Standort-Suche in Penzberg:Mein Hotel, dein Hotel

Die Bürgerbeteiligung ist gelebte Demokratie - aber auch ein langwieriger Prozess

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Einbringen in Entscheidungsprozesse, mitreden, abstimmen - das kann der Weg zu einer lebendigen Demokratie sein. Die Stadt Penzberg beschreitet diesen Weg auf der Suche nach einem allseits akzeptierten Standort für ein Hotel. Aber was als ultimative Bürgerbeteiligung daherkommt, hat auch so seine Tücken. Oder um sinngemäß mit Plato zu sprechen: Demokratie ist überbewertet. Denn es braucht schon eine Engelsgeduld, die Wünsche und Befindlichkeiten unter einen Hut zu bringen. So nahm am Montagabend im Sitzungssaal des Rathauses die Diskussion um die Bewertungskriterien für die Standorte gehörig mehr Raum ein, als das eigentliche Ziel des Abends: diese Kriterien auf die möglichen Orte für einen Hotelneubau anzuwenden. 16 sind noch im Rennen.

Volle drei Stunden dauerte der Workshop. Etwa 50 Bürger waren gekommen, die für eine rege Diskussion sorgten. Moderator Daniel Schreyer vom Büro Hendricks & Schwartz führte die Anwesenden in die Thematik ein. In mehreren Runden sei das Kriteriensystem für die Bewertung der Standorte festgelegt worden. Zu den Kriterien zählen unter anderem die ÖPNV-Anbindung, die Nähe zur Bundesstraße 472 oder einer Autobahnausfahrt, die Anbindung an Freizeitmöglichkeiten, Synergieeffekte mit der Stadt oder der Landschaftsverbrauch. Vergeben werden können für jedes Kriterium maximal zehn Punkte. Um das Ganze zu strukturieren, sind die einzelnen Kriterien zu Clustern zusammengelegt worden: Verkehr (maximal 40 Punkte), Tourismus (40 Punkte), Stadtplanung (30 Punkte), Natur-, Umwelt- und Landschaftsschutz (40 Punkte), Anlieger (20 Punkte), Sonstiges (30 Punkte). 200 Punkte kann auf diese Weise ein Standort erhalten.

Schreyer forderte die Anwesenden auf, ihre Meinung zur Gewichtung der Kriterien kundzutun. Diesem Appell kamen die Bürger lebhaft nach. Denn sie waren zum Teil so gar nicht mit der Gewichtung einverstanden - wie auch nicht mit manchen Kriterien an sich. Gar nicht gefiel das Kriterium "Hoteladresse". Darunter ist zu verstehen, ob der Standort auch was hermacht. Was die Diskutierenden völlig überbewertet fanden, weshalb dieser Punkt letztlich gestrichen wurde. Dafür wurde eine mögliche Beeinträchtigung von Naherholungsgebieten neu aufgenommen. Zudem fanden die Penzberger, dass die Belange der Anlieger viel zu wenig Punkte bekämen.

Noch etwas mochte einigen nicht logisch erscheinen: Warum zuerst ein Standort für ein Hotel gesucht wird, wenn nicht klar sei, welches Nutzungskonzept ein potenzieller Investor realisieren möchte. Kurzum: Zuerst soll der Geldgeber/Betreiber sagen, was er für wen zu welchem Zweck bauen wolle, daraus ergibt sich der Standort. Das erkläre sich aus der Historie, versuchte Schreyer zu vermitteln. Weil vor drei Jahren die Pläne für einen Hotelneubau bei einem Bürgerentscheid zunichte gemacht wurden, hat der Stadtrat dieses Mal einen anderen Weg eingeschlagen. Zuerst sollen die Bürger den Standort auswählen - in der Hoffnung, dass dieser mehrheitlich akzeptiert wird. Die Entscheidung fällt am Sonntag, 14. Oktober. Dann erst soll der passende Investor gesucht werden.

Deutlich wurde bei dem Workshop, dass nicht jeder einen Standort mit Blick ins Grüne für das Nonplusultra hält. Ein Stadthotel auf dem Areal gegenüber dem Bahnhof hätte Charme, war sich ein Teil der Anwesenden einig. Zumal das Hotel unter der Woche hauptsächlich Geschäftsreisende beherbergen soll. Touristen werden laut den Experten eher an Wochenenden einchecken. Dass für ein Stadthotel 182 Pendlerparkplätze weichen müssten, wie Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD) zu bedenken gab, verfing nicht.

Um 22.30 Uhr war Schluss. Weiter geht es mit der Bewertung der Kriterien und Standorte am Mittwoch, 27. Juni, um 19.30 Uhr im Sitzungssaal des Penzberger Rathauses.

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