Tölzer Bahnhof:Unerquickliche Örtlichkeit

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Der Bahnhof von Bad Tölz liegt weit entfernt von der Innenstadt. Als Reisender kann man dort interessante Erfahrungen sammeln. Die Stadt hat kaum Einfluss auf die Situation an der Station, die mehrere Eigentümer hat.

Sebastian Blum

Der Bahnhof von Bad Tölzist dringend sanierungsbedürftig (Foto: Manfred Neubauer)

Josef Janker war schon lange nicht mehr am Bahnhof in Bad Tölz. Ist der Tölzer Bürgermeister jedoch einmal auf die Verbindungen der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) angewiesen, macht er einen Bogen um das Gebäude und geht gleich auf den Bahnsteig. Schließlich sei die Bahnhofshalle selbst "mäßig attraktiv", sagt Janker.

Reisende, die umweltfreundlich mit der Bahn nach Bad Tölz kommen, werden von einer schummrigen Bahnhofshalle empfangen, über rissige Eingangsstufen geht es hinaus auf einen wenig gestalteten Vorplatz. Die idyllische Marktstraße und die Isar sind ganz weit weg.

Wollen Bahnreisende eine Kleinigkeit am Kiosk kaufen, kann auch mal Verwirrung aufkommen: Nicht immer steht dort jemand hinter der Kasse, und eine Klingel für Kunden gibt es nicht. In der dazugehörigen Bahnhofsgaststätte findet der Reisende am Biertisch des sonst so leeren Etablissements einen älteren Herrn mit rustikalem Charme, der sich als der Kiosk-Verkäufer Hubert Mann entpuppt.

Dieser macht sich gerne mal einen Spaß mit potenziellen Kunden und entgegnet auf die Frage, ob der Kiosk noch offen sei: "Ja, morgen hamma auch noch auf." Der Reisende, der nach dieser Episode im nicht ganz so sauberen Bahnhof steht, weiß nicht, was er von dem Ganzen halten soll: Gewiss, die Stadt Bad Tölz ist schön und sehenswert - aber ihr Bahnhof?

Der desolate Zustand der Station ist kein Geheimnis und ein Grund dafür ist, dass es mehrere Eigentümer gibt: Ende 2002 ist der Investor Erwin Fritz der Stadt Bad Tölz beim Kauf des Bahnhofsgebäudes und Teilen des Areals zuvorgekommen. Die Deutsche Bahn besitzt Bahnsteige und Schienen, während die BOB selbst wiederum die Station nutzt. Das macht die Angelegenheit schwierig, und mancher sagt lieber nichts dazu.

Andreas Wüstefeld, Leiter des Tölzer Land Tourismus, will sich nicht zum Bahnhof äußern. Weder privat noch dienstlich. Er verweist auf die Stadtverwaltung. Kurdirektor Klaus Pelikan sagt, die Situation am Bahnhof sei seit dem Verkauf 2002 nie erfreulich gewesen. Er verweist auf herumliegenden Müll und die Geruchsbelästigung. So seien die Bahnhofstoiletten am Wochenende geschlossen, weswegen die Stadt selbst Anlagen an den Gleisen aufgestellt habe.

"Die Lage am Bahnhof ist aber schon besser geworden", findet Pelikan. Es komme auch manch ein Tourist, beispielsweise aus dem Ruhrgebiet, der von daheim Schlimmeres gewöhnt sei. "Nach den Maßstäben der Stadt Bad Tölz ist das jedoch nicht ausreichend", sagt Pelikan, der sich in der Station "mehr Leben" wünscht. Der private Eigentümer könne aber nicht zu Änderungen gezwungen werden.

Der Bürgermeister ist ähnlicher Meinung. "Wie Herr Fritz das macht, ist seine freie unternehmerische Entscheidung", sagt Janker und lobt die gute Kooperation mit der DB und der Burgerking-Filiale in der Sachsenkamer Straße, die sich in Bahnhofsnähe befindet. Eine Zusammenarbeit mit Fritz gebe es dagegen nicht. Zigmal habe man sich schon an diesen gewendet, geschehen sei nichts. "Irgendwann hört man dann auf", sagt Janker resigniert.

Auch die beiden Bahnhofspaten Dieter Burk und Karl Drexl, die an den Bahnsteigen und am Areal um die Station nach dem Rechten sehen, beklagen die aktuelle Situation. "Keiner weiß, wie es am Bahnhof weiter geht", sagt Burk. Auf Missstände wie den herumliegenden Müll oder eine defekte Leuchtröhre in Bahnhofunterführung könne man nur - wie jeder andere Bürger - die Stadt und die BOB aufmerksam machen.

Auch gegen Jugendliche, die ihren Müll am Bahnhof wegwerfen, habe man wenig Handhabe. "Die lachen uns einfach aus", berichtet Burk. Drexl erwägt auch deshalb, seine Tätigkeit als Bahnhofspate Ende des Jahres einzustellen.

Ebenfalls am Bahnhof aufhören will der Verkäufer im Kiosk. "Wenn der Umbau denn angeblich nächstes Jahr stattfindet, sind wir weg", sagt der Mann, der nach eigenen Angaben der Besitzerin aushilft. Da aber fraglich sei, wann die Neugestaltung des Gebäudes beginne, könnten Kiosk und Gaststätte auch noch länger im Bahnhof sein. Das Geschäft laufe nicht besonders, sagt der Verkäufer. Das Rauchverbot mache der Gaststätte zu schaffen, zudem werde auch weniger getrunken.

Erwin Fritz selbst begründet den verzögerten Bahnhofsumbau mit einem laufenden Genehmigungsverfahren für das denkmalgeschützte Gebäude. So sei noch nicht entschieden, ob bauliche Veränderungen im Dachgeschoss genehmigt würden. Bevor das klar sei, könne der Umbau nicht beginnen. "Wie immer hängt es an Details", sagt Fritz.

© SZ vom 12.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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