SZ-Serie: Vom Malz zur Maß, Folge 4:Amarillo fürs Aroma

Der 26-jährige Markus Hoppe experimentiert mit besonderen Hopfensorten unter anderem aus den USA. Mit seinem "Hoppebräu" gehört er zur Riege junger Braumeister der Craft-Beer-Szene. Er träumt von einem eigenen Betrieb mit Biergarten

Von Benjamin Engel, Bad Tölz/Waakirchen

Der würzige Zitrusduft von Crystal steigt in die Nase. Chinook erinnert an Erde und Blumen. Cascade verbreitet reines Zitronenaroma. Hinzu kommt die Mischung Nugget: Was Markus Hoppe und sein Praktikant Alexander Schönbach zur Würze in den Kessel geben, verdichtet sich in dem kleinen Raum für einen intensiven Moment zu einem vielfältigen Duftcocktail. Hinter den exotischen Namen verbergen sich besondere Hopfensorten aus dem Yakima Valley im US-Bundesstaat Washington, einer für hervorragende Aromen bekannten Region.

Der 26-jährige Braumeister Markus Hoppe aus Waakirchen und sein Praktikant - er studiert Brauerei- und Getränketechnologie an der Hochschule Weihenstephan - setzen den Hopfen ein, um ein ganz besonderes Bier für einen Wettbewerb der Hop Growers of America (HGA) zu brauen. Der Zusammenschluss von US-amerikanischen Hopfenbauern hat den jungen Braumeister mit seinem Hoppebräu und elf weitere deutsche Brauereien eigens für den ersten Wettbewerb der HGA in Deutschland ausgewählt. Die Organisation hat allen Teilnehmern die Hopfensorten zugesandt, mit denen Hoppe nun arbeitet. Gemeinsam mit seinem Praktikanten hat er die Rezeptur für das vorgegebene West Coast India Pale Ale entwickelt: ein helles, schlankes, bitteres und doch fruchtig-würziges Bier.

Für den Wettbewerb müssen die jungen Männer das fertige Bier schließlich in Flaschen einfüllen, ein Logo entwerfen und es zur Begutachtung einschicken. Auf der Brau-Beviale in Nürnberg - einer Fachmesse für die Getränkewirtschaft - soll der Sieger am 9. November im Zuge der jährlichen Craft Beer Tastings gekürt werden.

Die beiden sind schon seit 5 Uhr morgens in den Produktionsräumen der Tölzer Mühlfeldbrauerei - dort war Hoppe bis zum Vorjahr als Braumeister angestellt - am Werk. Für den Sud haben sie die 25 Kilogramm schweren Malzsäcke über die enge Eisenwendeltreppe in den ersten Stock gewuchtet, Sauermalz und Pilsner Gerstenmalz in die Schrotmühle gegeben. Dort wird es zerkleinert und fällt in einen Bottich mit heißem Wasser, damit sich die Stärke lösen und in vergärbaren Zucker umwandeln kann, das sogenannte Maischen.

Markus Hoppe

Genuss-Experimente: Craft-Bier-Brauer Markus Hoppe kontrolliert den Sud für ein Wettbewerbsbier.

(Foto: Manfred Neubauer)

Hoppe gehört zur Riege junger, kreativer Braumeister aus der Craft-Beer-Szene. Mit seinen handgemachten - genau das bezeichnet der englische Ausdruck "craft" - Kreationen beweist er, wie viel Geschmacksvielfalt in den vier durch das Reinheitsgebot vorgegebenen Grundzutaten Hopfen, Malz, Hefe und Wasser steckt. Vor drei Jahren hat Hoppe sein gleichnamiges Bräu als Gewerbe angemeldet. Seitdem verkauft er seine Biere mit den auffallend bunten Etiketten samt Tiermotiven mit wachsendem Erfolg.

Der Braumeister schätzt, dass seine Biere inzwischen in 200 Restaurants, Geschäften und Onlineshops zu haben sind. Vor allem in der Region zwischen Innsbruck und Ingolstadt, vom Bodensee bis Regensburg und Salzburg liefert er aus. Gleichwohl gehört das Hoppebräu zu den kleinen Betrieben. In diesem Jahr schätzt Hoppe etwa 1700 Hektoliter brauen zu können. Zum Vergleich: Die Klosterbrauerei Reutberg stellt jährlich 20 000 Hektoliter her.

