Neuer Raum für Kultur und Begegnung:Voller Möglichkeiten

Johanna Zantl eröffnet einen neuen Kulturraum mit dem klingenden Namen "Eichengrund".

Von Petra Schneider, Bad Tölz/Wackersberg

Eine alte Holztür lehnt an einer Wand: Die Maserung des Holzes, die Astlöcher und Nägel - eine gewöhnliche Tür, vielleicht von einem Stall oder einer Scheune. Aber die Tür ist nicht aus Holz, sondern aus Pappe und die Maserung mit Pastellkreide aufgemalt. Geschaffen hat dieses naturalistische Kunstwerk Sabrina Hohmann. Es ist eines von vier Werken einer kleinen Ausstellung unter dem Titel "Vorstellungen", mit der die ehemalige Buchhändlerin Johanna Zantl einen neuen Raum für Kultur und Begegnung eröffnet.

Dafür hat sie den einstigen Eselstall ihres Hauses an der Eichenstraße umgebaut: Ein etwa 50 Quadratmeter großer Raum, in dem 30 Gäste Platz finden, Eichenholzboden, Fensterfront zum Wiesengrundstück, ein Klavier. Normalerweise findet sich hier eine psychotherapeutische Praxis, einmal im Monat wird er künftig zum Kulturraum "Eichengrund".

An einer Wand sind filigrane Grasbüschel mit Bleistift gezeichnet, erst bei näherem Hinsehen entpuppen sie sich als Gedichtfragmente von Walt Whitman, Sappho, Oswald von Wolkenstein oder Rose Ausländer. In stundenlanger Arbeit, liegend, hat Hohmann die Wortgräser für die viertägige Ausstellung in die Wand eingeschrieben. Sie sollen bleiben und die Besucher der folgenden Veranstaltungen inspirieren. Vor allem ausgewählte Filme will Zantl im Eichengrund zeigen, das sei ihr ein besonderes Anliegen: Stummfilme mit Klavierbegleitung, Dokumentarfilme, kleine Perlen im Mainstream-Meer. Zudem soll es Lesungen, Konzerte und jeden zweiten Sonntag ein offenes Singen mit der Schlierseer Altistin Edeltraud Knabel geben. Auch wöchentliche Leseübungen mit jugendlichen Flüchtlingen bietet Zantl an.

Der Kulturraum solle aber "etwas Kleines, Intimes" bleiben, betont sie. Denn parken könne man nicht in der Eichenstraße und die Nachbarn sollen durch die Veranstaltungen nicht gestört werden, das ist ihr wichtig. Vor einem Jahr hat Zantl ihre Buchhandlung "Winzerer" an eine Nachfolgerin übergeben, sich nun dem gepflegten Müßiggang hinzugeben, ist ihre Sache aber nicht: "Ich bin mit meiner ganzen Kraft noch da, habe die Kontakte und den Raum. Warum soll man das abschneiden, wenn es so viel Spaß macht." Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei, "ein Unkostenbeitrag willkommen", heißt es im Flyer.

Sabrina Hohmann, Witwe des 2008 verstorbenen Weizsäcker-Sohnes, Bildhauers und Hochschullehrers Andreas von Weizsäcker, ist eine renommierte Künstlerin: Sie hat Bildhauerei an der Kunstakademie in München studiert, diverse Preise bekommen und sich mit Kunst im öffentlichen Raum und mit Einzelausstellungen einen Namen gemacht. 2001 hat sie mit ihrem Mann das Atelier in der ehemaligen "Quellenwirtschaft" in Wackersberg gepachtet, seit 2008 wohnt sie dort. Inmitten grüner Wiesen ist auch der lebensgroße Esel aus Bronze für die Ausstellung entstanden. Naturalistisch, aber nicht grau sondern weiß, nicht störrisch, sondern beinah erhaben. Ohne die typischen Attribute wird er zur Projektionsfläche. Selbstverständlich wie das Gras an der Wand, aber wie dieses voller Möglichkeiten. Oder wie die Holztür aus Pappe, die den ehemaligen Stall verschließen wird: mit einem Bild, einer Vorstellung.

Eröffnung "Eichengrund" und Vernissage mit Einführung von Stephan Conrady, 30. April, 18 Uhr, Eichenstraße 1, Bad Tölz, Ausstellung 1. bis 4. Mai, täglich 15 bis 19 Uhr.

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