Stadtgestaltung:Wegweiser gegen Bausünden

Stadtgestaltung: Das moderne Wohnhaus bietet einen Kontrast zur Villa Anna im Kurviertel. Um dies künftig zu vermeiden, beschloss der Stadtrat einen Bauleitfaden.

Das moderne Wohnhaus bietet einen Kontrast zur Villa Anna im Kurviertel. Um dies künftig zu vermeiden, beschloss der Stadtrat einen Bauleitfaden.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Mit einem Leitfaden für Gestaltung will der Tölzer Stadtrat künftig stilistische Verfehlungen in der Architektur vermeiden. Damit soll das Stadtbild vor weiteren Störungen geschützt werden

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die ehrwürdige Villa Anna ist von der Ludwigpromenade aus kaum noch zu sehen. Nur ihr Turm ragt über das neue Wohnhaus, das unmittelbar vor ihr errichtet wurde: ein holzverschaltes Gebäude mit Flachdach, halb schießschartenähnlichen Fenstern an den Ecken und einem im Parterre zur Annastraße hin auskragenden, weiß getünchten, fensterlosen Anbau. Neu und Alt kontrastieren scharf, die moderne Architektur wirkt an dieser Stelle auch wegen des Kurviertelstils der anderen Nachbarhäuser fehl am Platz. Genehmigt wurde sie vom städtischen Bauausschuss trotzdem. Um derlei Fälle fortan tunlichst zu vermeiden, hat die CSU-Fraktion jetzt einen Antrag im Stadtrat gestellt, Bad Tölz möge sich einen Leitfaden für bauliche Gestaltung geben. Alle Stadträte stimmten dieser Forderung in der jüngsten Sitzung zu.

In den vergangenen Jahren habe man feststellen müssen, dass sich viele Neu- und Umbauten "optisch schlecht ins Stadtbild einfügen", heißt es im CSU-Antrag. Eine Gestaltungssatzung mit dezidierten Vorschriften hält Fraktionssprecher Ingo Mehner rechtlich für eine wacklige Angelegenheit. Auf einem so unsicheren Fundament dann die Konfrontation mit einem Bauherrn zu suchen, sei wenig sinnvoll. Ein Leitfaden könne aber verdeutlichen, "wie wir uns Baukultur in Tölz vorstellen", und damit auch eine Hilfestellung sein. "Wenn ein Bauherr den Willen einer Stadt nicht kennt, kann er sich daran auch nicht ausrichten." Am Ende bringe ein solcher Wegweiser nicht bloß ihm, sondern auch den Anliegern und der Stadt selbst einen Mehrwert, sagte Mehner. Der Leitfaden kann der CSU zufolge die Basis für künftige Bebauungspläne bilden. Er soll in ungefähr zwei Jahren erstellt sein, um dem Nachfolger des scheidenden Stadtbaumeisters Hannes Strunz die Chance zu geben, daran noch mitzuwirken.

Diese Vorgehensweise bezeichnete Bauamtsleiter Christian Fürstberger als "grundsätzlich sinnvoll". Auch er hält das Instrument einer Gestaltungssatzung für untauglich, weil sich die Baustile in den einzelnen Tölzer Stadtvierteln zu sehr voneinander unterschieden. Das sei in Gemeinden wie Wackersberg oder Gaißach einfacher, "als kleine Orte sind sie relativ einheitlich strukturiert". Was die juristische Seite anbelangt, gewährt die Bayerische Bauordnung nach Fürstbergers Auffassung nicht mehr viel Spielraum, um Bauherrn gestalterische Vorgaben zu machen. Die Rede sei nur mehr von "den Regeln der Baukunst" - juristisch ein eher schwammiger Begriff. Einen Seitenhieb auf die Stadträte konnte sich der Bauamtschef in diesem Zusammenhang nicht ganz verkneifen. Stadtbaumeister Strunz habe im Bauausschuss oftmals auf die Regeln der Baukunst verwiesen, nicht immer sei ihm das Gremium jedoch gefolgt. Am Ende, so Fürstberger, genehmige das Landratsamt ein Bauvorhaben. Ein Leitfaden der Stadt werde dort allerdings durchaus beachtet. "Es ist deshalb schon wichtig, das wir uns hier positionieren."

Das sahen die Stadträte nicht anders. Camilla Plöckl (SPD) verwies auf die Villa Anna. Davor stehe nun ein Plattenbau, der dort nicht hinpasse - "es ist schrecklich". Ein Leitfaden zur baulichen Gestaltung sei von daher "bestimmt eine gute Sache", meinte Plöckl. Auch Zweiter Bürgermeister Andreas Wiedemann (FWG) erachtete es als wichtig, ein einheitliches Niveau zu definieren und damit auch manchem Freigeistertum im Bauausschuss entgegenzuwirken. Ihn verwundere es immer wieder, wie Architekten die Regeln der Baukunst auslegten - "da kommt der Mist her". Andrea Grundhuber (Grüne) trat dafür ein, in dem Leitfaden auch ökologische Aspekte wie Energetik zu berücksichtigen. Das Thema soll nun in einer der kommenden Klausurtagungen des Stadtrats vertieft werden.

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