Bis Ende des vergangenen Jahres hat Hoppe mit seiner Anstellung im Tölzer Mühlfeldbräu das nötige Geld für sein "Hoppebräu" verdient. Obwohl die Arbeit dort ein echter Traumjob war, bereut er die Kündigung nicht. "Jetzt bin ich mein eigener Chef." Und damit kann er nun ganz alleine experimentieren.

Je nachdem, wann und wie Hoppe die vier Grundzutaten einsetzt und welche Hopfensorte er verwendet, schmeckt sein Bier jeweils anders. Für die Wuide Hehna verwendet der Braumeister fünf unterschiedliche Hopfensorten. Pilsner Malz und Carahell geben dem Bier seine goldgelb-glänzende Farbe. Die Sorte Magnum verleiht bitteren Geschmack. Nach der Vergärung gibt er im Lagertank noch die Sorten Citra und Amarillo für ein fruchtiges Aroma hinzu. Denn die ätherischen Öle aus dem Hopfen entfalten ihren Geschmack umso intensiver, je niedriger die Temperaturen sind, wenn sie zugegeben werden. Und für den Hausgebrauch weicht Hoppe schon einmal vom Reinheitsgebot ab, hat in seiner Versuchsküche im Waakirchner Elternhaus erst kürzlich beispielsweise Cardamom, Koriandersamen und frische Bio-Orangenschalen zum Bier für eine Feier dazu gegeben.

Markus Hoppe

Dafür wurden ihm vier Hopfensorten aus den USA geschickt.

(Foto: Manfred Neubauer)

Hopfen ist für Geschmack und Bitterkeit entscheidend. Hoppe arbeitet mit Hopfenbauer Martin Schmailzl aus Oberhartheim bei Vohburg an der Donau intensiv zusammen. Mit ihm bespricht er, welche regionalen Hopfensorten er für das Hoppebräu anbauen soll. Überregionale Sorten kauft Hoppe bei dem Großhändler Hopfsteiner aus Mainburg in Bayern. Die besonderen Sorten lässt sich der Braumeister viel kosten. So bezahlt er für ein Kilogramm schon einmal 30 bis 40 Euro. Eine gängige Hopfensorte wie Perle koste dagegen acht Euro, erklärt er.

Derzeit hat Hoppe noch keine eigenen Produktionsräume. Meist braut er im Grafinger Wildbräu Grandauer oder nutzt wie für den Wettbewerb der Hop Growers of America das Tölzer Mühlfeldbräu. "Ich bin ein Gypsy-Brauer", sagt er dazu. Doch er träumt davon, eine eigene Brauerei samt Biergarten in seinem Heimatort Waakirchen zu eröffnen. Dort sollen die Gäste direkt in die Produktionsräume schauen und alles zu Vertriebsstrukturen, Herkunft der Zutaten und Herstellung erfahren können. Doch noch fehlt das passende Grundstück.

Hoppe bezeichnet sich und seine Familienangehörigen als Genussmenschen. Essen und Kochen machten für alle schon immer einen wichtigen Teil ihres Lebens aus. Und dazu ist Bier eben ein guter Begleiter. Weil Hoppe genauer wissen wollte, wie Bier hergestellt wird, entschied er sich nach dem Abitur für eine Lehrstelle in der Brauerei Maxlrain. Den schon zugesagten Studienplatz für Internationales Management in Regensburg sagte er ab.

Seine Lehrmeister förderten sein Talent und eröffneten ihm die Möglichkeit, international zu arbeiten. So saß Hoppe zwei Tage nach Abschluss seiner Lehre im Flugzeug nach Mauritius. Auf der kleinen Insel im indischen Ozean sollte er eine neue Brauerei aufbauen. Er betreute 14 Monate lang das Sudhaus und nutzte die Zeit, um fernab traditioneller Braumethoden neue Stile und Sorten auszuprobieren. Ein Jahr lang besuchte Hoppe danach zudem die private Doemens-Akademie für Brauer in Gräfelfing bei München.

