Tölzer Kursaal:Geschichten vom Liebesschmerz

Tölzer Kursaal: Liebeslust, Liebesleid: Sopranistin Iris Prégardien, Atsuko Heuberger (Klavier) und Tenor Julian Prégardien (v. li.) beim Liederabend im Kursaal.

Liebeslust, Liebesleid: Sopranistin Iris Prégardien, Atsuko Heuberger (Klavier) und Tenor Julian Prégardien (v. li.) beim Liederabend im Kursaal.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Iris und Julian Prégardien begeistern mit Kunstliedern der Romantik

Von Leonard Scharfenberg, Bad Tölz

Wer nach spannenden Geschichten mit Charakteren sucht, mit denen man sich leicht identifizieren kann, der geht normalerweise ins Theater, wahlweise ins Kino. Auf einem andere Art bekamen Freunde mitreißender Erzählungen im Tölzer Kursaal großartige Unterhaltung geboten: Die Sopranistin und Musiklehrerin Iris Prégardien trat dort zusammen mit ihrem Mann, dem Tenor und Opernsänger Julian Prégardien, vor mehr als 200 Gästen auf. Begleitet von drei Instrumentalisten der Tölzer Musikschule bot das Paar Kunstlieder romantischer Komponisten dar.

Kunstlieder sind oft bewegende Erzählstücke über innere oder zwischenmenschliche Konflikte. Das ist in Robert Schumanns "Unter'm Fenster" nicht anders, das am Beginn des Abends stand. Die gewitzte Geschichte handelt von einem verliebten jungen Mann, der nachts vorm Zimmer seiner Angebeteten um Einlass bittet. Die innere Konflikt der Frau wird dabei nicht bloß durch die Komposition spürbar, auch der gefühlvolle Gesang der beiden Künstler zog das Publikum in die Geschichte des verliebten Pärchens. Dem folgte das dramatische Duett "Liebhabers Ständchen", ebenfalls von Schumann. Der Liebende bittet auch darin um eine Nacht bei der Begehrten, die ihn jedoch entschlossen abweist. Der Konflikt spielte sich nicht nur musikalisch und textlich ab; die Sänger, die beide eine Karriere an der Oper hinter sich haben, garnierten die Musik mit einer dem Schauspiel gleichenden Mimik. Begleitet vom fulminanten Klavierspiel der Pianistin und Musikschullehrerin Atsuko Heuberger gelang es ihnen, regelrecht Bilder in die Luft des Kursaals zu malen.

Das virtuose Spiel der drei Instrumentalisten ließ sich danach bei Ludwig van Beethovens "Gassenhauertrio" bewundern. Getragen vom weichen Klang des Cellisten Emil Bekir begann das Trio mit dem langsamen Walzer. Bekir, ebenfalls Musikschullehrer in Bad Tölz, entlockte seinem Instrument eine Bandbreite von süßlichen bis zu dramatisch düsteren Klängen. Dazu stieß die Melodie der Klarinette, gespielt von Musikschulleiter und Orchestermusiker Harald Roßberger. Von wehmütigen Seufzern bis hin zu kecken Melodien gestaltete er meisterhaft die Oberstimme des abwechslungsreichen Trios. Untermalt wurden die Melodien vom dynamischen Spiel Heubergers. Es wirkte fast ein bisschen, als wollten nun auch die Sänger dem Publikum noch mehr ihr Können beweisen. Iris und Julian Prégardien sangen jeweils ein Solostück, das den klanglichen und dynamischen Umfang ihrer Stimme zur Geltung kommen ließ. Der Tenor wählte dafür das Lied "Der Hirt auf dem Felsen" von Franz Schubert. Die alpin eingefärbte Melodie des Stückes, das sich um einen sein "Liebchen" vermissenden Hirten dreht, steckt voller Tonmalerei. So wiederholt die Klarinette, die Prégardien begleitete, oft die letzte Sequenz der Melodie, was den Zuhörer sofort an den Effekt eines Echos in den Bergen erinnerte. Das Stück verfügt zudem über einen in anderer Tonart geschriebenen Mittelteil, in dem Schubert die verzweifelte Einsamkeit des Berghirten beschreibt. Das abwechslungsreiche Werk schien wie geschrieben für Prégardien, der es mit Leichtigkeit schaffte, trotz mehr als zehn Minuten sehnsüchtigen Kunstliedes das Publikum an sich zu binden. Iris Prégardien bot - gemeinsam mit Cello und Piano - das "Geistliche Wiegenlied" von Johannes Brahms dar. Die wehmütige Melodie, der wunderschöne, packende Gesang und die sanften Cellotöne ließen das Publikum auf ihren Sitzen dahinschmelzen.

Das Musiker-Paar, das mittlerweile ins Tölzer Land gezogen ist, beendete das Konzert mit fünf Brahms-Arrangements von Wolfgang Renz, die an diesem Abend im Kursaal uraufgeführt wurden. Zusammen mit den drei Instrumentalisten erzählen sie in der Zusammenstellung romantischer Lieder die Geschichte zweier tragischer Liebender: Heiratsantrag, Untreue, tiefe Traurigkeit und ein vergebliches Ständchen. Den Zuhörern blieb nur zu wünschen, dass es dem Sängerpaar niemals ähnlich ergehen und es noch lange gemeinsam musizieren möge.

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