Serie "Wirtschaftswunder":Wo einst Carl Spitzweg kurte

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Die neuen Pächter des Gasthauses "Zum Bayerischen Löwen" in Bichl haben noch ein wenig mit dem Ruf zu kämpfen, den der Vorgänger hinterlassen hat. Bürgermeister Pössenbacher aber ist des Lobes voll: "Man kann dort sehr gut essen"

Von Ingrid Hügenell, Bichl

Der Bayerische Löwe in Bichl ist ein Gasthaus, wie man es sich in einem oberbayerischen Dorf vorstellt: ein imposantes Gebäude mitten im Ort an der Hauptstraße, errichtet Mitte des 19. Jahrhunderts. Hellgelb, weiß und blau gestrichen, mit Blumenkästen an den Fenstern, einem prächtigen Biergarten und einem großen Saal. 40 Gäste finden im Restaurant Platz, ebenso viele im Nebenzimmer. Beides ist freundlich mit hellen Holzmöbeln eingerichtet. Der Saal bietet Platz für etwa 300 Menschen, das Café für 80. Die Innenräume sind in einem lichten Beige gestrichen und mit Blau abgesetzt.

Der Maler Carl Spitzweg kurte hier von 1860 bis 1875, als man Heilbrunner Heilwasser extra in Fässern für die Kurgäste herbeitransportierte. Doch das ist lange her, Kurgäste gibt es im Bayerischen Löwen nicht mehr. Doch man kann dort gemütlich sitzen und gut essen.

Im Januar 2014 haben Angelika und Mirko Behlke das Gasthaus übernommen, zur großen Freude der Gemeinde, der das Gasthaus gehört. Denn der "Löwe" hat für Bichl eine große Bedeutung: Im Saal finden die Faschingsbälle statt, für die Bichl über das Loisachtal hinaus bekannt ist - manche sagen, berüchtigt. Vereine und Gemeinde nutzen die Räume auch für Versammlungen.

Nicht nur für Motorradfahrer: Mirko und Angelika Behlke hoffen auf einen schönen Sommer, damit der Biergarten genutzt werden kann. (Foto: Manfred Neubauer)

Behlkes hatten zuvor in Weil in Baden-Württemberg ein Restaurant. Sie kochen bayerisch und schwäbisch. Es gibt Maultaschen ebenso wie Schweinsbraten, Linsen und Speck ebenso wie feine Gemüsegerichte, alles zu sehr angemessenen Preisen. Angelika Behlke kocht selbst. "Es ist alles frisch", sagt sie. Ihre Spezialität ist der Rostbraten vom argentinischen Rind, der gegrillt wird und besonders zart ist. Ihr Mann Mirko kümmert sich um den Service, mehr Mitarbeiter haben die beiden nur, wenn eine größere Veranstaltung ansteht.

Das Essen ist gut im "Löwen", es wird allgemein gelobt. Jetzt müssten nur noch die Bichler kommen. Doch die tun sich schwer, das Lokal genießt momentan nicht den besten Ruf, und außerhalb des Dorfs haben viele vom Pächterwechsel noch gar nichts mitbekommen.

Mit dem "Löwen" hatten die Bichler einige Jahre nicht viel Glück. 2001 erwarb die Gemeinde das Gasthaus mit dem Ziel, es zu erhalten. 2002 übernahm Stefan Huber den "Löwen", zunächst mit einem Kompagnon, der aber nach einem halben Jahr wieder ausstieg. Huber setzte auf hochwertige Küche mit vielen regionalen Produkten, brachte aber mit seiner eher ambitionierten Art, die Wirtschaft zu führen, die sich auch in recht hohen Preisen zeigte, die Bichler Vereine und die ganz normalen Gäste aus der Region gegen sich auf. Gegen Ende ließ zudem der Service stark nach. 2007 gab Huber auf, das Gasthaus stand einige Zeit leer.

Das imposante Wirtshaus gehört der Gemeinde. Die ist froh, dass es endlich wieder gut bewirtschaftet wird. (Foto: Manfred Neubauer)

Der anschließende Pächter Mio Antic aus Kochel am See habe den Gasthof "heruntergewirtschaftet", ist im Dorf zu hören. Ihm kündigte die Gemeinde den Pachtvertrag. Warum, dazu möchte sich Bürgermeister Benedikt Pössenbacher nicht näher äußern. Er sagt aber immerhin, dass Zahlungen nicht pünktlich eingegangen seien. Nun haben es die neuen Pächter schwer, die verschreckten Gäste zurückzugewinnen, zumal es in dem 1500-Einwohner-Ort andere Lokale gibt, in denen man etwa Griechisch oder Italienisch essen kann.

Dabei ist Pössenbacher begeistert von dem, was die Behlkes bisher auf die Beine gestellt haben: "Das ist eine wirklich gute Wirtschaft. Man kann dort sehr gut essen", sagt er. "Vielleicht braucht's noch ein bissl, bis es sich rumspricht." Die Gemeinde ist den Behlkes mit der Pacht entgegengekommen, und auch die Paulaner-Brauerei hat mit den Wirtsleuten einen guten Vertrag abgeschlossen. "Damit sind wir vollkommen zufrieden, das läuft einwandfrei", sagt Angelika Behlke.

Damit der Bayerische Löwe dem Dorf erhalten bleiben kann, müssten jetzt nur noch die Gäste kommen, aus Bichl und der Umgebung. Behlkes hoffen auf einen schönen Sommer, damit die Besucher im schönen Biergarten sitzen können.

© SZ vom 30.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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