Sondersitzung zum Karl-Lederer-Platz:Sorgen, Drohungen, aber auch Zustimmung

Die Karl-Lederer-Platz Story !!

Anwohner des Platzes protestieren weithin sichtbar. Der Begriff "Klotz" hat sich eingebürgert.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Geretsrieder Ausschuss behandelt 74 Stellungnahmen zur geplanten Bebauung.

Von Thekla Krausseneck

Zu Beginn der Sondersitzung liegt ein Packen Papier auf den Tischen: 74 neue Stellungnahmen zum Bauprojekt am Karl-Lederer-Platz umfasst der Katalog, und der städtische Entwicklungs- und Planungsausschuss geht am Montagabend jede einzelne durch. Am Dienstagabend sollte der Stadtrat über den Bebauungsplan entscheiden.

15 Stellungnahmen kommen vom Landratsamt - vom Kreisbauamt, von der Naturschutz- oder der Immissionsschutzbehörde -, von der Bayernwerk AG, der Telekom, vom Staatlichen Bauamt Weilheim und von der Regierung von Oberbayern. Weitere 58 Einwendungen haben Anwohner und Eigentümer eingereicht - es handelt sich um Einsprüche gegen den Bebauungsplan. Ein Geretsrieder nennt die Entscheidung des Stadtrats in seinem Brief "großartig und städtebaulich mutig".

Ein Streitpunkt ist die Höhe des geplanten Turms am Karl-Lederer-Platz. Ein oder zwei Stockwerke weniger würden reichen, schreiben manche; andere beklagen die zu erwartende Verschattung. Die wird nicht unerheblich sein: Der Platz würde insgesamt dunkler, in einem Winkel hinter dem Turm könnte nach Berechnungen nie die Sonne scheinen. Der Turm habe deshalb "nur Nachteile", schreibt eine Eigentümerin: "Machen Sie Geretsried nicht in Ihrem Sinne urban, sondern machen Sie es lebenswert!" Auf diese Bedenken gibt es stets die gleiche Antwort: Die Größe des Turms entspreche den städtebaulichen Zielen der Zentrumsstärkung, der Karl-Lederer-Platz sei derzeit "unzureichend formuliert" und werde gestärkt, das Rathaus nicht herabgesetzt und die Verschattung führe "nicht zu unzumutbaren Wohn- und Arbeitsverhältnissen".

Wenige Schreiben schlagen den Ton einer Anwohnerin des Lenauwegs an. "Bisher haben Sie sich über alle Einwände der Geretsrieder Bürger bezüglich der Grundwasserproblematik hinweggesetzt und berechtigte Sorgen bagatellisiert", heißt es da. Sollte es Folgeschäden geben, wenn der Bau "gegen den Willen der Bürger" und "auf diktatorische Weise" durchgesetzt werde, wolle sie klagen. Gegen den siebenstöckigen "Klotz" wettert die Anwohnerin mit den Worten: "Was bleibt dann noch vom Platz übrig? Erbärmlich!" Zwei andere Anwohner des Lenauwegs unterstellen der Stadt und dem Bauunternehmer Reinhold Krämmel, der das Gebäude errichten will, "Gier nach Profit". Ein Geretsrieder aus dem Hirschenweg schreibt das genaue Gegenteil. Den Gegenwind nennt er "teilweise unsachlich und beleidigend". Ginge dadurch nicht so viel Zeit verloren, wünschte er sich ein Bürgerbegehren, das nach seiner Einschätzung "ein beeindruckendes Statement der Geretsrieder für eine moderne Weiterentwicklung unserer Stadt" zur Folge hätte: "Also bitte baut das 'Ding'!"

45 Einwendungen beschäftigen sich mit dem Grundwasser. Dieses könnte durch die neue Tiefgarage verdrängt und in die Keller gedrückt werden, so die Befürchtung. Der Bauausschuss hatte sich vorige Woche mit dem Grundwasser auseinandergesetzt und bereits vieles von dem behandelt, was jetzt auch in der Stellungnahme der Stadt zu lesen ist. Das Ingenieurbüro DHI Wasy erstellt derzeit ein dreidimensionales Modell, um zu untersuchen, wie die Tiefgarage auf das Grundwasser Einfluss nehmen würde. Nach einem ersten Gutachten kann "das Bauvorhaben ohne wesentliche Auswirkungen auf die Grundwassersituation umgesetzt werden". Es sollen sogenannte Düker - Druckrohrleitungen - verbaut werden. Außerdem will die Stadt das Grundwasser durch Messstellen im Auge behalten und dabei Beweise für spätere Klagen sammeln. Anwohner können eine Aufnahme ins Beweissicherungsverfahren beantragen.

Laut Architekt Klaus Kehrbaum gibt es eine solch dezidierte Untersuchung der Grundwasserbedingungen nur selten: Geretsried gelte unter Fachleuten inzwischen als Modellprojekt. Stadträtin Sonja Frank (Freie Wähler) sagte, sie habe "zum ersten Mal ein richtig gutes Gefühl". Eine Gruppe von Projektgegnern, die der Sitzung beiwohnten, bedachte diese Aussage mit Getuschel und verhaltenem Gelächter. Dieselbe Reaktion zeigten sie, als Kehrbaum an einem Modell in der Mitte des Saals die Größe des Grundwasserstroms verdeutlichte - und sich dabei mit der Fließrichtung vertat. Wenige Minuten vor Ende der Sitzung - die Einwendungen waren durch - verließ die Gruppe den Saal geräuschvoll.

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