Vom Kalauer bis zum höheren Blödsinn:Mit Mikrofon und Gefühl

Vom Kalauer bis zum höheren Blödsinn: Sie vereinen das Amüsante, die Musik und das Singen: Das A-Cappella-Ensemble "Amusing" kommt zum letzten Konzert in den "Freiraum".

Sie vereinen das Amüsante, die Musik und das Singen: Das A-Cappella-Ensemble "Amusing" kommt zum letzten Konzert in den "Freiraum".

(Foto: Hartmut Pöstges)

Schwungvoller Auftritt: aMuSing im Freiraum Münsing

Von Reinhard Szyszka, Münsing

Der Bandname wirkt auf den ersten Blick wie ein völlig wirres Gemisch aus Groß- und Kleinbuchstaben. aMuSing - was soll man sich darunter vorstellen? Doch auf den zweiten Blick sieht man, wie geschickt hier drei Wörter in eines verpackt sind: das Amüsante, die Musik und das Singen. Vor zwei Jahren war aMuSing erstmalig im Café Freiraum in Münsing aufgetreten, und am vergangenen Freitag kam die Gruppe wieder. Schon einige Zeit vor Konzertbeginn waren sämtliche Plätze im kleinen Lokal besetzt, und es war ein erfreulich breit gefächertes Altersspektrum, was da erschienen war. Es gab zu essen und zu trinken, und in lockerer Atmosphäre harrte man der Dinge, die da kommen sollten.

Die sechs Herren der Münchner Gruppe aMuSing haben sich der schweren Kunst des A-Cappella-Gesangs verschrieben. Wer sich ganz ohne instrumentale Stütze und in so kleiner Besetzung vor das Publikum wagt, der muss sich seiner Sache - und seiner Stimme - sehr sicher sein. Schutzlos steht man da vor den Zuhörern, und allenfalls die gleichermaßen ungesicherten Kollegen könnten einen auffangen. Die ganz hohe Schule des A-Cappella-Singens, also Polyphonie à la Kings Singers, pflegt aMuSing nicht. Die Münchner verstehen sich als Band, die aktuelle oder klassische Songs zum Besten gibt. Jeweils ein Sänger macht den Solisten, die übrigen fünf imitieren mit ihren Stimmen die Instrumente, das Schlagzeug und den Chor.

Mit dem bekannten Lied "Buona Sera Signorina" eröffnete aMuSing seinen Münsinger Auftritt. Die Sänger sangen mit Mikrofon, und mit viel Stimme, Gefühl und Rhythmus gestalteten die sechs den Hit von Louis Prima aus dem Jahr 1956. Ein besonderer Gag dabei war natürlich die Imitation des gegenüber dem Original noch ausgedehnten Trompetensolos. Anschließend stellte sich die Gruppe vor und erläuterte ihre Vorgehensweise. Neben dem unvermeidlichen Covern fremder Lieder, zum Teil mit witzigen musikalischen und textlichen Adaptionen, setzt sie ihren Ehrgeiz darein, auch eine stattliche Anzahl Eigenproduktionen im Repertoire zu haben. Die Verzweiflung, die den Entstehungsprozess eines Songs oft begleitet, war das Thema des nächsten Lieds: "Schreib mal einen Song". Textprobe: "So ein wenig Lyrik, das ist doch nicht so schwierig."

aMuSing führte das Publikum mit viel Witz und stimmlicher Akrobatik durch den Abend, wobei natürlich auch die Choreografie nicht zu kurz kam. Dass kein Weihnachtlied auf dem Programm stehen würde, kündigten die Musiker gleich zu Beginn an. Einige der sechs Sänger wurden später im Laufe des Abends namentlich vorgestellt. Man lernte Chrissi mit der tiefen Bassstimme kennen, der seine Geschichte im Lied "Es geht hier um den Bass" besang. Auch Bariton Max kam wiederholt namentlich zu Ehren. Andere Bandmitglieder hingegen verharrten in der Anonymität, und das war eigentlich schade. Man hätte doch gerne mit jedem der sechs Gesichter einen Namen verbunden - oder mit gar keinem, wenn sich die Gruppe als erratischer Block versteht. Eine besondere Stärke von aMuSing sind textliche Varianten, die vom bloßen Kalauer bis zum höheren Blödsinn reichen. Lisa Bassenges bekanntes Van-Gogh-Lied wurde einfach umgedreht. Statt "Wär ich van Gogh, wärst du das Ohr" wie im Original hieß es jetzt "Wärst du van Gogh, wär ich das Ohr." Dieser Song war eine der stimmlich virtuosesten und anspruchsvollsten Nummern des Abends und zeigte das hohe Niveau, auf dem aMuSing unterwegs ist. Und "Uptown girl" von Billy Joel entwickelte sich unversehens zur Kühlschrank-Tragödie: "Abtau'n, Girl!"

Als aMuSing nach knapp zwei Stunden das letzte Lied des Abends ankündigte, war es klar, dass das nicht das letzte Lied sein würde, sondern dass noch etliche Zugaben folgen würden. Bei der wirklich allerletzten Zugabe, dem Volkslied "Ade zur guten Nacht" legten die Sänger ihre Mikros beiseite und beschränkten die Schlagzeugimitation auf ein diskretes Minimum. Man möchte ihnen den Mut wünschen, auf diesem Weg weiterzugehen und das Mikrofon öfters mal beiseite zu legen. Sie können es!

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