Schwulenfeindliche Thesen:Empörung über Aschermittwochsrede

CSU-Bürgermeisterkandidat Michael Müller entschuldigt sich für den Auftritt von Wolfgang Spindler: "Es war ein Fehler, dass ich nicht aufgestanden bin."

Von Wolfgang Schäl

Schwulenfeindliche Thesen: Wolfgang Spindler bei seiner umstrittenen Aschermittwochsrede in Geretsried.

Wolfgang Spindler bei seiner umstrittenen Aschermittwochsrede in Geretsried.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Eine Woche vor der Wahl hat die Aschermittwochsrede des Dominikanerpaters Wolfgang Spindler Empörung ausgelöst und die beiden CSU-Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters und der Landrätin, Michael Müller und Sabine Lorenz, in Verlegenheit gestürzt. In seiner rund einstündigen Rede, für die er abschließend Applaus erhielt, hatte der Geistliche über eine europaweite "Inflation von Menschenrechten" geklagt, die zu einer Umerziehung der Geschlechter und des Familienbildes geführt hätten, und im Zusammenhang mit dem Thema Homosexualität die Frage gestellt, ob wohl demnächst auch Sodomie anerkannt werde.

Dass der Auftritt Schaden angerichtet haben könnte, ist Müller schnell bewusst geworden. "Das ist gründlich schiefgegangen", sagte er am Sonntag der SZ. Einige Aussagen des Paters, vor allem der Sodomie-Vergleich, seien nicht akzeptabel: "Von diesen Thesen möchte ich mich deutlich distanzieren." Es sei sein Fehler gewesen, "dass ich nicht aufgestanden bin. Das war falsch. Wenn ich damit jemanden verletzt habe, tut mir das leid." Das nächste Mal werde er sich in einer solchen Situation "anders verhalten".

Ganz allein will Müller die Schuld aber auch nicht auf sich nehmen. Auch wenn der Geretsrieder CSU-Ortsverband den Pater eingeladen hat, so handelte es sich doch "um eine Rede eines unabhängigen Dritten im Rahmen der freien Meinungsäußerung", ergänzte der Kandidat in einer schriftlichen Erklärung, die er auch im Namen von Sabine Lorenz abgab. Festzuhalten bleibe: "Herr Dr. Spindler hat seine persönliche Sicht der Dinge vorgetragen."

Dass die Veranstaltung mit Beifall für den Redner endete, sollte nach Meinung des CSU-Ortsvorsitzenden Ewald Kailberth nicht überbewertet werden. Das sei letztlich nur "Höflichkeitsapplaus" gewesen, schließlich habe der Pater ja nicht nur den ganzen Abend über Homosexualität geredet. Dessen Meinungen über Schwule und über leistungsschwache Schüler und Studenten, die Spindler als "Tölpel" und als Belastung für das Bildungssystem tituliert hatte, teile der Ortsverband jedenfalls nicht. Warum er sich nicht selber zu Wort gemeldet hat? Er habe "ein saudummes Gefühl gehabt" und sei "wie gelähmt gewesen", schildert Kailberth sein Erleben.

So viel Reue mag der CSU-Kreisverbandsvorsitzende Martin Bachhuber wiederum nicht an den Tag legen. Er sei nicht involviert, denn die CSU-Ortsverbände seien selbstständig und souverän und könnten zu ihren Veranstaltungen einladen, wen sie wollten. Er habe den Auftritt des Paters nicht miterlebt und könne ihn somit nicht bewerten.

Auch Stadtrat Gerhard Meinl, der Spindler eingeladen hatte, mag sich nicht in Sack und Asche werfen. Für Thesen, wie sie der Pater geäußert habe, seien beispielsweise Menschen in Frankreich schon auf die Straße gegangen. Einige Passagen der Rede, insbesondere zur Bildungspolitik, seien falsch verstanden worden, weil man sie nicht "in die gedankliche Kette eingeordnet" habe. Immerhin räumte Meinl ein, dass es "problematisch ist, wenn Aussagen missinterpretationsfähig" sind. Spindler kenne er von Predigten in der Münchner Theatinerkirche, "schließlich bin ich ja selber gut katholisch". Und Polemik sei ihm, Meinl, "ja selber auch nicht ganz fremd".

Ihr Entsetzen hat mittlerweile die Arbeitsgemeinschaft Schwule und Lesben in der Münchner SPD und der SPD Oberbayern artikuliert. Er sei "erschüttert", dass niemand in der CSU "den wirren und gefährlichen Äußerungen Pater Spindlers widersprach", kommentierte Daniel Jazdzewski die Rede Spindlers. Es sei "beleidigend und ehrenrührig", Homosexualität und Sodomie in Analogie zu setzen. Auch in Deutschland würden Lesben und Schwule Opfer von gewalttätigen Übergriffen aufgrund ihrer Sexualität.

Der Geretsrieder FDP-Stadtratskandidat Daniel Reuter spricht von einer "Hasspredigt gegen die Menschenwürde". Geschockt zeigt sich auch der Verein für Schwule und Lesben in Tölz und im Oberland.

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