Vokalensemble Egling:Es ist vollbracht

Vokalensemble Egling: Ein perfekt vorbereitetes Ensemble hat mit der Johannes-Passion die ideale Einstimmung auf Ostern geboten.

Ein perfekt vorbereitetes Ensemble hat mit der Johannes-Passion die ideale Einstimmung auf Ostern geboten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Ensemble wagt sich zum ersten Mal an die Johannes-Passion und schafft mit ihrem ambitionierten Dirigenten Andreas Behrendt eine beachtliche Interpretation

Von Sabine Näher, Schäftlarn

Dieses Konzert am Vorabend des Palmsonntags biete die ideale Einstimmung auf die Karwoche, hatte der Dirigent Andreas Behrendt angekündigt. Und das war nicht zu viel versprochen. Das Publikum in der ausverkauften Klosterkirche Schäftlarn durfte eine Aufführung der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach erleben, die fast durchweg überzeugen und in vielen Momenten tatsächlich beglücken konnte.

Das ist umso erstaunlicher, als sich das 2012 von Behrendt gegründete Vokalensemble Egling erstmals an eine Bachsche Passion herangewagt hat. Diese Tatsache sowie die kleine Besetzung von etwa sechs Sängern pro Stimme (was bei Profisängern ideal, bei Laien eine Herausforderung ist) verdeutlicht die große Leistung - die in hohem Maße dem Chorleiter zuzuschreiben ist.

Behrendt, erst Mitte zwanzig und Student im Masterstudiengang Katholische Kirchenmusik in München, hat seine Schar offenkundig perfekt vorbereitet. Was voraussetzt, dass er selbst über ein tiefes Einfühlungsvermögen in Bachs musikalischen Kosmos verfügt. Und das beweist er an diesem Abend immer wieder. Schon die Orchestereinleitung zum großen Eingangschor "Herr, unser Herrscher" entfaltet sofort diesen tiefen Sog, diesen Strom, der den Hörer mit sich fortträgt. Genau so soll es sein.

Die Orchesterstimmen sind solistisch besetzt, also eine erste Geige, eine zweite Geige, Bratsche, Cello, Kontrabass. Dazu kommen zwei Flöten und zwei Oboen, Fagott, Truhenorgel und Cembalo. Das Continuo ist folglich mit den beiden Tasteninstrumenten, Fagott, Cello und Kontrabass vergleichsweise gut bestückt - und ermöglicht einen variablen Einsatz, den Behrendt klug organisiert. So werden die Rezitative Jesu' nur mit Orgel und tiefen Streichern begleitet, was ihnen Majestät verleiht. Bei den Rezitativen des Evangelisten kommt die ganze Continuo-Gruppe zum Einsatz, um deren Lebendigkeit, durchaus auch Dramatik, entsprechend zu illustrieren.

In Oliver Kringel hat Behrendt einen sehr jungen und absolut überzeugenden Evangelisten gewonnen. Seine helle, gut geführte, schön timbrierte Stimme ist das eine; seine kluge Gestaltung und sein perfekter Erzählton (nichts schlimmer, als wenn der Evangelist sich hier auf Schöngesang verlegt) das andere. Daniel Weiler verkörpert den Christus-Part, wie man sich ihn vorstellt: Ihn umgibt eine Aura der Erhabenheit und zugleich Demut. Sein warmes Timbre trägt das Seine zur eindringlichen Wirkung bei.

Auch bei der Auswahl der Arien-Sänger hat Behrendt eine glückliche Hand: Verena Schmid ist ein junger Sopran mit Silberschimmer, der die extremen technischen Anforderungen dieser Partie bravourös und mit großer Einfühlsamkeit bewältigt. Die Altistin Barbara Hölzl, Tölzerin wie Behrendt, braucht man in der Region nicht mehr vorzustellen. Ihre Ausdruckskraft und ihre wunderschöne Stimme mit dem warmen Bronzeton sind immer wieder ein beglückendes Erlebnis. Die Bass-Arien übernimmt Christus-Sänger Daniel Weiler, und auch er überzeugt auf ganzer Linie.

Dieses Vorgehen ist übrigens ungewöhnlich, da man aufgrund der besonderen Bedeutung der Jesus-Partie meist einen separaten Arien-Bass besetzt. Gleiches gilt für die Tenor-Arien, die der Evangelist nur selten mit übernimmt. In Schäftlarn gab es daher auch einen weiteren Tenor, Paulus Fischer, der indes leider den Anforderungen der Partie nicht gewachsen war. Das mag eine reine Nervensache gewesen sein; eine Beeinträchtigung des Gesamterlebnisses blieb es gleichwohl.

Einige besonders gelungene Momente seien herausgegriffen. Da sind zwei Arien unbedingt zu erwähnen: "Es ist vollbracht": Nur von Orgel und Cello begleitet, entfaltet Hölzl tiefste Innigkeit. Wunderbar der folgende Tutti-Aufschwung "Der Held aus Juda siegt mit Macht". Dank Lautenzug ein ganz zartes Cembalo, eine Klagelied singende Flöte und Oboe über dem samtenen Grund von Fagott und Orgel illustrieren die erschütternde Sopran-Arie "Zerfließe, mein Herze".

Dem Chor gelingen viele schön ausgestaltete Choräle, die Behrendt ganz organisch atmen lässt, und großartige Turba-Chöre. "Sei gegrüßet" hätte allerdings mehr Hohn entfalten dürfen; "Wer hat dich so geschlagen" mehr Betroffenheit. Positiv zu erwähnen auch die gut gelungenen Übergänge zwischen Rezitativen und Choreinsätzen, die immer im Fluss blieben. Mit dem trostreichen Chor "Ruht wohl" und dem kraftvollen Choral "Ach, Herr, lass dein lieb Engelein" setzte der Chor Glanzpunkte zum Schluss.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: