." Vier- bis fünf Schläge habe er insgesamt bekommen.

All das stritt die Sicherheitskraft ab. "Wir haben ihn rausgeschoben", erklärte er. Das demonstrierte er, indem er breitbeinig immer näher an den Richtertisch heranging. Schläge seien nicht gefallen. "Der Angeklagte war aggressiv. Ich hatte das Gefühl, dass er betrunken war." Damit hatte die Sicherheitskraft recht. Eine Blutprobe am selben Tag hatte 1,3 Promille ergeben.

Keiner der beiden Freunde, mit denen der Angeklagte am Tattag kochte, hatte die Schläge gesehen. Die jungen Männer bestätigten aber, dass sie Schreie aus dem Aufenthaltscontainer der Sicherheitskräfte in der Unterkunft gehört hatten. Deshalb wären sie den Geräuschen nachgegangen. Sie hätten aber nur gesehen, wie die Sicherheitskräfte den Angeklagten gegen die Wand drängten. Der habe ihm nur von den Schlägen erzählt, sagte einer der Freunde. "Sein Gesicht war total rot, auch vom Weinen", berichtete er.

Mit seiner Anregung, das Verfahren einzustellen, scheiterte der Verteidiger. Seit zweieinhalb Jahren lebt der Angeklagte eigener Aussage nach in der Bundesrepublik. Im Vorjahr ist er schon einmal wegen Urkundenfälschung verurteilt worden. "Das war bei meiner Einreise in die Bundesrepublik", sagt er.

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