250 Hopfensorten

Hopfen verleiht dem Bier das ausgeprägte Aroma und die typisch bittere Note. Die Sorte und der Zeitpunkt, zu dem das Hanfgewächs im Brauvorgang zugegeben werden, beeinflussen den individuellen Geschmack. Gibt der Brauer den Hopfen in die kochende Würze, lösen sich aus der Pflanze mehr Bitterstoffe - und das Bier wird herber. Je niedriger die Temperaturen bei der Zugabe sind, desto weniger Bitterstoffe lösen sich. Umso intensiver entfalten dagegen die ätherischen Öle aus dem Hopfen ihr Aroma.

Vor allem die neue Craft-Beer-Bewegung aus den USA brachte in den vergangenen Jahren neue Impulse für die Bierbranche. Die innovativen Brauer wünschen sich vermehrt außergewöhnliche Hopfenaromen mit vielfältigen Geschmacksrichtungen. Damit nahm auch die Zahl der Hopfensorten rasant zu - von 180 vor vier Jahren auf 250 verschiedene Hopfensorten im Jahr 2015. Dies teilt die Nürnberger Baarth-Haas-Group, einer der weltweit führenden Anbieter von Hopfenprodukten, in ihrem neuesten Bericht mit. Und der Trend zu immer mehr Sorten soll anhalten.

Weltweit pflanzten Landwirte laut dem aktuellen Barth-Bericht im vergangenen Jahr auf einer Fläche von 51 512 Hektar Hopfen an. Das waren rund 3000 Hektar mehr als noch im Jahr 2014. Größtes Anbaugebiet war die Hallertau in Bayern mit 14 910 Hektar, gefolgt vom US-Bundesstaat Washington mit rund 13 000 Hektar Anbaufläche. In der Region um die nordböhmische Stadt Žatec, auf deutsch "Saaz", wuchsen auf 3576 Hektar Hopfenpflanzen.

In Deutschland hatte die Hopfensorte "Herkules" im Vorjahr die größte Anbaufläche. Im Geschmack zeichnet sie sich durch ein würziges Aroma mit Spuren von Orange, Melisse, Honigmelone, Zitrone und Pfeffer sowie kräftige Bitternoten aus. Wegen ihres ausgeprägten fruchtig-vollmundigen Aromas und des verhältnismäßig hohen Gehalts an Bitterstoffen ist auch die Sorte "Perle" bei Brauern beliebt.

In den Vereinigten Staaten stieg die Anbaufläche von 2011 bis 2015 um 46 Prozent an. Im Mittelpunkt stehen dort vor allem die sogenannten Aromahopfen. Diese Sorten zeichnen sich durch eine größere Vielfalt an Aromastoffen aus, haben jedoch einen geringeren Ertrag an Bitterstoffen. Deshalb braucht es beim Brauprozess wesentlich größere Mengen. Die größten Zuwächse beim Anteil an der Anbaufläche hatten 2015 die privat gezüchteten Sorten Simcoe, Citra und Mosaic. Citra schmeckt etwa nach Stachelbeere, Jasmin, Lychee und Geranie. Die Sorte Simcoe hat einen Geschmack nach Beeren, Cassis, Pflaumen und Grapefruit, zudem hat sie einen hohen Alpha-Gehalt. Je höher der Alpha-Gehalt und je länger der Hopfen gekocht wird, desto bitterer schmeckt das Bier. Benjamin Engel

Hoppe braucht einen ganzen Tag, um mit seinem Praktikanten den Sud für das Wettbewerbsbier mit 16 Prozent Stammwürze und einem Alkoholgehalt von sechs bis sieben Prozent fertigzustellen. Dazu sind viele Arbeitsschritte notwendig, beispielsweise die Bruchbildung, bei der das Eiweiß in der heißen Würze ausflockt und sich mit Hilfe einer Zentrifuge am Boden absetzt. Für fünf bis sieben Tage lässt Hoppe das Bier vergären. Danach lagert es in gekühlten Tanks. Nach sechs bis sieben Wochen ist es fertig.

Gerade mehr als die traditionellen Sorten wie Helles, Weißbier, Dunkles oder Pils herzustellen und mit Hopfen und Malz - in einem Imperial Stout Bier von Hoppebräu waren schon zwölf Malzsorten - zu experimentieren, reizt Hoppe. "Das macht mir Spaß. So schmeckt es mir am besten."

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