Trachten Kirner :Rita Braun hört auf - diesmal wahrscheinlich wirklich

Rita Braun Trachten Kirner

Von Ottfried Fischer bis Liz Taylor haben schon viele Prominente bei ihr eingekauft. Doch jetzt hat Rita Braun genug.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die 85-jährige Geschäftsfrau will ihren Trachtenladen in Bad Tölz endgültig aufgeben

Von Claudia Koestler, Bad Tölz

Jetzt aber! Es sei ihr wirklich ernst dieses Mal, sagt Rita Braun. Die Inhaberin des Traditionsgeschäftes "Trachten Kirner" möchte "offiziell mitteilen, dass ich mich endgültig entschlossen habe, mein Geschäft aufzugeben", schreibt sie und hat zur Bekräftigung die örtliche Presse auch gleich ins Geschäft eingeladen.

Immer wieder habe sie mit der Entscheidung, sich aus dem Berufsleben zurückziehen, gerungen, sagt Braun. "Und immer wieder habe ich es verschoben", sagt die heute 85-Jährige, die seit 67 Jahren das Trachtenmodengeschäft führt, wo es auf 800 Quadratmetern quasi alles gibt, vom Wadenstrumpf bis zur Wildlederjoppe, und jede Menge Fotos und Devotionalien berühmter Kunden noch dazu.

In der Tat hatte Braun in den vergangenen Jahren immer wieder davon gesprochen, die Geschäfte in jüngere Hände übergeben zu wollen und hatte unter anderem sogar in einer Sendung des Bayerischen Rundfunks einen Nachfolger gesucht. Doch nun sei in kürzester Zeit viel passiert, was sie nun veranlasst, das Geschäft tatsächlich aufzugeben, in dem sich schon Stars wie Ottfried Fischer, Rosi Mittermaier und sogar Liz Taylor einkleideten. Erst sei Braun im Juni Opfer eines Ladendiebstahls geworden. Dann sei eine Kundin im Laden ausgerastet und habe aus Wut mit einem Teppichmesser einen Trachtenjanker zerschnitten. Und schließlich kam noch Brandstiftung hinzu: "Ein junger Mann Mitte vierzig wollte sich vorherige Woche Lodenmäntel ansehen", erinnert sich Braun. "Die lagern im Keller, und da habe ich ihn hingeschickt, damit er sich in Ruhe umsehen kann", sagt Braun weiter. Ohne etwas zu kaufen, sei er wieder gegangen.

Doch kurz darauf habe sie Brandgeruch bemerkt, schwarze Wolken seien aus dem Keller gequollen. Feuerwehr und Polizei fanden eine verbrannte Schürze am Boden des Kellers, in der Nähe eine Flasche Nagellack und jede Menge Kartonagen. "Wenn das Feuer darauf übergegriffen hätte, wäre es schlimm ausgegangen", sagt Braun. Seit diesem Vorfall schlafe sie schlecht, und plötzlich sei sie misstrauischer. "Das belastet mich", sagt sie.

Dass die Polizei sie zu all dem Ärger und dem Schock noch gefragt habe, ob sie den Brand selbst gelegt habe, das sei ihr ans Herz gegangen. "Ich frage mich, wie man zu so einem Verdacht kommt", empört sich die 85-Jährige. Und kommt zum Schluss: "Ja Mensch, bin ich denn bescheuert, mir das noch weiter anzutun?" Ihre Kinder wollten das Geschäft jedoch nicht übernehmen, und die bisherigen Aufrufe zur Nachfolge hätten nicht zum gewünschten Erfolg geführt. "Ich habe einen guten und netten Kundenstamm von etwa 5000 Adressen, und zu dem suche ich einen guten und netten Nachfolger", bringt sie es auf den Punkt. Doch viele potenzielle Sukzessoren, mit denen sie im Gespräch sei, argumentierten mit der Lage: "Sie sagen, die Besucherzahlen in Tölz seien rückläufig, und Innenstadt sei schwierig, denn der Trend gehe zu den großen Outlet-Zentren", berichtet Braun. Andere wollten die Abstandszahlungen für das große Warenlager in Raten begleichen, "und darauf lasse ich mich in meinem Alter doch nicht mehr ein." Doch eines betont sie: Von einem geeigneten Nachfolger will sie ihren Ruhestand diesmal nicht abhängig machen.

In 14 Tagen soll deshalb der Räumungsverkauf beginnen, "und ich hoffe, dass es in einem halben Jahr zum Abschluss kommt". Pläne für die Zeit danach habe sie jedenfalls genug. Ob es allerdings nicht doch noch einen Rücktritt vom Ruhestand geben könnte, so ganz kategorisch weist sie den Gedanken nicht vom Tisch: "Wer weiß schon, was wird? Der Mensch denkt und Gott lenkt." Ein neuer grüner Teppich für das Geschäft ist jedenfalls schon mal bestellt.

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