Studie:Was Flüchtlinge und Helfer wollen

Ankommen im Loisachtal

"Ankommen im Loisachtal" heißt die Studie, die Michael Eberle und Florian Finz (vorne, v.li.) mit Kommilitonen in Benediktbeuern vorstellten.

(Foto: Manfred Neubauer)

Studenten der Katholischen Stiftungsfachhochschule Benediktbeuern haben Interviews aus vier Kommunen ausgewertet

Von Petra Schneider, Benediktbeuern

Im Landkreis kommen weniger Asylsuchende an, als noch vor drei Jahren, die Lage hat sich entspannt. Aber Integration braucht Zeit, und manche Herausforderungen haben sich gewandelt, weil viele Geflüchtete inzwischen anerkannt sind und sich selbst um eine Wohnung kümmern müssen. Wie sich die Situation aus verschiedenen Perspektiven darstellt, haben fünf Teams der Katholischen Stiftungshochschule Benediktbeuern (KSH) im Projekt "Ankommen im Loisachtal" analysiert. Die Studenten haben Flüchtlinge, Helfer, Ärzte und Lokalpolitiker aus Benediktbeuern, Bichl, Kochel und Bad Heilbrunn befragt. Im Mittelpunkt standen die Themen Organisation der Helferkreise, Zugang der Flüchtlinge zum Gesundheitssystem, Wohnsituation, Lebens- und Zukunftsentwürfe sowie eine Einschätzung aus Sicht der Gemeinden.

Die Ergebnisse, die auf Interviews basieren, wurden kürzlich präsentiert. Repräsentativ sind sie nicht, weil sie auf kleinen Stichproben mit oft nur einer Handvoll Befragten resultieren. Knapp 50 Interessierte, überwiegend Studenten und Mitglieder der Helferkreise, waren gekommen und berichteten anschließend von eigenen Erfahrungen. Einige interessante Befunde fassten die Studenten zusammen: So habe sich gezeigt, dass die Deutschkenntnisse in vielen Fällen nach wie vor mangelhaft sind. Sorgen bereitet den Flüchtlingshelfern die Rolle der Kinder. Weil sie diejenigen sind, die in den Familien meist am besten Deutsch sprechen, fungieren sie als Übersetzer und müssen viel Verantwortung übernehmen. "Ich empfinde es als höchst ungesund, wenn ein Zwölfjähriger beim Anwalt die Verhandlung führt", sagte Helga Schubert vom Kochler Helferkreis. Im Interview gaben die jungen Flüchtlinge an, dass sie sich "mehr Selbständigkeit der Eltern" wünschen. Für ihre Zukunft erhoffen sie sich Schulabschluss und Berufsausbildung, sie wollen "mit der Vergangenheit abschließen". Oft müssen sie traumatische Fluchterfahrungen verarbeiten.

Was fehlt, sind nach Ansicht der Helfer psychologische Angebote sowie Dolmetscher bei Arztterminen. Rund die Hälfte der Erkrankungen von Flüchtlingen haben psychosomatische Ursachen, so lautet die Einschätzung der befragten Mediziner. Die Unterstützung durch die Helferkreise sei bei der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen entscheidend; sie wirkten generell als "Brückenbauer" bei der Integration, so lautet auch ein Fazit der Studenten. Eine bessere Vernetzung sei wünschenswert, damit die Helferkreise eine "starke politische Stimme" bekämen, wie Projektleiter Egon Endres sagte.

Um auch älteren Flüchtlingen mehr soziale Kontakte zu ermöglichen, sollten sie stärker in das Vereinsleben eingebunden werden. Das wurde von einigen Anwesenden bezweifelt: Muslime hätten eine gänzlich andere Vorstellung von "Freizeitgestaltung"; man müsse akzeptieren, dass sie nicht dem katholischen Frauenbund oder dem Schützenverein beitreten wollten. Schwierig bleibt das Thema Wohnen; es fehlt an bezahlbarem Wohnraum - nicht nur für Flüchtlinge, wie ein Student anmerkte. In der Befragung äußerten sich die Geflüchteten zufrieden über ihre Wohnsituation - unabhängig von deren Größe. Das Bedürfnis, nach Flucht und Sammelunterkunft in einer Wohnung zur Ruhe zu kommen, ist groß. Mit der Familie zusammenbleiben zu können und in Sicherheit zu sein, prägt die Lebenswünsche der befragten Familien. Die Vorurteile von Vermietern sind gleichwohl groß. Erst wenn sich die Helferkreise als Vermittler einschalten, haben anerkannte Flüchtlinge eine Chance auf eine Wohnung. "Aber wenn es gelungen ist, ist es toll zu sehen, wie sich die Nachbarn kümmern", sagte Anja Neuner, Studentin und Mitglied im Benediktbeurer Helferkreis. Man versuche, Familien nicht aus ihren Orten wegzureißen. Denn erzwungene Ortswechsel erschweren die Integration - auch das ein Fazit der Untersuchung.

Franz von Lerchenhorst, Gemeinderat und Mitglied im Kochler Helferkreis, kritisierte, dass das Landratsamt viele Mietverträge auflöse und Familien in Gemeinschaftsunterkünfte verlege. "Das ist eine Situation, die die Helferkreise nicht gerne sehen."

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