Vespa- und Mopedtreffen:Klassiker mit 50 Kubik

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Beim ersten Vespa- und Mopedtreff in Kochel kamen Fans der Zweiräder aus den Siebzigern auf ihre Kosten, auch wenn sich der Zulauf in Grenzen hielt. Veranstalter Rudi Schmid plant für kommendes Jahr eine Neuauflage

Von Susanne Hauck, Kochel am See

Kreidler, Zündapp, Hercules: Bei diesen Namen leuchten die Augen von Peter Roßberger und Igor Pelivan auf, und nicht bei Yamaha, Kawasaki oder BMW. Moped-Klassiker der Siebzigerjahre sind es, die sie mögen. Selbst wenn bei Kreidler seit 1982 und bei Zündapp seit 1984 das Band still steht, und auch die Marke Hercules eigentlich nicht mehr produziert. Die großen Zeiten sind schon lang vorbei, die Führerscheinumstellung 1980 und die verteuerten Versicherungsbeiträge führten zum Niedergang der Mopeds, Mokicks und Kleinkrafträder, die auf Namen wie "Florett" oder "Sprint" lauteten und 40 bis 80 Stundenkilometer liefen. Roßberger und Pelivan sind beide Anfang 50 und lassen sich vor der "Oskar-von-Miller-Einkehr" am Walchenseekraftwerk ein Schnitzel schmecken. Hier findet der erste Kochler Vespa- und Mopedtreff statt, zu dem die Penzberger mit ihren fuchsschwanzgeschmückten blauen Zündapps Baujahr 1973 und Baujahr 1976 gekommen sind. Roßberger und Pelivan haben sich mit den klassischen "Fuchzgern", die wegen der 50 Kubikmeter Hubraum so heißen, vor ein paar Jahren einen Jugendtraum erfüllt. Als junge Burschen konnten sie sich das nicht leisten. "Eine Hercules hat 4000 D-Mark gekostet, eine Yamaha nur 2000", sagt Roßberger, der schätzt, dass für ein gut erhaltenes altes Moped heute 1000 bis 3000 Euro verlangt werden.

Mit rund 20 Oldie-Zweirädern stehen Sonntagnachmittag um halb zwei Uhr nicht allzu viele Fahrzeuge vor dem Lokal, ihre Besitzer haben sich vor der sengenden Sonne unter die angenehm kühle Pergola geflüchtet, wo sie fachsimpeln und der Live-Band zuhören. Die Veranstaltung findet zum ersten Mal statt, sagt Rudi Schmid, der Wirt der Einkehr, der selbst bekennender Vespa-Fan ist. Ein paar Spezln und er hätten beschlossen, "wir machen das einfach mal" und sich davon überraschen lassen, wie viele Leute kommen. Am Vormittag sei mehr los gewesen, sagt Schmid: 40 bis 50 Motorräder habe er gezählt. Für die Premiere ist der Wirt mit der Resonanz des Vespa- und Mopedtreffs trotzdem ganz zufrieden: Er hat aber gelernt, dass er die Veranstaltung noch mehr bewerben und vor allem mehr Vespaklubs einladen muss. "Nächstes Jahr machen wir den Treff aber garantiert wieder", verspricht er.

Flitzer aus dem Osten: Die Simsons von Barbara, Inge und Regina (v.li.) wurden noch in der DDR gefertigt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die meisten Gäste, die nachmittags noch hier sitzen, sind aus der Umgebung von Kochel, wie etwa Stefan Pahle aus Ried, der eine schon mehrfach gespachtelte weißgraue Vespa Baujahr 1973 sein eigen nennt. Er hat sie vom Schwiegervater geerbt. Auch für den 53-Jährigen ist der Roller immer ein Jugendtraum gewesen. "Nach dem Führerschein war erst kein Geld da, und dann hab' ich ein Auto gekauft."

Etliche Vespas sind hier versammelt, die über und über mit Stickern von Pass-Strecken beklebt sind. Glossglocknerpass, Splügenpass, Nufenenpass, Manghenpass. Stolze Beweise dafür, dass die Roller über die Alpen gekommen sind. Auf der vom Ehepaar Kupfer auf Hochglanz polierten weißen Vespa, der man ihre 30 Jahre nicht ansieht, ist allerdings kein einziges Klebeetikett zu sehen. Haben sie sich etwa nicht über die Dolomiten gewagt? Doch, natürlich schon, ist die Antwort. Aber die Pass-Bildchen würden sie nicht auf den Lack pappen. Denn wenn sie ihren Oldie verkaufen, wären ja die Souvenirs weg. Ihre Sticker haben sie zusammen mit dem passenden Erinnerungsfoto zuhause an die Wand gehängt. Die Kupfers müssen jetzt heim nach Landsberg, gekommen waren sie extra wegen dem Wirt Rudi Schmid, dessen treue Gäste die beiden schon lange sind.

So langsam leert sich der Platz vor der Oskar-von-Miller-Einkehr. Aber halt, da stehen noch drei dem Laien unbekannte Modelle, alle sehen recht altertümlich aus. Eine gelbe "Schwalbe" Baujahr 1983, zwei "Star" aus den Siebzigern. Herstellername: Simson. Die Besitzerinnen sind schnell ermittelt: Es ist ein munteres junges Damen-Trio aus Großweil. Simson sei die Moped-Marke der DDR gewesen und wegen dem Spitzentempo von 60 Stundenkilometern sehr beliebt, erzählen Regina, Inge und Barbara, die beim Vornamen bleiben. Eigentlich hätten sie gar nicht vorgehabt, sich solche Oldtimer zuzulegen. Mehr aus Spaß seien sie vor zwei Jahren nach Oberau gefahren, wo ein Sammler seine Zweiräder verkaufte. 900 Euro hätten sie für die beiden älteren Modelle zusammen bezahlt. Ihre Männer hätten die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als sie mit den Simsons nach Hause kamen. Das hätte sie erst recht angestachelt, freuen sich die Mädels. Welch ein Triumph, als sie die alten Dinger nach etlichen Stunden in der Werkstatt wieder richtig zum Laufen gebracht hätten, ganz ohne männliche Hilfe.

Gut erhaltene Klassiker aus den 1970er-Jahren wie die Kreidler im Vordergrund lassen die Herzen der Moped-Fans in Kochel höher schlagen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

In der Zwischenzeit sind auch Igor Pelivan und Peter Roßberger auf ihren motorisierten Zweirädern davon geknattert, sie müssen sich noch mit ihren Kumpels, den Freitagskickern, treffen. Der Fuchsschwanz weht im Fahrtwind.

© SZ vom 06.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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