Tölzer Chöre-Konzert:Gesungene Ökumene

Ökumenisches Chorkonzert

Barbara Hölzl gestaltet mit ihrer schönen Altstimme souverän das Domine Filii.

(Foto: Manfred Neubauer)

Anlässlich des Reformationsjubiläums musizieren der katholische und der evangelische Chor in Bad Tölz gemeinsam

Von Sabine Näher, Bad Tölz

Als die Johanneskantorei und der Chor der Tölzer Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt in ebendieser zu Bachs Kantate "Herz und Mund und Tat und Leben" Aufstellung nehmen, wird es eng hinter dem Orchester. Man muss zusammenrücken. Ein schönes Bild für den ökumenischen Gedanken, der diesen Abend trägt: Anlässlich des Reformationsjubiläums musizieren der katholische und der evangelische Chor gemeinsam. Und so wird die Kantate BWV 147 aus mehreren Gründen zum Höhepunkt des Konzerts. Eröffnet hat es die Johanneskantorei alleine mit Bachs Missa in g-Moll BWV 235; eines der wenigen Werke, in denen sich der Urvater der evangelischen Kirchenmusik mit der katholischen Form der Messe auseinandersetzt.

Das Kammerorchester der Johanneskirche unter Leitung von Elisabeth Göbel braucht einen kleinen Moment, um sich im Kyrie gemeinsam einzuschwingen. Als es den Puls gefunden hat, entwickelt es einen breit dahinziehenden Strom, der die Hörer in sich aufnimmt und mit fortträgt. Als der Chor hinzutritt, überzeugt er mit unaufgeregter Gestaltung. Die freudige Bewegung des Gloria bringt virtuose Streicher und samtweiche Bläsereinwürfe. Im Gratias agimus schwingen sich die Streicher mit leichten Flügelschlägen hinauf, vor denen sich Thomas Stimmels berührendes Basstimbre wunderbar entfalten kann. Ein ähnlich dunkles Leuchten ist Barbara Hölzls schöner Altstimme eigen, die bewährt souverän das Domine Filii gestaltet. Der leicht baritonal gefärbte Tenor Nikolaus Pfannkuchs fügt sich mit dem Qui tollis bestens ein. Der abschließende Chor Cum Sancto Spiritu offenbart in seinem fugierten Einsatz ein paar Unsicherheiten, die der Sopran schließlich überstrahlt.

Haydns Missa Sancti Nicolai ist das angestammte Terrain des katholischen Chors, der mit seinem Leiter Christoph Heuberger nun übernimmt. Die Sopranistin Anna Morva ergänzt die Solosänger zum Quartett, welches in perfekter Balance agiert: Man kann jede Stimme deutlich verfolgen, dennoch ergibt sich ein wunderschöner Ensembleklang, der das Kyrie prägt. Dazu passt der homogene Chorklang, der sich im Gloria präsentiert. Das Credo zeigt ein aufgewühltes Orchester, über dem der Chor ein breites Band der Glaubensgewissheit spannt. Das Sanctus bleibt im Chor ein wenig blass; im Benedictus entzückt erneut das Soloquartett. Gesammelt und innig gelingt dem Chor das Agnus Dei. Als eine heitere Friedensbitte, die die Zuversicht in die Erfüllung in sich zu tragen scheint, schließt das Dona nobis pacem.

In der Bach-Kantate eröffnet sich eine ganz andere Welt: Die Solisten sind in Rezitativen und Arien ausschließlich einzeln zu hören, nicht mehr als Quartett. Begleitet werden die Sänger meist von einem obligaten Soloinstrument nebst Basso continuo; das gesamte Orchester kommt primär mit dem Chor zum Einsatz, der auch nicht durchgängig beteiligt ist, sondern die Kantate eröffnet und beschließt. Der Eingangschor bringt mit strahlenden Trompeten barocken Hochglanz; der vereinte Chor kann mit Klangfülle dagegenhalten.

Alle Solisten können wiederum für sich einnehmen, mit ausnahmslos guter Textausgestaltung, berührenden Stimmen und überzeugender Technik. Anders als in der Messe, wo der Sologesang im ganzen Orchesterklang oder im Quartett eingebettet ist, liegt hier alles frei - eine Herausforderung für die Sänger wie für die Soloinstrumente. So hätte man sich die Oboe der Alt-Arie noch ein wenig freier gewünscht; das Solo der Konzertmeisterin in der Sopran-Arie bezaubert mit seinem weichen, zarten Klang. Die Tempi, die Göbel nimmt, hätten mitunter noch etwas frischer sein können.

In der Leipziger Bach-Kantaten-Pflege gehen die einzelnen Nummern übrigens ohne fühlbare Pausen ineinander über. Das erzeugt einen sehr organischen Fluss, der Bachs Intentionen entsprechen dürfte. Vielleicht ließe sich das auch hier einmal ausprobieren. Mit dem unmittelbar zu Herzen gehenden Choral "Jesus bleibet meine Freude" schließt die Kantate. Wie könnte ein (ökumenisches) Kirchenkonzert besser enden?

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