Für krebskranke Kinder:Komm, ich schenk Dir meine Haare

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Der zwölfjährige Fabian Harrer ist stolz auf seine Mähne. Doch er lässt sie abschneiden - damit daraus eine Perücke für krebskranke Kinder geknüpft werden kann.

Von Claudia Koestler, Schäftlarn

Wenn in der Politik Zöpfe abgeschnitten werden, steckt meist der Wunsch nach Umbruch und Erneuerung dahinter. Der zwölfjährige Fabian Harrer aus Ebenhausen hingegen trug seine langen blonden Haare gerne und voller Stolz, schließlich hat der Bub sie jahrelang wachsen lassen. Trotzdem hat Fabian sie nun abgeschnitten - nicht, um sich zu verändern allerdings, sondern für den guten Zweck. Denn Harrer will anderen helfen: Aus seinen blonden Haaren wird nun eine Echthaar-Perücke geknüpft, die krebskranken Kindern Mut machen soll.

Seit Fabian sieben Jahre alt war, spielt er begeistert Geige, inzwischen auch im Orchester seiner Schule, das Gymnasium im Kloster Schäftlarn. Seit 2011 hat er seine blonden Haare wachsen lassen, auch, um seinem Idol nachzueifern: David Garrett, dem deutsch-amerikanischen Stargeiger. "Die einen Jungs schwärmen für Fußballer, mein Sohn ist hingegen schon lange ein großer Fan dieses Künstlers", sagt seine Mutter Cornelia-Andrea Harrer. Weil sich der berühmte Violinist auch sozial engagiert, unter anderem wurde Garrett 2012 Botschafter der Deutschen José Carreras Leukämie-Stiftung, informierte sich auch Fabian Harrer über das Thema und stieß im Internet auf Berichte über kranke, insbesondere krebskranke Kinder, die nach einer Chemotherapie ihre Haare verlieren und manchmal auch ihr Selbstwertgefühl. Bei weiteren Recherchen stieß der Schüler dann auf die Organisation "Haarfee" aus Wien, die erkrankten Kindern Echthaar-Perücken schenkt, dazu aber sowohl Geld-, als auch Haarspenden sucht. Als Fabian schließlich erfuhr, dass ein Friseur gleich um die Ecke seines Wohnortes mit "Haarfee" kooperiert, war sein Entschluss gereift: Er wollte seine Haare, die ihm bis zur untersten Rippe reichten, anderen schenken. "Ich finde es einfach toll, dass man anderen Kindern helfen kann", sagt er.

Generell sei Fabian immer schon sehr sozial eingestellt, erzählt seine Mutter. Wenn sich im Kindergarten oder in der Grundschule jemand verletzt hatte, "war Fabian immer der erste, der flitzte, um Hilfe oder Heilmittel zu holen", erinnert sie sich. Nun also berührte ihn das Schicksal krebserkrankter Kinder, und er wollte ihnen ein Stück von jenem Selbstwertgefühl geben, das er selbst hat. Denn nicht jeder Junge hat die Voraussetzungen und das Selbstbewusstsein dafür, die Haare so lang zu tragen wie Fabian. "Es ist immer wieder mal vorgekommen, dass man ihn wegen seines Äußeren für ein Mädchen hielt und ihn deshalb sogar aus der Herrentoilette geschickt hat", weiß seine Mutter. Doch Fabian konnte so etwas stets mit Humor nehmen.

Wenn schon Veränderung, dann richtig. Und wenn schon, dann, um etwas Gutes zu tun, dachte er sich. Beim Ickinger Friseursalon "Alpenföhn und Isarwelle" machte er einen Termin aus. Seine Mutter dachte nicht ein Mal daran, ihrem Sohn diese Idee auszureden. "Schließlich sind es nicht meine Haare, sondern seine." Der Salonstylistin Sabrina Kirner oblag letztlich der entscheidende Schnitt. Die Situation kurz vorher im Friseurstuhl sei "ein bisschen spannend, aber auch ein bisschen lustig" gewesen, sagt Fabian. Kirner flocht zwei Zöpfe, setzte die Schere an, fraget noch einmal nach, ob er sich auch sicher sei und dann waren sie ab, die langen blonden Haare. An den Moment werde er sich jedenfalls "noch lange erinnern", sagt der Bub - aber eigentlich habe es sich gut angefühlt, ergänzt er. Seine Mähne, so stellte sich schnell heraus, ist zudem für eine Spende "perfekt geeignet", wie Kirner sagt. Denn die Haare dürfen nicht chemisch behandelt sein, da sie sonst nicht zu einer Perücke verarbeitet werden können.

Im Moment ist Fabian von seiner neuen Kurzhaarfrisur begeistert - und überrascht nun mit seinem neuen Aussehen so manchen Mitschüler und Lehrer: "Nicht jeder hat ihn auf Anhieb wiedererkannt", lacht seine Mutter. In Zukunft will Fabian aber seine Haare wieder wachsen lassen - um sie nach ein paar Jahren erneut zu spenden.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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