Tölzer Gitarren-Gruppe:Ritterschlag in New York

Tölzer Gitarren-Gruppe: Vier Tölzer in New York: Ingo Veit, Stefanie Kobras, Perry Schack und Bernhard Prüflinger (von links) haben ihr Gastspiel in vollen Zügen genossen.

Vier Tölzer in New York: Ingo Veit, Stefanie Kobras, Perry Schack und Bernhard Prüflinger (von links) haben ihr Gastspiel in vollen Zügen genossen.

(Foto: Privat)

"Ein Wahnsinn": Das Tölzer "Machado Quartett" kehrt völlig beseelt von einem außergewöhnlichen Auftritt in der Carnegie Hall zurück.

Von Petra Schneider

Den Traum vom internationalen Erfolg, von Konzerten in großen Hallen mit begeistertem Publikum träumen vermutlich die meisten Musiker. Aber gleich die Carnegie Hall in New York? Das Machado Quartett aus Bad Tölz hat den Sprung über den großen Teich geschafft, am 18. Januar sind die vier Gitarristen in einem der bekanntesten Konzerthäuser der Welt aufgetreten. Der mittlere der drei Säle, die "Weill Recital Hall", war mit gut 250 Zuhörern ausverkauft, das New Yorker Publikum hat getobt - "ein Wahnsinn", erzählt Ingo Veit. Die Carnegie Hall, das sei für Musiker wie ein Ritterschlag. "Wenn es dort funktioniert, dann funktioniert es überall", sagt Perry Schack.

Seit zwei Wochen sind sie wieder zu Hause und noch ganz beseelt von den Eindrücken: Von der Halle mit den riesigen Kronleuchtern, der Atmosphäre des im Jahr 1891 eröffneten Hauses, der sensationellen Akustik, dem festlich gekleideten Publikum. Alle Großmeister aus Jazz, Klassik und Pop haben hier gespielt: Louis Armstrong, Benny Goodman, Leonard Bernstein, die Beatles - und nun also auch das Machado Quartett aus Bad Tölz. Den Auftritt haben sie Schack zu verdanken, der dort schon einmal vor zehn Jahren gespielt hat. Das New York Artist Management habe ihn erneut mit seinem Flöten-Gitarren-Trio Artus eingeladen. "Da habe ich ihnen einfach ein paar Stücke des Machado Quartetts vorgespielt." Mit Erfolg, denn die Tölzer durften die zweite Hälfte des Konzerts bestreiten.

Die Organisation sei unglaublich professionell gewesen, schwärmt Bernhard Prüflinger. Ein persönlicher Betreuer habe sich gekümmert, "und wir mussten keinen Stuhl selbst hinstellen". Sogar das amerikanische Fernsehen habe eine Ankündigung gebracht: Ein "Mordsbericht" über das Tölzer Quartett sei auf dem Sender "American Television News" gelaufen. Entsprechend groß sei natürlich auch das Lampenfieber gewesen. Ganz abgesehen vom Jetlag, der sich nach eineinhalb Tagen, just am Tag des Konzerts, mit Wucht eingestellt habe. Aber als dann das Adrenalin den Körper geflutet habe und nach dem ersten Stück "Riesenapplaus" aufgebrandet sei, "da war das nur noch Spaß", sagt Prüflinger.

Was die Konzerte des Machado Quartetts ausmacht, ist auch die lockere Präsentation. Ob bayerischer Humor in Amerika funktionieren würde, vorgetragen in einigermaßen eingerostetem Schulenglisch? Ein weiterer Unsicherheitsfaktor, aber es hat geklappt. "Die Leute lieben es, wenn sie Spaß haben", sagt Prüflinger. Das sei in Amerika nicht anders als im Oberland. Vier Tage haben sie in New York verbracht, in dieser "beeindruckenden Stadt mit extrem höflichen und hilfsbereiten Menschen", wie Prüflinger findet. Und überall höre man gute Musik. "Sogar im Supermarkt."

Dass das anspruchsvolle New Yorker Publikum so auf ihre Musik abgefahren sei, das habe sie dann doch überrascht. Zum Beispiel beim Stück "tickin", einer eigenwilligen Komposition von Prüflinger: Das Fortschreiten der Zeit wird musikalisch umgesetzt durch Wiederholungen, einen meditativen Rhythmus und die Bottleneck-Technik, die Ingo Veit mit einem Wein- oder Prosecco-Glas erzeugt. Offenbar hätten die Amerikaner so etwas noch nie gesehen, sagt Veit. Ganz sicher waren sich die vier nicht, ob in der ehrwürdigen Carnegie Hall vielleicht ein klassisches Programm angemessen wäre. "Aber wir haben gesagt, wir haben unseren Stil, und den machen wir."

Seit dem Jahr 2009 machen die vier Musiker, alle Lehrer an der Tölzer Musikschule mit Diplom in klassischer Gitarre, ihren eigenen Stil: Arrangieren Tangos von Piazzola, Höfisches von Telemann oder zeitgenössischen Jazz neu und begeistern mit experimentellen Eigenkompositionen. Die Vielfältigkeit ihrer Musik hat ihren Ursprung auch in der Unterschiedlichkeit der Musiker: Ingo Veit ist Fachmann für Alte Musik, Perry Schack kommt ursprünglich vom Jazz. Bernhard Prüflinger war Rockmusiker und Stefanie Kobras ist in der Klassik beheimatet. 30 Konzerte werden sie heuer spielen; von Bad Tölz über München bis nach Stuttgart, Frankfurt und Hamburg. Im Herbst erscheint ihre vierte CD: Musik, die Geschichten erzählt, eine Mischung aus Filmmusik, Rossini, Mozart und Eigenkompositionen. Auch der europäische Beatboxing Meister Robeat wirkt bei einigen Stücken mit. Das Programm steht, nur ein Titel fehlt noch. Auch eine "Konzertlesung" mit vertonten Textpassagen aus dem Roman "Tschick" von Wolfgang Herrndorf wird es geben. Viel haben die Machados vor, ihre Arbeit an der Tölzer Musikschule bleibe natürlich, betont Schack. "Weil es schön ist, wenn man seine Ideen weitergeben kann."

Release-Konzert der neuen CD am 8. Oktober im Tölzer Kurhaus. Vorverkauf über München Ticket und bei der Touristinfo ab Mitte Februar. www.machadoquartett.de

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