Früherer Undosa-Chef:Das plant der neue Wirt der Penzberger Stadthalle

Weil der Stadtrat zwei Gastronomen rauswirft, kommt Rudolf Schall über Nacht zum Zug. Er will Gehobenes, Gängiges und Speisen aus Großmutters Zeiten anbieten.

Von Alexandra Vecchiato

Es ist ein ungewöhnlicher Vorgang. Aber der Stadtrat sah sich veranlasst, die Notbremse zu ziehen. Vom 1. Mai an sollte das Wirte-Duo Johann Heinritzi und Benedikt Fröhlich die renovierte und umgebaute Stadthalle übernehmen. Doch der Vertrag kam nicht zustande. Stattdessen wird der Gastronom Rudolf Schall das denkmalgeschützte Haus mit Leben füllen. Eine Herausforderung in der Kürze der Zeit. Schall hofft, in der zweiten Mai-Hälfte "irgendwann aufsperren" zu können. Das Catering für das Maibaum-Aufstellen am Montag, 1. Mai, und die offizielle Einweihung der Stadthalle am Samstag, 6. Mai, will er stemmen. Die neue Gaststätte allerdings wird erst am Samstag, 3. Juni, offiziell eröffnet. "Es wird eh spannend, ob die Stadthalle bis zum 1. Mai wirklich fertig sein wird", sagt er.

Er sei schon sehr überrascht gewesen, als ihn Stadtkämmerer Johann Blank angerufen habe, erzählt Schall. Eine Nacht habe er darüber schlafen müssen, denn schließlich hatte sich der Stadtrat im Dezember 2016 gegen seine Bewerbung ausgesprochen - wenn auch nur knapp. Damals machten Heinritzi und Fröhlich das Rennen als kreatives junges Team. Vor allem Fröhlich, der in seinem Großweiler Gasthaus Erfahrung mit Theater und Kleinkunst gesammelt hat, war der Wunschkandidat der Penzberger. Doch eben Fröhlich tauchte nach der Präsentation des Konzepts im vergangenen Jahr nicht mehr auf. Nicht einmal als es galt, den Pachtvertrag mit der Stadt beim Notar zu unterzeichnen. Allein Heinritzi setzte seine Unterschrift auf das Dokument. Der Stadtrat sah darin einen Vertragsbruch. Schall, der Zweite im Kandidaten-Wettbewerb, wurde kontaktiert und fackelte nicht lange. "So ein Haus richtig betrieben, ist goldwert", sagt der 53-Jährige.

Früherer Undosa-Chef: Rudolf Schall will ein "namhaftes Kabarettprogramm" in der Stadthalle etablieren und ist auch sonst für neue Veranstaltungen offen.

Rudolf Schall will ein "namhaftes Kabarettprogramm" in der Stadthalle etablieren und ist auch sonst für neue Veranstaltungen offen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Doch einen Wermutstropfen gibt es. Schall konnte bislang nicht ausreichend Personal akquirieren. Sein Küchen-Team stehe, sagt er, es fehle an Servicekräften. Die seien sehr schwer zu finden. Auch habe er nicht in den wenigen Tagen seit Vertragsunterzeichnung eine fertig ausgearbeitete Speisekarte parat. "Ich sitze gerade mit meinem Chefkoch an der Karte." Ihm schwebt eine regionale bayerische Küche vor - durchaus gehoben. Gängiges, das aufgepeppt wird, aber auch Speisen aus Großmutters Zeiten, die in Vergessenheit geraten sind. Eine Mittagskarte mit günstigen Angeboten zwischen sechs und acht Euro soll es zudem geben. Der 53-Jährige kooperiert mit der Brauerei Hacker-Pschorr.

Schall ist seit etwa 30 Jahren in der Gastronomie tätig. Ursprünglich studierte er Betriebswirtschaft, habe sich aber lieber in Gaststätten rumgetrieben, sagt er. Er brach das Studium ab und stieg ins Café Neuhausen ein. Er leitete unter anderem das Undosa in Starnberg. "Bekannt wurden die Ü-30-Partys, die ich eingeführt habe", erzählt er. Weitere Stationen sind die Sankt Emmeramsmühle in München oder das Gasthaus in Gröbenzell. Schall betreibt "The Hamptons" in München. Mit seiner Frau und den beiden Töchtern lebt er am Starnberger See. Die Übernahme der Stadthalle sieht er als "meine Sesshaftigkeit begründen".

Ideen, wie er die große Stadthalle aus dem Dornröschenschlaf weckt, hat der gebürtige Schwabinger: Er möchte eine Kabarettbühne mit renommierten Künstlern etablieren, ist offen für Messen und andere Veranstaltungen. Und Schall setzt auf die Vereine in der Stadt. "Die Türen stehen offen", sagt er. Doch zuerst muss die Stadthalle fertig werden. Innen und außen wird fleißig gearbeitet. Neun Arbeitstage bis zur Eröffnung - "aber der 1. Mai ist halb in Stein gemeißelt", sagt Schall. Da müsse man jetzt durch.

Die Sanierung wird etwas teurer

Gut 9,9 Millionen Euro kostet die Sanierung und der Umbau der denkmalgeschützten Penzberger Stadthalle. Das sind 400 000 Euro mehr, als der Stadtrat im vergangenen Jahr freigegeben hatte. Grund für die Kostenmehrung ist der Ausbau der oberen Seitenflügel, die Küchenerweiterung und Entschädigungen wegen der längeren Bauzeit, die aus den Jahren 2015 und 2016 rühren. An staatlichem Zuschuss erhält die Stadt circa zwei Millionen Euro.

Die Küche sei sensationell, die beste, die ihm je zur Verfügung gestanden sei, sagt der neue Stadthallen-Betreiber Rudolf Schall. Sie sei hochmodern ausgestattet und sehr durchdacht. Nicht ganz glücklich ist Schall indes mit den Stühlen und Tischen, die Fast-Pächter Johann Heinritzi bestellt hat. "Sie sind mir persönlich zu modern." Mit dem Wohlfühl-Ambiente ist es nach Ansicht des 53-Jährigen auch im kleinen Saal nicht weit her. Er sei zu nüchtern und nicht in die Gaststätte eingebunden. "Das war er in meinem Konzept schon, denn das Lokal an sich mit Platz für 50 Gäste ist etwas klein. Mit noch mal 80 Plätze mehr, ist das eine Größenordnung, wo es sich lohnt, entsprechend Personal vorzuhalten." Daher plant Schall den kleinen Saal nach seinem Gusto aufzuhübschen. Ob er das aus seiner Tasche zahlen wird oder die Stadt ihm entgegenkommt, müssten Gespräche ergeben, so der Wirt. veca

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