SZ-Serie: Genuss Erleben:Fleisch und Fleisch gesellt sich gern

Serie :  Genuss erleben

Die Portionen sind groß, die Preise für die Qualität sehr angemessen, Schnickschnack gibt es nicht, von ein paar Röstzwiebelspiralen und den bunten bayerischen Tapas einmal abgesehen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Münsinger Sebastian Limm ist Metzger und Gastwirt aus Passion.

Von David Costanzo

Kalbshaxe Florida gibt es hier nicht, auch keine Pökelzunge in Burgunder mit Klößen und schon gar nicht Schinkenbrot oder Birne Helene. Das störte Vicco von Bülow alias Loriot auch nicht. Wenn er ins Gasthaus Limm kam, und das tat der Münsinger bis zu seinem Tod vor fünf Jahren regelmäßig, war ihm nicht nach den kuriosen Leibspeisen seiner Knollennasen und Kunstfiguren. Dann bestellte er lieber Leberknödel, fleischig und frisch, und setzte sich auf seinen Stammplatz, links hinten im Eck, gleich neben dem Herrgottswinkel, wo noch immer eine seiner Zeichnungen hängt. Es ist eine Persiflage auf den oberbayerischen Gemeinderat, halb Bauer, halb Aktenfresser.

Halb und halb, das passt auch auf den Limmschen Betrieb: halb Metzgerei, halb Gasthaus - eine Kombination, die so logisch wie heutzutage selten ist, die aus einer Zeit stammt, als noch kein Oberbayer das Wort "Synergieeffekt" zu buchstabieren wusste. Ein Schlachter und ein Wirtshaus im Schatten des Maibaums - denn Fleisch und Fleisch gesellt sich gern.

Es ist schnell vorbei mit der Loriotschen Leichtigkeit, wenn man sich mit dem Inhaber Sebastian Limm unterhält, ganz Metzgermeister und ganz Koch. Der Mann meint es verdammt ernst mit seinem Handwerk, zusammen mit seiner Frau Ingeborg führt er den Betrieb mit 20 Mitarbeitern. "Anständig", "ehrlich", "wie es sich gehört" sind die Begriffe, die der 53-Jährige nach Sekunden sagt, wenn er seinen Anspruch beschreibt. Qualität, unbedingt, denn: "Man kann ein schlechtes Fleisch in der Küche nicht gut machen."

Eine Tafel in der Metzgerei übersetzt diesen Anspruch. "Rind: Lettner, Münsing", steht da. "Kalb: Holzapfel, Degerndorf" und "Lamm: Huber, Ammerland". Das Fleisch kommt ausschließlich von Bauern aus der Umgebung, Limms Metzger können sich die Tiere aussuchen und schlachten sie selbst, morgens ab fünf. Das Schlachthaus haben sie 2010 neu gebaut. Anfangs richteten die Serienmacher von Hubert & Staller darin die Pathologie ein, immer mittwochs, am Ruhetag. Reh und Hirsch bezieht Limm von heimischen Jägern, die Fische von Ammerlander Fischern.

Und die Schweine von Betrieben aus den Landkreisen Erding und Freising, weil es in der Region keine Schweinezucht gibt, sie kommen schon geschlachtet. Früher schlachteten sie auch die Schweine selbst, da bezogen sie die Tiere noch aus Niederbayern, aber allein der Transport bedeutete zu viel Stress für sie. Dosen, Tiefkühlzeug und Fertigware kommen Limm nicht in die Küche. Soßen und Fonds werden selbst eingekocht.

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Das sieht man auf dem Teller und das schmeckt man. Loriots Leberknödel ruht zum Beispiel fest und kein bisschen verwässert in der gut gesalzenen Suppe (4,90 Euro). Das genaue Gegenteil bietet bei den Vorspeisen die Blutwurst auf geschmortem Chicorée mit Apfelspalten (9 Euro) - die zwei Scheiben sind ganz kurz angebraten, darum luftig leicht und überraschend mild im Geschmack. Bei den Hauptspeisen duftet das Wiener Schnitzel vom Milchkalb (18 Euro) dezent nach Butter, die Panade der beiden Stücke ist kross gelungen, das Kalb darunter so zart, wie es sein kann.

