Sprachkurs der Arbeitsagentur:Verstehen, was der Chef sagt

Sprachkurs der Arbeitsagentur: Lehramtsstudentin Carla Caggiano (im Vordergrund) von "Asyl Plus" unterrichtet Flüchtlinge auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt.

Lehramtsstudentin Carla Caggiano (im Vordergrund) von "Asyl Plus" unterrichtet Flüchtlinge auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Mittlerweile lernen im Kreis 80 Flüchtlinge Deutsch, damit sie in Jobs vermittelt werden können

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Im Keller der Kurbücherei sitzen 13 Flüchtlinge im Kreis beisammen. Die meisten kommen aus Syrien, viele von ihnen Männer Anfang 20. Ehe sie vor dem Bürgerkrieg flohen, hatten sie studiert, Wirtschaft, Elektrotechnik, Design. Ein anderer arbeitete als Maurer. Der Älteste ist der 50 Jahre alte Waheed, der in Syrien als Handelsvertreter für Medizinprodukte sein Geld verdiente. Mit Buch, Heft und Stift auf den Knien erzählt er, dass er neben Arabisch und Englisch auch ein wenig Französisch spricht und Musik liebt. Ob er hier gern wieder in seinem Metier arbeiten möchte? "Of course." Er lächelt.

Der Kurs, den der Verein "Asyl Plus" abhält, wird von der Bundesagentur für Arbeit bezahlt, die in ihrem Projekt "Forward" acht Kurse mit rund 400 Plätzen auf dem Gebiet der Agentur Rosenheim anbietet. Im Landkreis nehmen etwa 80 Asylsuchende teil, 50 im Tölzer, 30 im Wolfratshauser Raum. Ziel ist es, jenen, die eine gute Bleibeperspektive haben, zu Ausbildung oder Arbeitsplatz zu verhelfen; in der Regel Menschen aus Syrien, Irak, Iran, Eritrea. "Wir wollen die Leute, bei denen wir das Gefühl haben, sie könnten es packen, in einen Job vermitteln", sagt Asyl-plus-Vorsitzende Waltraud Haase. Dazu müssten sie wissen, was der Chef sagt, "sie brauchen nicht Thomas Mann zu verstehen".

Der 330 Stunden umfassende Unterricht dreht sich nicht alleine darum, Namen, Alter und Herkunftsland auf Deutsch zu sagen. Wer gut vorankommt, lernt auch Fachbegriffe aus einigen Berufen, etwa in der Pflege oder aus der Reinigungsbranche. "Damit sie mal anfangen können, sie müssen mit dem Job dann nicht verheiratet sein", sagt Haase. Die Lektionen geben die Lehramtsstudentin Carla Caggiano und Franziska Mattner. Die Bandbreite der Schüler reicht vom Jugendlichen bis zum 50-Jährigen, vom Handwerker bis zum Literaturstudenten. "Wir müssen differenziert beschulen", sagt Caggiano. Doch für alle gelte: "Sie sind sehr motiviert, sie wollen lernen."

"Arbeit ist der Schlüssel, um in die Gesellschaft reinzukommen", sagt Udo Kohnen, Geschäftsstellenleiter der Arbeitsagentur für Bad Tölz-Wolfratshausen. Dies werde in den nächsten Jahren eine Hauptaufgabe sein. "Wir stellen uns anders auf, um Flüchtlinge mit gezielten Angeboten auf dem Weg zu einer Ausbildung oder zu einer Arbeit zu unterstützen". In Tölz und Wolfratshausen gibt es jeweils einen Ansprechpartner für Flüchtlinge und für Asylhelfer. Zugleich stellt Kohnen klar, dass man alle anderen Kunden genauso intensiv wie bisher betreuen werde, "dieses Geschäft läuft unvermindert weiter".

Das Problem für die Arbeitsvermittler ist oftmals, dass Asylsuchende ohne Zeugnisse oder Zertifikate die Flucht ergreifen mussten. "Wir müssen erst mal fragen, was können die Leute, wo liegen ihre Kompetenzen", sagt Jakob Grau, stellvertretender Leiter der Arbeitsagentur Rosenheim. Weil sich anfangs kaum Flüchtlinge in die Jobcenter verirrten, suchte man den Kontakt zu den Helferkreisen. In den Sprachkursen lote man aus, wo die Talente und Interessen der Teilnehmer liegen, so Kohnen. Für junge Asylbewerber baut das Projekt "Forward" eine Brücke von der Schule in den Beruf in Form von Qualifizierungsmaßnahmen wie "Bayern Turbo" oder "Brückenjahr 21 Plus", dazu auch Praktika bei einem Arbeitgeber. Für ältere Schutzsuchende führt der Weg vom Sprachkurs über berufliches Kompetenztraining und Probezeiten, berufsbezogenen Deutschunterricht und Weiterbildung in einen Job.

Die Agentur für Arbeit hat dabei Partner. Das neu gegründete Team von "Volunteer Vision", das aus drei Wissenschaftlern besteht, will Sprachpaten für die Asylbewerber rekrutieren. Die Idee: Ein Vertreter eines Konzerns oder auch einer mittelständischen Firma betreut am Computer über Skype eine Stunde pro Woche einen Flüchtling. In den ersten zehn Wochen gehe es um Sprache, in der zweiten Hälfte um berufliches Coaching, sagt Julia Winkler von "Volunteer Vision". Dieses Projekt soll nächstes Jahr zusammen mit dem Verein "Asyl plus" starten. Der benötigt auch noch "Sprachmittler" - Freiwillige, die im Gespräch zwischen Flüchtling und Arbeitgeber helfen, wenn es mal hakt.

Manchmal gibt es schon Erfolgsgeschichten. Einen Eritreer, der den PC-Sprachkurs bei Haase besuchte, vermittelte die Arbeitsagentur an eine Baureinigungsfirma. Dort habe man Probleme gehabt, eine Stelle zu besetzen, sagt Kohnen. Wenn alles gut läuft, bekommt der Mann aus Eritrea eine feste Stelle.

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