Vogelgrippe:Hühner unter Hausarrest

Vogelgrippe: Auslauf ist eine Voraussetzung für Biozertifizierung. Doch in Zeiten der Vogelgrippe müssen nun auch Biohühner bayernweit in den Stall.

Auslauf ist eine Voraussetzung für Biozertifizierung. Doch in Zeiten der Vogelgrippe müssen nun auch Biohühner bayernweit in den Stall.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei einer toten Reiherente vom Starnberger See wird das Virus nachgewiesen. Das Landratsamt ordnet eine Stallpflicht für Geflügel an. Was bedeutet das für Bio-Eier?

Von Claudia Koestler

Auf der weitläufigen Wiese nach Futter picken, die letzten Sonnenstrahlen des Jahres auf das Gefieder scheinen und den Herbstwind um den Schnabel wehen lassen: Sowohl für die Hühner am Münsinger Loth-Hof wie für Hausgeflügel in ganz Bayern ist es damit jetzt vorbei. Aus Sorge vor einer Ausbreitung der Vogelgrippe hat das Umweltministerium von Freitag an eine allgemeine Stallpflicht für Haus- und Nutzgeflügel angeordnet. Umsetzen müssen diese Anordnung die Kreisverwaltungsbehörden.

Nur wenige Stunden zuvor hatte das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen bereits selbst eine drei Kilometer breite Schutzzone mit Stallpflicht am Ostufer des Starnberger Sees ausgerufen. Nachdem am 15. November an einer am Ammersee gefundenen, toten Lachmöwe das hochansteckende Virus nachgewiesen wurde, gibt es nun nämlich einen bestätigten zweiten Fall von Vogelgrippe im Fünfseenland, diesmal am Starnberger See. Es handelt sich um eine verendete Reiherente, die am Westufer bei Feldafing gefunden worden war. Das Friedrich-Löffler-Institut hat das Tier inzwischen untersucht und den derzeit grassierenden Virustyp H5N8 nachgewiesen: Auch diese Ente ist an der Vogelgrippe verendet.

Das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen reagierte nach dem Befund am Freitag deshalb sofort und richtete zunächst eine sogenannte Beobachtungszone am Starnberger See ein. Halter müssen "ihr Geflügel aufstallen", um jeglichen Kontakt mit Wildvögeln zu vermeiden, heißt es in der entsprechenden Mitteilung aus dem Landratsamt, die nun aber von der bayernweiten Anordnung überholt wurde.

Der Bio-Landwirt und Hühnerzüchter Nikolaus Mair aus Münsing steht mit der behördlichen Anordnung einer Stallpflicht für seine rund 400 Legehennen und 200 Masttiere aber vor einem Problem: "Als zertifizierter Biobetrieb ist es uns vorgeschrieben, dass unsere Hühner Auslauf haben", sagt er. Nicht nur sind es seine Tiere gewohnt, auf den rund zwei Hektar großen Wiesen frei umherlaufen zu können. Zwar können die Tiere in mobilen Anlagen auch eingesperrt werden. "Aber das bedeutet ziemlichen Stress für die Hühner", weiß Mair. Noch problematischer aber ist, dass der Auslauf an der frischen Luft nun mal Bedingung für den Verkauf ihrer Eier unter dem Bio-Siegel ist.

Ausnahmegenehmigungen von der Stallpflicht werden allerdings auch für Biobetriebe nicht erteilt, betont das Landratsamt: "Das Risiko für eine weitere Verbreitung soll minimiert werden, so dass von der Allgemeinverfügung auch in einem solchen Fall nicht abgewichen wird", heißt es von Seiten der Behörde.

Existenzbedrohend wird es jedoch nicht für Mair. "Wir müssen vor unserem Verband die behördliche Anordnung belegen, damit wir die Zertifizierung behalten und die Eier in dieser Ausnahmesituation trotzdem als Bio-Eier weiter verkaufen können", erklärt er.

Darüber hinaus gelten mit der Anordnung einer Schutzzone auch für die Geflügelhalter bestimmte Verhaltensregeln: Unter anderem müssen die Eingänge zu den Geflügelhaltungen mit Desinfektionsbecken für Schuhe ausgestattet werden. Betriebsfremde Personen dürfen die Ställe nur mit betriebseigener Schutzkleidung oder Einweganzügen betreten. Alle Gerätschaften, die bei der Aufstallung im Einsatz sind, müssen nach ihrem Gebrauch gereinigt oder desinfiziert werden. Das gilt auch für Transportfahrzeuge oder Behälter, die das Virus tragen könnten.

Die Verfügung zur Stallpflicht veröffentlicht das Landratsamt auf seinen Internetseiten und über die Medien. Einzelne Betriebe und Halter werden nicht gesondert von der Behörde angeschrieben. "Geflügelhalter im Landkreis, die ihr gehaltenes Geflügel noch nicht gemeldet haben, sollen ihrer Pflicht umgehend nachkommen und sich beim Veterinäramt melden", bittet das Landratsamt. Auch wer einen toten Wasservogel findet, soll sich mit dem Veterinäramt in Verbindung setzen. "Einen toten Vogel sollte man nur mit Schutzhandschuhen anfassen und in eine Plastiktüte verpacken", warnt das Landratsamt.

Der Virustyp H5N8, der sich derzeit verbreitet, ist nach Angaben der Kreisbehörde für den Menschen nicht ansteckend - nach den derzeitigen Kenntnissen auch nicht für andere Säugetiere. Allerdings können Hunde die Erreger transportieren. Deshalb empfiehlt das Landratsamt, Hunde nicht frei laufen zu lassen. Verbreitet wird das Virus vermutlich durch Tröpfcheninfektion und Kot.

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