Tölzer Prügel:Klimaneutral genießen

Was die Innere Mongolei mit dem Wolfratshauser Flussfestival zu tun hat...

Von Matthias Köpf

Ob das Wetter und das Klima nun zwei verschiedene Themen sind oder nicht vielleicht doch ein und dasselbe, darüber grübeln die Meteorologen und die Klimaforscher gerade wieder besonders intensiv. Was die Stadt Wolfratshausen und ihre Veranstaltungen betrifft, so ist die Lage aber neuerdings eindeutig: Denn mit dem Wetter hat sie meistens Pech. Mit dem Klima dagegen ist beim zweiten Wolfratshauser Flussfestival, das am 3. Juli beginnt, alles im Reinen. Ein Sponsor hat nämlich dafür gesorgt, dass das ganze 17-tägige Festival von Helmut Schleich bis zu den Carmina Burana klimaneutral ablaufen wird, indem er ausweislich eines Zertifikats 60 Tonnen CO₂ wenn schon nicht im Voraus zum Verschwinden gebracht, so doch immerhin anderswo am Entstehen gehindert hat.

Dieser Sponsor ist das Geretsrieder Unternehmen Tyczka Totalgaz, das sich stets viel auf seine nachhaltige Grundeinstellung zugute hält, aber zugleich fossile Energie verkauft und unter anderem die Marktführerschaft bei Flaschengas beansprucht. Mit Tyczkas Gasflaschen ließen sich auch gut Heizpilze betreiben, wenn es mit dem Wetter wieder nicht klappt, aber dann müssten die Stadt Wolfratshausen und ihr Sponsor respektive ihre Starnberger Unternehmensberatung "Zukunftswerk" wohl Emissionsrechte nachordern. Dieses Zukunftswerk, in dem der frühere Tyczka-Geschäftsführer Peter Frieß einer von zwei Vorständen ist, hat für das Flussfestival CO₂-Emissionen von insgesamt 60 Tonnen errechnet. Die "Klimarebellen by Zukunftswerk" bescheinigen mit einem eigenen Zertifikat, dass Tyczka Totalgaz für das Festival Emissionsrechte in dieser Höhe aufgekauft und aus dem Verkehr gezogen hat, und zwar aus einem Klimaschutzprojekt in der Inneren Mongolei, wobei der genannte Link von der Zukunftswerk-Homepage dann doch zu einem Projekt in Honduras führt.

Irgendwo da wird jetzt womöglich weniger verheizt, und zugleich ist sich die Stadt Wolfratshausen laut einer Pressemitteilung ihrer "besonderen Verantwortung als öffentliche Einrichtung gegenüber kommenden Generationen bewusst und hat entsprechend gehandelt". Somit könnten "die Veranstalter, die Künstler sowie die Besucher klimaneutral die zahlreichen Veranstaltungen des Flussfestivals an der Floßlände Wolfratshausen besuchen und genießen." Karten sind im Bürgerbüro oder über München-Ticket erhältlich, Zertifikate gibt es beim Zukunftswerk.

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