Sonderausstellung jüdische Architektur im Badehaus:Von Raritäten und Revoluzzern

Die Historische Verein Wolfratshausen widmet sich heuer den Baudenkmälern in der Loisachstadt, der Dichterin Emerenz Meier und der Räterepubilik im Oberland

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Mit der Eröffnung der Bildungsstätte im ehemaligen Badehaus des einstigen Lagers Föhrenwald in Waldram hat der Historische Verein Wolfratshausen in diesem Jahr viel zu tun. Dennoch haben die Mitglieder für 2018 wieder ein anspruchsvolles Programm mit sechs hochkarätigen Veranstaltungen vorbereitet: Die Experten des Vereins befassen sich diesmal mit den Baudenkmälern in Wolfratshausen, dem Leben der Schriftstellerin Emerenz Meier und den Spuren der Räterepublik im Oberland. Zudem gibt es eine Führung durch das neue Wolfratshauser Stadtarchiv, eine Exkursion zur Bayerischen Landesausstellung in Ettal und eine Sonderausstellung zu jüdischen Architekten der Moderne im Badehaus.

Den Anfang macht die Architekturhistorikerin Kaija Voss mit einem Vortrag zu den Wolfratshauser Baudenkmälern: Am Donnerstag, 25. Januar, blickt sie im Wirtshaus Flößerei auf die "Schätze, die wir in Wolfratshausen haben", wie sie bei der Vorstellung des Programms am Montag erklärte. Nachdem Voss im vergangenen Jahr den gesamten Landkreis im Blick hatte, steht nun explizit die historische Bausubstanz der Stadt Wolfratshausen im Fokus - zum Beispiel das alte Biedermeier-Krankenhaus an der Sauerlacher Straße oder das in der NS-Zeit entstandenen Ensemble an der Schießstätt- und Alpenstraße. Sie wolle sowohl positive Beispiele für gelungene Sanierung aufzeigen als auch die "Sorgenkinder" in den Blick nehmen, die behütet werden müssten, sagte Voss. Dabei gehe es darum, ein Bewusstsein für die historischen Gebäude zu schaffen. Wichtig sei, dass sich im Anschluss eine Diskussion ergebe. Die Veranstaltung wird zum ersten Mal in Kooperation mit dem Verein "Lebendige Altstadt Wolfratshausen" und dem Werbekreis ausgerichtet. "Wir wollen eine breite Allianz schmieden, die sich für den Erhalt der historischen Bausubstanz einsetzt", erklärte die Vereinsvorsitzende Sybille Krafft. Die Veranstaltung ist kostenfrei und beginnt um 19 Uhr.

Sonderausstellung jüdische Architektur im Badehaus: Bei einer Ausstellung im Sommer zeigt der Historische Verein Fotos moderner Gebäude von jüdischen Architekten, etwa das "Boat House" von Shimon Hamadi Levi in Tel Aviv.

Bei einer Ausstellung im Sommer zeigt der Historische Verein Fotos moderner Gebäude von jüdischen Architekten, etwa das "Boat House" von Shimon Hamadi Levi in Tel Aviv.

(Foto: OH)

Es ist bereits Tradition geworden, dass der Historische Verein zusammen mit dem Kulturverein Isar-Loisach zum internationalen Frauentag am 8. März einen besonderen Filmabend ausrichtet. Der dreht sich diesmal um die niederbayerische Volksdichterin Emerenz Meier: In der Kulturbühne Hinterhalt in Gelting wird der Film "Schiefweg" gezeigt, für den der Regisseur Jo Baier Ende der 1980-er Jahre den Grimme-Preis erhielt. Er erzählt vom entbehrungsreichen Leben der Schriftstellerin, die vor 90 Jahren in Chicago starb und "lange Zeit vergessen und unter ihrem Wert angesiedelt war", wie Krafft sagt. Nach der Vorführung wird der in Dietramszell aufgewachsene Regisseur Baier Fragen beantworten, Christine Noisser liest Texte von Maier, dazu gibt es Lieder vom Sirenenchor und ein bayerisches Buffet. Der Abend beginnt um 19 Uhr, der Eintrittspreis von 15 Euro kommt dem Projekt Badehaus zugute.