Ebenso gut meint es die Küche beim Zwiebelrostbraten von der Rinderlende (19,80): Ein kapitales Stück liegt da auf dem Teller, innen wie bestellt rosarot, schmilzt es praktisch mit der Rotweinsoße am Gaumen. Vergangene Woche standen auch Spezialitäten wie Hirnsuppe, Kalbskopf und Kalbslüngerl unter den regelmäßig wechselnden Tagesgerichten. Die Portionen sind groß, die Preise für die Qualität sehr angemessen, Schnickschnack gibt es nicht, von ein paar Röstzwiebelspiralen und den bunten bayerischen Tapas einmal abgesehen.

Es wird nicht nach Rezept gekocht, sondern nach Geschmack

Mit Sterneküche hat Sebastian Limm nichts am Hut, obwohl er nach der Kochlehre in den Achtzigerjahren einige Monate bei Heinz Winkler im Tantris arbeitete, als es drei Sterne führte. Heute sagt Limm: "Das ist Spielerei mit Lebensmitteln." Das Gasthaus punktet mit inneren Werten, nicht mit Äußerlichkeiten: Die Einrichtung der Räume mit 110 Plätzen wirkt mit Geweihen und Schwarz-Weiß-Bildern wenig aufregend. Die Lage direkt an der Hauptstraße ist für Draußensitzer gewöhnungsbedürftig.

Im Gasthaus wird nicht nach Rezept gekocht, sondern nach Geschmack. Und weil Limm nicht allein in der Küche steht, können unterschiedliche Varianten herauskommen. "Freejazz mit Dirigent", nennt er das. Ein Koch und eine Köchin arbeiten an seiner Seite, seit vier Monaten steht auch Gattin Ingeborg am Herd, neben der Büroarbeit. Es sei schwer geworden mit dem Personal, vor allem mit den Azubis.

Gasthaus Limm

Qualität: ●●●●●●●●●○

Service: ●●●●●●●●○○

Ambiente: ●●●●●●○○○○

Preis/Leistung: ●●●●●●●●●○

Adresse: Hauptstraße 29, 82541 Münsing

Telefon: 08177 / 411

Internet: www.gasthauslimm.de

Öffnungszeiten: Di. und Do.-Sa. 10.30 bis 14.30 Uhr und von 18 Uhr an. So. nur mittags, Mo. nur abends. Mittwoch Ruhetag. Reservierung dringend erbeten.

Anfahrt: A95, Ausfahrt Wolfratshausen

Früher hätten sie durchgehend drei bis vier Lehrlinge gehabt, erzählt Ingeborg Limm. Dann hätten sich auf Zeitungsanzeigen nur noch die Sechser-Schüler gemeldet. "Jetzt kommen nicht einmal mehr die." Immerhin fängt nun doch nach Jahren wieder einmal eine junge Frau an.

1908 kaufte Limms Urgroßvater Josef das uralte Bauernhaus, den früheren "Wollschlager Hof" und "Neuwirt". Die Eltern Sebastian und Irmengard gründeten 1963 die Metzgerei, die sich schnell einen guten Ruf erarbeitete. 1986 machte Sebastian junior seinen Metzgermeister und lernte seine heutige Frau Ingeborg kennen. 2000 übernahmen sie den Betrieb komplett. Sebastian senior starb vor drei Jahren. Die 83-jährige Mutter Irmengard arbeitet immer noch mit. Sie "kümmert sich um das Gröbste", wie sie sagt - Schwammerl putzen, Blumen herrichten, in der Metzgerei helfen. Bei ihr daheim hängt das Original des Loriot-Zeichnung, im Gastraum eine Kopie. Aber das ist schon das einzige, das nicht echt ist.

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