Siebenstöckiger Turm im Zentrum:Es brodelt in Geretsried

Siebenstöckiger Turm im Zentrum: Das Wort "Turm" mögen vor allem Anwohner für das geplante siebengeschossige Gebäude nicht gelten lassen. Der Begriff "Klotz" schwirrt noch herum.

Das Wort "Turm" mögen vor allem Anwohner für das geplante siebengeschossige Gebäude nicht gelten lassen. Der Begriff "Klotz" schwirrt noch herum.

(Foto: Grafik: Kehrbaum Architekten)

Die Stadt verteidigt den neuen Karl-Lederer-Platz. Anwohner und Besucher der Sitzung sprechen von "Parolen, Phrasen, Geschwafel".

Von Felicitas Amler

Die Leute sind sauer. Sehr sauer. "Bla, bla, bla", murmelt einer der Zuhörer am Dienstagabend im Sitzungssaal des Geretsrieder Rathauses vor sich hin, als vorn die Antwort der Bauverwaltung auf eine Bürger-Einwendung vorgelesen wird. Höhnisch lachen einige auf, als davon die Rede ist, am Karl-Lederer-Platz solle "die Aufenthaltsqualität verbessert" werden. Und als Bürgermeister Michael Müller (CSU) nach einem Vortrag der Verwaltung in die Runde des Planungsausschusses fragt: "Wortmeldungen?" und konstatiert: "Keine", da entfährt es einem: "Nein, die schlafen schon alle."

Die Atmosphäre zwischen den Anwohnern des Karl-Lederer-Platzes und den Lokalpolitikern ist nicht gut. Die Stadt hat zwar von Anfang an alles getan, um Bürger zu beteiligen an ihrem neuen, großen, umwälzenden Vorhaben, den biederen Karl-Lederer-Platz in ein markantes, urbanes, lebendiges Stadtzentrum zu verwandeln. Sie hat zu Workshops eingeladen, Open-Air-Sprechstunden angeboten, Pläne und Gutachten waren einsehbar, und natürlich waren fast alle politischen Sitzungen öffentlich zugänglich. Formal wurde alles richtig gemacht, und dennoch läuft da etwas falsch. Bernd Ulbrich, Inhaber der gleichnamigen Buchhandlung am Platz, bringt es in seiner Einwendung zum Bebauungsplan auf eine ebenso einfache wie ratlose Formel: "Wir haben das Gefühl, dass unsere Sorgen überhaupt nicht von Interesse sind." Ein Stadtrat sagt dazu am Rande der Sitzung: Wie solle man denn auf eine Sorge antworten, wenn nicht mit Fakten? Und das geschehe doch in den Abwägungen der Stadt zu den Einwendungen.

So ist es. Strengstens korrekt wird auf Kritik und Befürchtungen geantwortet. Am Dienstag schon zum zweiten Mal. Und nach demselben Schema wie im ersten Durchgang. Ein 60-seitiges Konvolut aus Für und Wider wird zu großen Teilen vorgetragen. Dabei werden die Bedenken und Anregungen von Behörden und Bürgern - von denen sich etliche gruppenweise rechtsanwaltschaftlich vertreten lassen - manchmal gerafft, die Stellungnahmen der Verwaltung aber der guten Ordnung halber immer Wort für Wort vorgelesen. Auch dann, wenn ein Thema von mehreren Seiten x-fach vorgebracht wird, wie es bei den Fragen nach der Grundwasserproblematik der Fall ist, bei der Angst vor Verschattung und Verkehrschaos, bei der Kritik an der Massigkeit des sogenannten Turms und der großen Sorge, vom eigentlichen Platz könne nicht mehr genug übrig bleiben. Die Antworten darauf sind oft wortgleich und werden dennoch wieder und wieder vorgelesen.

Die Stadtverwaltung zieht dies nüchtern durch, die anwesenden Bürger scheinen für das Verfahren aber nicht allzu viel Verständnis aufzubringen. Wie sie ohnehin eher genervt wirken. Als der Bürgermeister nach einer Beifallsbekundung darauf hinweist, dergleichen habe zuunterbleiben, andernfalls müsse er die Zuhörer des Saals verweisen, springt eine jähzornig auf und zieht von dannen. Ähnlich aufgebracht hatte am Ende der Januar-Sitzung zum selben Thema einer gerufen: "Jetzt wird geklagt!" Dazu besteht freilich noch keine Gelegenheit. Denn das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Pläne werden erneut ausgelegt, Behörden und Bürger können sich wieder dazu äußern und die Verwaltung wieder dazu Stellung nehmen.

An den Grundhaltungen wird dies vermutlich wenig ändern. Ein Standard-Satz der Stadt ist schon jetzt mehrfach nachzulesen: "Eines der Hauptziele der Zentrumsstärkung ist die Verbesserung der Aufenthaltsqualität auf dem Karl-Lederer-Platz." Und eine Anwohner-Antwort ebenso: "Parolen, Phrasen, Geschwafel."

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