Vor dem Amtsgericht:Das Schweigen nach der Ohrfeige

Gegen den Freund sagt die Verlobte nicht aus - Prozess ist eingestellt

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

Das Paar - eine Frau aus dem Landkreis Weilheim und ihr angeklagter Tölzer Freund - schweigt im Sitzungssaal des Wolfratshauser Amtsgerichts. Kaum zwei Monate nachdem die Frau ihren Lebensgefährten wegen einer Ohrfeige angezeigt hatte, verlobten sich beide. Wie sie erklärt, wolle sie sich nicht äußern. Das Recht gibt ihr die Strafprozessordnung. Demnach kann sich die Verlobte eines Beschuldigten weigern, auszusagen. Amtsrichter Helmut Berger stellte das Verfahren gegen den 58-jährigen Mann vorläufig ein - auch weil ein weiterer Prozess auf den Angeklagten wartet. Der Mann muss sich am nächsten Donnerstag am Weilheimer Amtsgericht wegen Trunkenheit im Verkehr verantworten.

Bis heute hat das Paar getrennte Wohnungen. Im Oktober vergangenen Jahres soll der Angeklagte die Frau in seiner Wohnung mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen haben. Sie hatte Hämatome, eine Platzwunde an der Lippe und Schwellungen. Sie zeigte den Mann an. Doch Amtsrichter Berger zitierte aus einer Mitteilung der Tölzer Asklepios-Klinik. Demnach habe die Frau erklärt, ihre Anzeige zurücknehmen zu wollen.

Von der Zeugin ließ sich der Amtsrichter den Verlobungsring zeigen. Das Stück soll ihr der Angeklagte zu Silvester geschenkt haben. Warum der ungravierte Ring nach nur einem halben Jahr so deutliche Gebrauchsspuren zeige, fragte der Richter. "Ich trage ihn täglich", antwortete die Frau. Ebenso wollte Berger wissen, weshalb sie sich nach ihrer Anzeige mit dem Angeklagten verlobt habe. "Unsere Lebenssituation hat sich verändert", entgegnete die Zeugin. Mittlerweile hielten sie sich fast nur noch gemeinsam in ihren Wohnungen auf. Die Beziehung sei vorher nicht so intensiv gewesen. "In sechs Monaten wollen wir vielleicht heiraten." Weil zur angeklagten Ohrfeige keiner der beiden Verlobten etwas sagen wollte, blieb Amtsrichter Berger nur festzuhalten: "Wir haben wenig bis gar nichts."

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