Durch das neue Wolfratshauser Stadtarchiv in der ehemaligen Landwirtschaftsschule führt am Dienstag, 3. April, der Stadtarchivar Simon Kalleder. Er erklärt den Teilnehmern das System der auf 275 Regalmeter angewachsenen Bestände in den modernen, hellen Räumlichkeiten. Die kostenlose Führung dauert von 18 bis 19 Uhr. Weil die Teilnehmerzahl begrenzt ist, wird um Anmeldung gebeten. Anschließend findet im Archiv die Jahreshauptversammlung des Vereins statt.

Architektur-Geschichten

Bei der Ausstellung des Historischen Vereins gibt es Vorträge über historische Bauten wie das alte Krankenhaus.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Im Sommer gibt es dann die erste Sondersausstellung im frisch sanierten Badehaus: Von Ende Juli bis September sind dort im Gartengeschoss Schwarzweiß-Fotografien des Berliner Künstlers Jean Molitor zu sehen - mit Bauwerken der Moderne, die von jüdischen Architekten in Bayern und der Welt errichtet wurden. Im Vorfeld des 100-jährigen Jubiläums der Weimarer "Bauhaus"-Schule 2019 widmet sich die Schau Werken von Architekten wie Erich Mendelsohn, Fritz Landauer und Erwin Gutkind. Das in der NS-Zeit entstandene Badehaus sei als Kontrast ein "kongenialer Ort" für diese besondere Ausstellung, sagte Krafft. Zu sehen sein wird auch ein Kurzfilm, den sie gemeinsam mit Sebastian Dück in Tel Aviv gedreht hat. Darin erläutert der israelische Historiker Robbi Waks, der selbst in Föhrenwald gelebt hat, die vom Bauhaus beeinflussten Gebäude der "weißen Stadt".

Die jährliche Exkursion des Historischen Vereins führt dann am Samstag, 29. September, ins Kloster Ettal - zur Bayerischen Landesausstellung "Mythos Bayern". Sie zeigt die Veränderungen der Alpenlandschaft seit dem Mittelalter und ihre Verklärung zum Sehnsuchts- und Rückzugsort. Die Macher der Ausstellung führen die Teilnehmer durch die Räume und erklären die Exponate. Anschließend steht ein Besuch des Klosters mit Basilika, Brauerei und Likörmanufaktur auf dem Programm. Abfahrt ist um 14 Uhr an der Loisachhalle, die Ankunft in Wolfratshausen ist für circa 19.30 Uhr geplant. Die Exkursion kostet 25 Euro und ist auf 60 Teilnehmer begrenzt, Anmeldung erforderlich.

Oskar-Maria Graf  | Oskar-Maria Graf

Auch Vorträge zur Räterepublik mit Texten von Oskar Maria Graf wird es bei der Ausstellung des Historischen Vereins geben.

(Foto: SZ Photo)

Den Abschluss und Höhepunkt des Jahresprogramms bildet dann am Mittwoch, 7. November, ein Vortragsabend zur bayerischen Revolution und zur Räterepublik, die sich im November zum 100. Mal jährt. Unter dem Titel "Es war einmal ein Revoluzzer ... " stellt der Historiker Michael E. Holzmann, der jahrelang zu den Auswirkungen der Räterepublik im Oberland recherchiert hat, erstmals seine Forschungsergebnisse vor. Begleitet wird der Abend von Liedern des Münchner Gewerkschaftschors "Quergesang". Dazu werden Texte der Zeitzeugen Oskar Maria Graf und Erich Mühsam vorgetragen. Die Veranstaltung im katholischen Pfarrheim St. Andreas beginnt um 19.30 Uhr (Einlass: 19 Uhr), der Eintritt kostet zehn Euro. Um rechtzeitige Anmeldung wird gebeten.

Anmeldung unter Telefon 08171/345905 oder per E-Mail an info@histvereinwor.de; das ganze Programm und Details gibt es auf der Homepage des Vereins unter histvereinwor.de

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