Kandidat für den Tassilo 2018:Einladung ins Idyll

Kandidat für den Tassilo 2018: "Wer einmal hier war, kommt wieder", sagt Barbara Reimold.

"Wer einmal hier war, kommt wieder", sagt Barbara Reimold.

(Foto: Hartmut Pöstges)
  • Barbara Reimbold wurde mit dem Tassilo-Förderpreis ausgezeichnet.
  • Der Preis ist mit 500 Euro dotiert.

Von Claudia Koestler

Die Sonne versinkt hinter den sanften Hügeln, die Alpenkette hebt sich majestätisch gegen das Abendlicht ab, am Himmel stehen die ersten Sterne. Da knackt es plötzlich im Unterholz. Eine Nymphe huscht durch den Garten, gefolgt von einer seltsamen Gestalt, einem Zwitterwesen aus Mensch und Ziegenbock mit Hufen und Hörnern. Pan, der altgriechische Gott der Natur, Pflanzen und Tiere, stellt Syrinx, der Nymphe, nach. Mitten in Irschenhausen.

Es sind Szenen wie diese, die das jährliche Freiluft-Theaterspektakel "Gesellschaft unterm Apfelbaum" so einzigartig machen. Musiker, Schauspieler und Kabarettisten geraten regelmäßig ins Schwärmen, dass sie noch nie an einem solch schönen Platz hätten auftreten dürfen: In einem großen Garten, in dem - der Name sagt es - ein Apfelbaum steht. Die Sicht erstreckt sich weit übers Isartal. Auch das Publikum teilt die Begeisterung für diesen außergewöhnlichen Ort. Von Jahr zu Jahr folgen mehr Zuschauer der Einladung in den Theatergarten.

Sommernächtliche Landpartie mit Kunstgenuss

"Wer einmal hier war, kommt wieder", sagt Barbara Reimold. Die 72-Jährige hat die "Gesellschaft unterm Apfelbaum" 2008 gegründet und organisiert sie zusammen mit ihrem Sohn Simon (35). "Das Besondere an den Veranstaltungen ist, dass meine Mutter die Gäste in ihren Garten, also ihren privaten Raum einlädt und dadurch eine spannende, angenehme und schöne Mischung entsteht zwischen einem Privatfest und einem professionell geführten Theaterfestival", sagt Simon Reimold. Dazu schenkt Barbara Reimold den Gästen vor und nach den Aufführungen Getränke ein und bietet ihnen Häppchen an. All das verschmilzt zu einem einzigartigen Erlebnis, quasi einer sommernächtlichen Landpartie mit Kunstgenuss, weshalb sich der Kreis des Publikums stetig erweitert. Die Zuschauer, sagt Simon Reimold, kämen nicht nur aus dem Umfeld, sondern bis aus München und darüber hinaus.

Kandidat für den Tassilo 2018: Portrait von Barbara Reimold und ihrem Sohn Simon aus Icking. Frau Reimold ist für den Tassilo-Preis nominiert worden. Foto: Harry Wolfsbauer

Portrait von Barbara Reimold und ihrem Sohn Simon aus Icking. Frau Reimold ist für den Tassilo-Preis nominiert worden. Foto: Harry Wolfsbauer

(Foto: Harry Wolfsbauer)

2018 feiert die "Gesellschaft unterm Apfelbaum" ihr Zehnjähriges. Die Idee entstand schon viel früher. "Das Grundstück ist so schön, und wenn ich da durchging, dachte ich mir immer, da müsste man was draus machen", erzählt Barbara Reimold, die Goldschmiedin ist. Das Haus in Irschenhausen hat ihr Großvater gebaut, der Arzt Richard Seitz, der nur einen Katzensprung entfernt ein Kindersanatorium betrieb, dort, wo heute ein privates Gymnasium untergebracht ist. "Schon als Kind war ich hier und habe dieses Haus geliebt, sagt Reimold. Sie lebte lange in Hannover und Berlin, doch seit 34 Jahren ist sie nun wieder in Irschenhausen - das Haus hat sie von ihren Eltern geerbt. Sie sieht ihren Besitz auch als Verpflichtung, andere an der Idylle teilhaben zu lassen.

"Mein Hobby sind Literatur und Theater", sagt Reimold. Über einen Bekannten reifte die Idee, den Garten zur Freiluftarena zu machen. "Emmanuel Bohn hatte in München eine Schauspielschule, und er wusste, wie man so etwas konkret aufzieht mit Bühne und Technik", erinnert sie sich. Von 2008 bis 2012 gestaltete Bohn das Programm mit ehemaligen Schauspielschülern. 2013, nachdem Bohn in die Schweiz übergesiedelt war, übernahm Reimold die gesamte Planung, und ihr Sohn Simon, gelernter Schauspieler und Regisseur, stieg bei der Organisation und Technik mit ein. "Der Aufwand für das Festival ist jedes Jahr enorm", sagt Simon Reimold. Der ganze Garten müsse dazu verkabelt werden.

Plan B bis Z

Das Handy mit der Wetter-App sei dann immer sein treuester Begleiter. Wenn während der Vorstellung starker Regen einsetze, müssten "Plan B, C, D bis Z greifen", sagt er. Mit anderen Worten: Künstler, Zuschauer und Technik müssen vom Theater unterm Sternenzelt in ein wasserdichtes Zelt wechseln. "Wenn das passiert, sind die Gäste größtenteils sofort zur Stelle und packen mit an, um die Sachen ins Trockene zu bringen", sagt Simon Reimold. Auch das sei eine Besonderheit, "weil sich alle involviert fühlen, als Teil eines gemeinschaftlichen Erlebens". Das Theater einmal ausfallen zu lassen, komme deshalb nicht infrage: "Die Leute freuen sich so auf die Veranstaltungen", sagt Barbara Reimold.

Das Programm, das sie Jahr für Jahr zusammenstellt, ist einzigartig. Musik, Kabarett und Theater, mal von bekannten, mal von entdeckenswerten Künstlern, von klassisch bis experimentell. "Es ist mir wichtig, gute Qualität zu bieten", sagt Reimold. Weil sich das jedes Jahr aufs Neue bestätigt, erwächst daraus im lauschigen Grün des Gartens ein einzigartiges Kulturerlebnis, das lange nachwirkt - mindestens bis zum nächsten Sommer.

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