Monatelang hat Theresa Zurmühl dafür trainiert - immer und immer wieder Räder schlagen, aber ohne Hände, mehr ein Salto seitwärts, die Turner nennen es freies Rad. Sie überschlägt sich erst am Boden, denn dann geht es auf den zehn Zentimeter schmalen Schwebebalken. Theresa hat gerade erst ihren elften Geburtstag gefeiert, doch sie trainiert schon fünfmal pro Woche jeweils drei Stunden. Nach einem dreiviertel Jahr hat sie ihren "inneren Schweinehund" überwunden, wie ihre Trainerin Angela Birck sagt. Die Turnerin vom TSV Penzberg zeigt das freie Rad auf dem Balken bei den oberbayerischen Meisterschaften Anfang Mai in Unterföhring - und holt den Titel.
"Wenn man etwas Neues schafft, dann ist das immer ganz toll", sagt Theresa über das Turnen. "Und wenn man einen Salto macht und fliegen kann. Ein richtig cooles Gefühl."
Tatsächlich war Theresa bei den Bezirksmeisterschaften die einzige Turnerin ihrer Altersklasse. Das bedeutet nicht, dass die Konkurrenz nicht groß ist. Im Gegenteil: Die im Pflichtprogramm des Deutschen Turnerbunds vorgegebenen Übungen sind so schwer, dass in ganz Oberbayern nur noch die Elfjährige mitkommt, und im Rest des Freistaats nach Schätzung ihrer Trainerin vielleicht noch ein halbes Dutzend Mädchen dazu in der Lage ist.
Theresa Zurmühl hebt ab auf dem Schwebebalken, der aber nicht zu ihren Lieblingsgeräten zählt. Dann schon eher der Stufenbarren.
(Foto: oh)In den Vorjahren hat sie auch schon bayerische Meistertitel geholt und sehr gute bundesweite Platzierungen. Aber wenn man Theresa nach ihrem schönsten Erfolg fragt, dann nennt sie sofort den Mannschaftswettbewerb beim Turn-Talentschul-Pokal, wo sie mit ihren Freundinnen einen dritten Platz gewann. "Sie ist ein sehr soziales Kind und steht für ihr Team ein", lobt Trainerin Angela Birck. "Einfach ein feiner Kerl." Überhaupt unterstütze die ganze Familie Zurmühl den TSV Penzberg.
Mit viereinhalb Jahren hat Theresa mit dem Turnen angefangen. Mehr aus Zufall, erzählt ihre Mutter Gaby. Sie konnte Theresa damals nicht rechtzeitig bei einer Freundin abholen, also ging sie mit zum Training. Erst zweimal pro Woche, mit sieben Jahren schon dreimal, mit acht viermal. Seit sie neun Jahre alt ist, trainiert sie fünfmal pro Woche, zweimal in Penzberg und dreimal am Leistungszentrum München - immer mit Angela Birck und immer mit deren Tochter Julia, bis diese vor einem Jahr nach Chemnitz in den Olympiastützpunkt mit Sportinternat wechselte.
Theresa hat gerade erst ihren elften Geburtstag gefeiert.
(Foto: privat/oh)Selbst die Mutter bewundert Theresas Disziplin: Wenn ein Kindergeburtstag zu Trainingszeiten ansteht, geht das Training vor. Und trotzdem bleibt noch Zeit für ihre Freunde, fürs Geige spielen und Ballett. Doch wenn Theresa ein paar Tage ohne Turnen ist, fängt sie an, zu Hause Räder zu schlagen oder im Garten an der Reckstange zu turnen. Ihr Ziel ist es, einmal in der Bundesliga anzutreten. "Mal sehen, ob ich das schaffe."